Die Deutsche Börse will das Unternehmen Simcorp kaufen.
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Frankfurt/Main Die Deutsche Börse steht vor der größten Übernahme ihrer Geschichte: Der Dax-Konzern will die dänische Finanzsoftwarefirma Simcorp für 3,9 Milliarden Euro erwerben, wie das hessische Unternehmen am Donnerstag ankündigte. Vorstandschef Theodor Weimer sprach von einem „Quantensprung“.
„Wir haben unsere Daten- und Analysekapazitäten in den vergangenen Jahren deutlich ausgebaut und uns dabei strategisch darauf konzentriert, die Entwicklung des Investment-Management-Geschäfts weiter voranzutreiben“, sagte Weimer. „Simcorp passt sowohl strategisch als auch in Bezug auf die Unternehmenskultur hervorragend zu uns.“
Mit der Übernahme würde Deutschlands größter Börsenbetreiber sein Daten-Analytik-Geschäft deutlich ausbauen und unabhängiger von den Schwankungen an den Märkten werden. Weimer hofft dadurch mittelfristig auch auf einen deutlichen Anstieg des Aktienkurses, weil das Datengeschäft am Markt höher bewertet wird als andere Geschäftsbereiche des Unternehmens.
Kurzfristig überwog am Markt jedoch die Skepsis. Deutsche-Börse-Aktien fielen um bis zu 6,6 Prozent, der größte untertägige Rückgang seit März 2020. Die Aktien von Simcorp schossen bei der Markteröffnung dagegen um fast 40 Prozent nach oben.
Die Übernahme kommt nur zustande, wenn mehr als 50 Prozent der Simcorp-Aktionäre die Offerte über 735 dänische Kronen annehmen. Das Angebot liegt 39 Prozent über dem SimCorp-Schlusskurs vom Mittwoch. Finanziert werden soll der Zukauf mit Barmitteln und Fremdkapital.
US-Töchter könnten an die Börse gebracht werden
Die Führungsspitze von Simcorp hat zugesagt, die Übernahme einstimmig zu empfehlen, wenn diese in Form einer von der dänischen Finanzaufsichtsbehörde genehmigten Angebotsunterlage vorgelegt wird. Dies soll vermutlich im Mai passieren. Abgeschlossen werden soll der Deal bis zum Ende des dritten Quartals.
Wenn die Übernahme gelingt, wäre sie die teuerste in der Geschichte der Deutschen Börse. Der bisher größte Zukauf war die Akquisition der US-Optionsbörse 2007 für 2,8 Milliarden Dollar.
Neben der Rekordübernahme kündigte die Deutsche Börse auch an, ihre Daten- und Analytik-Tochter Qontigo mit dem Stimmrechtsberater ISS zusammenlegen, der ihr ebenfalls gehört. Die Fusion der beiden US-Firmen sei schon länger geplant gewesen und werde für mehr Effizienz und zusätzliches Wachstum sorgen, sagte Weimer.
Der Finanzinvestor General Atlantic, der bereits an Qontigo beteiligt ist, werde im Zuge der Zusammenlegung frische Mittel zur Verfügung stellen, sagte Weimer. An der fusionierten Tochter soll er rund 20 Prozent halten. Mittelfristig wird ein Börsengang der Tochter geprüft, in dessen Rahmen General Atlantic dann aussteigen könnte.
Durch die Übernahme von Simcorp und die Zusammenlegung von Qontigo sowie ISS erwartet die Deutsche Börse Synergien von 90 Millionen Euro im Jahr, von denen 55 Millionen Euro aus Einsparungen kommen sollen. Vorher fallen jedoch einmalige Kosten von 100 Millionen Euro an.
Die Bekanntgabe der neuen Strategie „Horizon 2026“, die eigentlich für diesen Sommer avisiert war, verschiebt die Deutsche Börse auf Herbst. Der Konzern hofft, dass er die Simcorp-Übernahme bis dahin abgeschlossen hat und dann detaillierte Ziele für die kommenden Jahre vorlegen kann.
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