Der Kanzler trägt die Verantwortung, nicht die Opposition.
(Foto: IMAGO/Political-Moments)
Kurz nach dem Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe in Ramstein verspottete Timothy Garton-Ash den Kanzler. Der in Oxford lehrende Historiker stellte auf Twitter neben dem Bild von Olaf Scholz einen üblen lexikalischen Eintrag, in dem er das Wort „scholzen“ mit folgenden Worten erklärte: „das Kommunizieren guter Absichten, nur um jeden erdenklichen Grund zu nutzen/zu finden/zu erfinden, um dieselben zu erfinden oder zu verhindern“.
Seit Dienstag Abend ist Schluss mit „scholzen“. Wenn die Medienberichte stimmen, und daran gibt es kaum Zweifel, hat sich Scholz nach monatelanger Debatte durchgerungen, Kampfpanzer an die Ukraine zu liefern. Nicht nur das, auch die Verbündeten wollen offenbar mitziehen. Die USA werden Kampfpanzer schicken. Damit ist dem Kanzler ein großer Wurf gelungen. Er hat eine eindrucksvolle Panzerallianz geschmiedet. Ein starkes Signal an Russlands Präsident Wladimir Putin und die nötige Hilfe für die Ukraine im Überlebenskampf gegen den Aggressor.
>> Lesen Sie hier: Deutschland will Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 in die Ukraine schicken
Unions-Fraktionschef Friedrich Merz bleibt nun nur noch, Scholz zu viel Zögerlichkeit vorzuwerfen. Doch das Warten hat sich gelohnt. Es ist einfach besser, sich mit Verbündeten abzusprechen und „Geleitschutz“ aus den USA anzufordern. Der Kanzler trägt die Verantwortung, nicht die Opposition und auch nicht Anton Hofreiter oder Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Da ist der Ruf nicht ruiniert, am Ende wird Scholz am Ergebnis gemessen. Das kann sich sehen lassen.
Top-Jobs des Tages
Jetzt die besten Jobs finden und
per E-Mail benachrichtigt werden.
Die Bundeswehr liefert mindestens eine Kompanie Leopard 2A6 – also 14 Panzer. Dazu kommt eine nicht unerhebliche Zahl von amerikanischen Abrams-Panzern. Das ist ebenfalls ein Erfolg für Scholz. Die USA hatten das lange Zeit abgelehnt. Zudem wollen weitere Verbündete ebenfalls Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 liefern. Die Bundesregierung will zudem die Genehmigung zur Ausfuhr solcher Panzer erteilen, die im Besitz anderer Staaten wie Polen sind.
Wahrscheinlich hat sich im Rückblick das Zögern gelohnt
Am Mittwoch stellt sich Scholz im Bundestag den Fragen der Abgeordneten. Am Abend geht er dann ins Fernsehen und wird seine Entscheidung der Bevölkerung erklären. Viele haben gefordert, das hätte er viel früher tun sollen. Doch aus seiner Sicht gab es da noch nichts zu verkünden.
Jetzt kommt es darauf an, dass Scholz auch die Bürgerinnen und Bürger mitnimmt, die einer Lieferung schwerer Panzer skeptisch gegenüberstehen, weil sie eine dramatische Eskalation des Krieges befürchten. Wahrscheinlich hat sich im Rückblick auch hier das Zögern von Scholz gelohnt. Ihm nimmt man es ab, wenn er diese schwierige Entscheidung erklärt.
Scholz hat sich damit glaubhaft schwer getan, während es anderen nicht schnell genug gehen konnte.
Mehr: Polens Leopard-Antrag setzt Deutschland unter Druck