Düsseldorf Am deutschen Aktienmarkt geht es weiter aufwärts. Gleich am ersten Handelstag im Börsenmonat Mai markiert der Dax mit 16.011 Punkten ein neues Jahreshoch. In der ersten Handelsstunde notiert der deutsche Leitindex bei 16.006 Zählern, ein Plus von 0,5 Prozent.
Nach dem gestrigen Feiertag müssen die europäischen Börsen am heutigen Montag jede Menge Daten und Nachrichten verarbeiten. Auf der Positivseite stehen die Rettung der First Republic Bank und der unerwartet starke Anstieg des ISM-Einkaufsmanagerindex. Auf der Negativseite steht das Abrutschen des chinesischen Einkaufsmanagerindex für den Produktionssektor unter die Expansionsschwelle von 50.
Für den Kapitalmarktexperten Thomas Altmann vom Fondshaus QC Partners gewichten europäische Anleger „traditionell Daten aus den USA bei ihren Entscheidungen höher als Daten aus dem Reich der Mitte“. So stehen die Ampeln zum verspäteten Start in die Börsenwoche auf grün.
Der vergangene Börsenmonat April hat seinen durchschnittlichen Kursanstieg seit 1989 von 2,8 Prozent nicht ganz geschafft. Das Plus betrug nur 1,9 Prozent. Doch seit dem Jahresauftakt ist der Dax bereits um rund 14 Prozent nach oben geklettert, seit dem Tiefstand des vergangenen Jahres Ende September sogar über 31 Prozent.
Sowohl die Anlegerstimmung als auch die Charttechnik signalisieren weiter steigende Kurse, was einen Anstieg bis zum Rekordhoch wahrscheinlich werden lässt, das bei 16.290 Zählern liegt.
Für weitere Kursgewinne gibt es vier gute Gründe.
1. Pessimismus der Anleger ist guter Kontraindikator
Üblicherweise sollte bei Notierungen knapp unterhalb eines Rekordhochs unter den Anlegern eine euphorische Stimmung herrschen, eine hohe Vorfreude über die bereits erzielten und auf weitere Kursgewinne. Doch laut den Ergebnissen der aktuellen Handelsblattumfrage Dax-Sentiment ist das Gegenteil der Fall.
Eine Mehrheit hat offenbar von den Kursgewinnen in den vergangenen Wochen nicht profitiert und erwartet angesichts der vielen Risiken wie Rezession oder der Krieg in der Ukraine fallende Kurse. Aufmerksame Leserinnen und Leser von Sentimentanalysen wissen, dass solch eine Stimmung ein Kontraindikator ist und eher steigende Notierungen erwarten lässt. Dafür gibt es auch ein passendes Börsensprichwort: Die Kurse steigen an einer Wand voller Zweifel, der „Wall of Worries“.
2. Anleger müssen steigenden Kursen hinterherlaufen
In die gut zweiwöchige Seitwärtsbewegung im April haben Anlegerinnen und Anleger damit begonnen, auf einen rasanten Kursrutsch zu setzen. Das zeigt die aktuelle Umfrage der Börse Frankfurt vom vergangenen Mittwoch.
„Alle warten auf den Knall“, meinte Verhaltensökonom Joachim Goldberg nach Auswertung der Umfrage der Börse Frankfurt unter institutionellen Investoren und Privatanlegern. Mitte der vergangenen Woche.
Dahinter steckte der Wunsch nach einem Kursrutsch, wodurch schnelle Gewinne durch den Verkauf der Short-Positionen möglich gewesen wären. Gleichzeitig hätte sich neue Einstiegsgelegenheit gegeben.
Doch mit dem zweiten Jahreshoch innerhalb von zwei Handelstagen scheint dieses Szenario hinfällig zu werden. Diese Anleger geraten nun unter Druck, ihre Short-Positionen zu verkaufen, damit die Verluste nicht zu groß werden.
