Ein Subventionswettlauf wäre kontraproduktiv.
(Foto: ddp/Sipa USA)
Düsseldorf Selten war die Europäische Union auf gute Beziehungen zu den USA so angewiesen wie derzeit. Nichts hat das sicherheitspolitische Unvermögen und die frappierende Abhängigkeit des Kontinents, der sich nach den Erfahrungen mit Donald Trump doch so nach geopolitischer Souveränität sehnt, deutlicher vor Augen geführt als der Ukrainekrieg.
Präsident Joe Biden weiß das. Trotzdem nutzt er die Situation nicht aus. Er gibt sich im Streit über das Gesetz mit dem irreführenden Namen „Inflation Reduction Act“ kompromissbereit und zeigt gegenüber EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Wege auf, die den Auslandsinvestoren diskriminierenden Teil zumindest für Europäer abschwächen könnten – etwa über ein Rohstoffabkommen oder über eine Sonderlösung für europäische Leasing-E-Autos.
In beiden Fällen geht es darum, dass die europäischen Partner von den IRA-Subventionen in Höhe von insgesamt 370 Milliarden Dollar profitieren. So weit, so gut.
Keine Illusionen allerdings sollten sich die Europäer darüber machen, dass Bidens Zugeständnisse keinen Preis haben werden. Die Pläne im Zusammenhang mit IRA sind für die USA größer als die Bedeutung der transatlantischen Beziehungen.
Erstens strebt Biden mit seiner grünen Wende den größten Umbau der US-Wirtschaft seit Jahrzehnten an. Tatsächlich erzeugt der Präsident schon jetzt eine Aufbruchstimmung, die langfristig mit einer nachhaltigen Stärkung der größten Volkswirtschaft einhergehen könnte. Zweitens ist dieser Umbau zentraler Bestandteil der Eindämmungsstrategie Bidens gegenüber China – die an Radikalität gegenüber Trump nichts missen lässt.
Die Interessen in der Chinapolitik sind unterschiedlich
Biden erwartet, dass Europa seinen Teil dazu beiträgt. Dabei geht es vor allem um den zunehmend aggressiven Technologiebann gegenüber China. Das Problem: Hier sind die Interessen durchaus unterschiedlich. Während die USA China von westlicher Hochtechnologie abschneiden wollen, geht es für die Europäer darum, Abhängigkeiten in sensiblen Bereichen zu verringern.
Von der Leyen sprach in Washington ausdrücklich von „De-Risking“, nicht von Decoupling. Der „Rohstoffklub“ etwa soll Pekings Monopol auf dem Markt für seltene Erden brechen.
Was die Subventionen als solche angeht, sagen die Amerikaner, die Europäer mögen doch selbst zur Tat schreiten, wenn IRA sie so stört. Doch ein teurer und unproduktiver Subventionswettlauf liegt nicht im ökonomischen Interesse Europas und der transatlantischen Partner.
Ebenso wenig wie hektische Reaktionen beim Thema Beihilferecht. Dass die EU die Regeln für die Vergabe von Beihilfen faktisch bis 2025 aussetzt, sorgt allenfalls für einen schädlichen internen Subventionswettlauf. Eine solche Politik höhlt den Binnenmarkt mit seinen fairen Wettbewerbsbedingungen aus, also genau das, was Europa stark macht.
Die USA locken nicht nur mit Subventionen
Niemand bezweifelt, dass auch Europa seine Wirtschaft umbauen muss, aber nicht als Reaktion auf den IRA. Auch europäische und insbesondere deutsche Unternehmen werden von dem Umbau der US-Wirtschaft profitieren. Und wenn die Firmen Standorte in die USA verlagern, sind es weniger die Subventionen, die locken, sondern niedrige Steuern, weniger Bürokratie und vor allem günstige Energie.
Ohnehin ist das europäische Subventions-Sündenregister insgesamt lang genug – und IRA macht allenfalls ein Teil dessen wett, was die EU-Staaten im Bereich Greentech schon geleistet haben.
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