Der Sparkurs der Bundesregierung hat laut IG-Metall-Chefin Benner „fatale Folgen“ für die Industrie. Industriejobs müssten zudem attraktiver gestaltet werden. Wie das gelingen soll.
Die neue Chefin der IG Metall hat vor fatalen Folgen der jüngsten Sparbeschlüsse auf die deutsche Industrie gewarnt. In vielen Betrieben ihrer Branchen habe schon vorher schlechte Stimmung geherrscht, weil Investitionen ausblieben und Produktionsteile Richtung Osten verlagert würden, berichtet die Gewerkschafterin Christiane Benner auf Grundlage einer Betriebsräteumfrage.
Der Haushaltskompromiss der Ampel-Koalition bringe nun weitere Belastungen. „Das abrupte Ende der Umweltprämie für E-Autos ist ein fatales Signal, das uns in der Kurzfristigkeit kalt erwischt hat. Das sät noch einmal Zweifel selbst bei den Gutwilligen“, sagte Benner mit Blick auf die angestrebte Antriebswende in der Autoindustrie.
Gefahr der Abwanderung steigt
Bei energieintensiven Betrieben sei die Gefahr von Abwanderungen noch einmal gestiegen, meinte die Gewerkschaftsvorsitzende. „Das Strompreispaket war schon vorher zu knapp, wenn jetzt noch Netzentgelte in Milliardenhöhe hinzukommen, verschlechtert sich die Lage weiter.“
Ihr fehle eine klare industriepolitische Strategie der Politik, wie der ökologische und digitale Umbau in diesem Land gestaltet werden soll, sagte Benner. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) habe es zwar beschrieben, der Bundesregierung sei es aber nicht gelungen, ein positives Konzept vorzulegen.
Betriebsräte erkennen keine Zukunftsstrategie
Das starre Festhalten an der Schuldengrenze unter Druck einer wenig konstruktiven konservativen Opposition sei der falsche Weg. „Wir müssen die Schuldenbremse angehen, um die massiven Herausforderungen zu bewältigen. Die Politik hätte einen anderen Blick auf die Notwendigkeit zur Finanzierung der ökologischen Wende werfen müssen. Mir fehlt die Weitsicht auf die Folgekosten.“
Neben den Einschnitten habe es auch positive Entscheidungen zugunsten der Industrie gegeben, räumte Benner ein. Sie nannte die beibehaltenen Förderungen für Batterien, Halbleiter und Wasserstoff. Daher herrsche auch nicht in allen Betrieben Katastrophenstimmung. Es mache sie aber „sehr nervös“, wenn weiterhin eine Mehrheit der Betriebsräte bei ihren Unternehmen keine konsistente Zukunftsstrategie erkennen könne. Die Belegschaften stünden hier für mehr Mitbestimmung gerade auch in strategischen Fragen bereit.
Die IG Metall werde sich im kommenden Jahr stark auf die Betriebe fokussieren und sehr zeitig vor der Metall- und Elektro-Tarifrunde die Stimmung unter den Beschäftigten ausloten, kündigte Benner an. Sie rechne mit einem starken Druck, höhere Entgelte auszuhandeln und flexible Elemente zur selbstbestimmten Arbeitszeit auszubauen.
In ihrer noch jungen Amtszeit habe sie auch mit dem Arbeitgeberverband Gesamtmetall bereits gute Gespräche geführt, berichtete Benner. „Eine starke Sozialpartnerschaft ist von großem Wert und großer Wichtigkeit. Wir müssen zusammen die Industriejobs attraktiver machen, um dem Mangel an Fach- und Arbeitskräften zu begegnen.“
Dazu gehörten attraktive Arbeitszeiten, sinnhafte Unternehmensziele sowie eine strategische Personalplanung, die gezielt auf Weiterbildung setze. Gesamtgesellschaftlich müsse die hohe Teilzeitquote bei den Frauen gesenkt sowie das Übergangsmanagement zwischen Schule und Ausbildung verbessert werden. Deutschland könne sich zudem bei der Integration Geflüchteter in Arbeit noch stark verbessern.