Das ist eine Stütze für den Markt. Denn bei einer Short-Spekulation, dem Kauf eines Put-Produktes auf den Dax, wird zunächst der Leitindex verkauft. Bei einem Verkauf des Derivats muss der Dax wieder zurückgekauft werden, was den Kurs steigen lässt.
3. Neues Kaufsignal beim Dax
Der Handelsverlauf am vergangenen Freitag hat laut technischer Analyse für ein neues prozyklisches Kaufsignal gesorgt. Denn zum einen wurde mit dem Tagestief mit 15.688 Zählern der wichtige Widerstandsbereich zwischen 15.700 bis 15.600 Punkten erfolgreich getestet.
Und zum anderen wurde die rund zweiwöchige Seitwärtsphase mit einem neuen Jahreshoch nach oben hin aufgelöst. Interessant dabei: Die gesamte Handelsaktivität seit dem 14. April lag innerhalb der Range vom vergangenen Freitag.
Martin Utschneider, technischer Analyst bei der Privatbank Donner & Reuschel, prognostiziert ein mittelfristiges Kursziel von rund 16.600 Punkten. Allerdings signalisieren verschiedene mittelfristige technische Indikatoren, das eher langsam nach oben geht.
4. Dax-Kursindex hat noch Nachholpotenzial
Ein Blick auf den Dax-Kursindex, bei dem im Gegensatz zu klassischen Dax die Dividenden nicht mit eingerechnet werden, zeigt: Dieser Kursindex liegt mit 6451 Zählern mit rund sieben Prozent unterhalb seines Rekordhochs von 6883 Punkten.
Und für Jörg Scherer, technischer Analyst bei HSBC Deutschland, lässt die bisherige Entwicklung hoffen, dass dieser Kursindex wieder in den Bereich seines Rekordhochs steigt. Ein Anstieg von sieben Prozent beim Dax als Performanceindex würde umgerechnet ein Niveau von 17.000 Punkten – plus die Dividenden, die zusätzlich angerechnet werden.
Inflationsrate steht im Fokus
Um 11 Uhr wird die erste Schätzung der Inflationsrate im Euro-Raum für April bekannt gegeben. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Analysten erwarten einen leichten Anstieg der Teuerungsrate auf 7,0 Prozent von 6,9 Prozent im März.
US-Börsenexperte Koch: „Unsicherheit vor den Tech-Ergebnissen“
Vor der Zinssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) am Donnerstag achten Investoren stark auf die neuen Zahlen zur Preisentwicklung. Sie rechnen mit einer weiteren Zinserhöhung. Offen ist aber, ob die Währungshüter die Zinsen um einen Viertel- oder einen halben Prozentpunkt anheben. Hinweise auf das Ausmaß der Zinserhöhung könnte die Rede von EZB-Aufsichtsratsmitglied Andrea Enria auf einer Konferenz ab 13.05 Uhr geben.
Blick auf die Einzelwerte
Traton: Die Volkswagen-Lkw-Tochter schraubt nach einem unerwartet guten ersten Quartal die Gewinnprognose nach oben. Traton konnte die Verkaufszahlen seiner Marken MAN, Scania, Navistar und VW um ein Viertel auf gut 84.500 nach oben schrauben, nachdem sich die Lage bei den Zulieferern entspannt hat. Die Aktie steigt um 1,9 Prozent.
Shop Apotheke: Der Online-Arzneimittelhändler hat zum Jahresauftakt einen Wachstumssprung geschafft. Die Firma erreichte im ersten Quartal mit 13 Millionen Euro einen bereinigten operativen Gewinn (Ebitda) nach einem Verlust von 4,3 Millionen vor Jahresfrist. Der Vorstand bekräftigte seine Jahresziele. Der Aktienkurs, der sich seit Jahresanfang mehr als verdoppelt hat, steigt am heutigen Dienstag um 0,6 Prozent.
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