Der Lichtkonzern will mit staatlicher Unterstützung neuartige Chips für das autonome Fahren und die UV-C-Luftreinigung entwickeln.
(Foto: OSRAM)
München Der Licht- und Halbleiterkonzern AMS-Osram baut seine Chipentwicklung in Deutschland aus und hat sich dafür Fördermittel in Höhe von mehr als 300 Millionen Euro gesichert. Das Geld komme im Rahmen des European Chips Acts vom Bund und dem Freistaat Bayern, erfuhr das Handelsblatt aus Unternehmenskreisen. Im Gegenzug sichere AMS-Osram die Schaffung von 400 Hightech-Arbeitsplätzen zu.
In den vergangenen Monaten hatten Milliardensubventionen für neue Chipwerke in Deutschland für viele Diskussionen gesorgt. So will der US-Technologiekonzern Intel 30 Milliarden Euro in zwei Werke in Magdeburg stecken, ein Drittel davon steuert der Staat bei. Der Auftragsfertiger TSMC plant ein neues Werk in Dresden, das mit bis zu fünf Milliarden Euro gefördert werden soll.
Mit den Subventionen soll der Aufbau einer stärkeren europäischen Chipindustrie gefördert werden. Osram bekommt nun eine sogenannte IPCEI-Förderung (Important Project of Common European Interest). Der Konzern wollte die Informationen des Handelsblatts nicht kommentieren.
Luftreinigung mit ultraviolettem Licht
Mit den Fördermitteln, die um eigene Investitionen in etwa derselben Höhe ergänzt werden, will AMS-Osram vor allem die Forschung und Entwicklung innovativer optoelektronischer Halbleiter und deren Produktionsprozesse vorantreiben.
Konkret geht es zum Beispiel um Lidar-Sensoren für das autonome Fahren und UV-C-LEDs für die Reinigung von Luft und die Desinfektion mit Licht. Solche Luftreiniger kamen in der Coronapandemie zum Einsatz. Ultraviolettes Licht kann die Viren- und Bakterienlast nach Angaben der Hersteller nahezu vollständig beseitigen. Auch Konkurrent Signify hat Lösungen entwickelt.
In Regensburg will Osram laut Industriekreisen zudem Micro-LEDs entwickeln, die in neuartigen Displays eingesetzt werden. Dazu baue der Konzern aktuell eine Pilotlinie mit einer neuartigen Acht-Zoll-Wafer-Produktion auf, die eine kostengünstige Großserienfertigung von Micro-LEDs ermöglichen solle.
Die Fertigung wird in Regensburg starten
Mit den IPCEI-Fördergeldern wird die Entwicklung der Chips und der Produktionsverfahren unterstützt. Laut Unternehmenskreisen wird aber auch die Fertigung neuer Produkte teilweise in Regensburg erfolgen – hinzu kommen Werke wie Kulim (Malaysia), dessen neues Modul für die Massenfertigung von Micro-LEDs geplant ist.
Der Konzern kann die Subventionen gut gebrauchen. Denn er steckt in einem Dilemma: AMS-Osram muss innovativer werden, um sich in der rasch verändernden Branche zu behaupten. Gleichzeitig muss das Unternehmen aber seine Finanzprobleme in den Griff bekommen.
>> Lesen Sie außerdem: Deutsche Technik reguliert das iPhone-Display: Apple schwärmt von einem schwäbischen Familienunternehmen
Denn AMS-Osram steckt in einer tiefen Krise. Der kleinere österreichische Photonik-Spezialist AMS hatte vor gut drei Jahren das deutsche Traditionsunternehmen Osram übernommen. Seither leidet der neue Konzern unter einem hohen Schuldenberg.
Die Nettofinanzverbindlichkeiten lagen zuletzt bei rund zwei Milliarden Euro. Im ersten Halbjahr machte das Unternehmen vor allem wegen hoher Abschreibungen einen Verlust von 1,5 Milliarden Euro.
Der neue CEO Aldo Kamper hat als Konsequenz angekündigt, weitere Konzernteile abzuspalten. Man werde sich von „Bereichen abseits des Kerngeschäfts mit einem Umsatzvolumen von 300 bis 400 Millionen Euro trennen“. Dies entspricht rund zehn Prozent der Gesamterlöse. Laut Industriekreisen gestaltet sich der Verkauf aber schwierig. Schließlich handelt es sich um wenig zukunftsträchtige, margenschwache Bereiche wie ältere Handytechnologien und Streulinsen.
Der Verkauf von Konzernteilen kommt nur schleppend voran
Große Verkaufserlöse sind daher nicht zu erwarten. Das Problem von AMS-Osram: 2025 laufen größere Kredite aus. Der Konzern habe „ein eigentlich funktionierendes Geschäftsmodell, aber eine schlechte Bilanzstruktur“, sagte ein Insider. Ziel müsse es sein, die Krise als eigenständiges Unternehmen zu bestehen. AMS-Osram sei im Kern ein gesundes Unternehmen. „Wenn die neue Führung die Refinanzierung hinbekommt, hat der Konzern endlich einmal ein paar Jahre Ruhe, um die Strategie fortzuentwickeln.“
Mehr: China will Chipbranche mit 40-Milliarden-Fonds anschieben.