Die deutsche Nationalmannschaft holt einen Prestigesieg gegen den Erzrivalen Niederlande und qualifiziert sich vorzeitig für die K.-o.-Runde der Nations League. Doch es gab noch einen anderen Grund, zu feiern.
Aus München berichtet Andreas Becker.
Jamie wer? Diese Frage werden sich in den vergangenen Tagen einige Fußballfans gestellt haben, nachdem bekannt wurde, dass Bundestrainer Julian Nagelsmann Jamie Leweling in den Kreis der Nationalmannschaft für die Nations-League-Spiele gegen Bosnien (2:1) und die Niederlande (1:0) berufen hat. Jamie wer? Die Antwort gab der 23-jährige Flügelflitzer vom VfB Stuttgart am Montagabend auf dem Platz.
Die DFB-Elf rannte auf das Tor der Niederlande an, erspielte sich Chance um Chance. Nur der Ball wollte einfach nicht rein. Jedenfalls nicht bis zur 64. Minute, als der Ball über Umwege bei Leweling landete und er zum befreienden 1:0 traf. Die ausverkaufte Allianz Arena wusste das Tor und den Auftritt des Stuttgarters direkt zu würdigen. Fast vollständig erhoben sich die fast 70.000 Zuschauerinnen und Zuschauer von ihren Plätzen, applaudierten und jubelten dem Neuling zu.
Lewelings Vereinstrainer Sebastian Hoeneß war bereits nach dessen Nominierung voll des Lobes: „Er bringt ein Profil mit, das spannend ist für jeden Trainer. Er hat sich sukzessive weiterentwickelt. Super-Geschichte. Er hat in der jüngsten Vergangenheit richtig gute Spiele gemacht. Tore gemacht, gut verteidigt.“ Dem pflichtete Julian Nagelsmann, der Leweling nach dem Ausfall von Jamal Musiala nachnominiert hatte, nach seinem sensationellen Debüt (t-online-Note 1) bei: „Er hat viele Situationen mit Druck im Rücken mit viel Körperlichkeit gelöst, hat uns genau die Energie gegeben, die wir brauchten. Er hat tatsächlich ein außergewöhnlich gutes Debüt gegeben.“
Leweling habe bei der Standardsitzung am Spieltag um 10.30 Uhr, 10.40 Uhr erfahren, dass er spielt, ergänzte Nagelsmann. „Wir haben ihn schon länger auf dem Zettel. Wären alle gesund gewesen, wäre er aber nicht dabei gewesen, so offen kann man das sagen. Es war eine knappe Entscheidung, ihn mitzunehmen. Er hat letztes Jahr beim VfB gut gespielt, hatte da aber noch nicht die Dominanz, die er jetzt hat.“
Der Aufstieg des Begnadeten begann nach und nach mit seinem Wechsel von Fürth nach Berlin zu Union im Sommer 2022. Er kam zwar nur 16-mal zum Zuge, der VfB Stuttgart griff trotzdem zu, lieh ihn zunächst ein Jahr aus und verpflichtete ihn im vergangenen Sommer dann fest für eine Ablöse von fünf Millionen Euro. Für den einen oder anderen sei sein Aufstieg gerade am Anfang der vergangenen Saison nicht absehbar gewesen, meinte VfB-Trainer Sebastian Hoeneß. Noch in der Vorbereitung war Hoeneß mit ihm nicht zufrieden, weil er die „Klarheit in seinem Spiel“ habe vermissen lassen. Auch zu Beginn der aktuellen Saison war Hoeneß mit seinem Außenspieler „nicht zufrieden“.
„Es ging jetzt sehr schnell. Das sieht er selber ähnlich“, sagte Hoeneß weiter. „Die Bereitschaft war immer da. Körperlichkeit, Zweikampfstärke und Wucht hat er schon immer gezeigt. Jetzt ist er auch effektiv.“
Als in der 87. Minute für Leweling Schluss war und er für Robin Gosens ausgewechselt wurde, erhob sich das Publikum in der Allianz Arena erneut und rief seinen Namen. Kapitän Joshua Kimmich befand nach der Partie: „Jamie muss man heute herausheben, nicht nur wegen seines Tores. Er hat ein überragendes Spiel gemacht, ein überragendes Debüt.“