Hubert Seipel wollte für die ARD kurz vor Russlands Einmarsch in die Ukraine mit Putin sprechen. Diese Details dringen jetzt an die Öffentlichkeit.
Vor zwei Jahren verbrachte Filmemacher und Journalist Hubert Seipel drei Tage im Kreml, kurz vor Russlands Einmarsch in der Ukraine. Dort bot sich die Möglichkeit, für die ARD ein Interview mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zu führen. Den Vorschlag unterbreitete Seipel dem öffentlich-rechtlichen Sender über den Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB), wie jetzt ZDF und „Der Spiegel“ berichten. Die Anfrage richtete sich an den Westdeutschen Rundfunk (WDR), der bei der ARD das Studio Moskau und die Russland-Berichterstattung übernimmt.
Seipel gilt als umstritten, er gibt sich als Kremlexperte aus, hat eine unprofessionelle Nähe zu Putin und Recherchen zufolge bekam er für seine Arbeit hohe Summe aus Moskau. Beim WDR stieß sein Interviewangebot dementsprechend auf Widerstand. Die Redaktion kritisierte schon zehn Jahre zuvor, dass Seipels Putin-Fernsehporträt und später sein Putin-Interview in der ARD ausgestrahlt wurden. Die beiden Produktionen wurden damals vom Norddeutschen Rundfunk (NDR) betreut.
„Kein Rückgrat“
Nun liegt eine WhatsApp-Nachricht von WDR-Chefredakteurin Ellen Ehni an ARD-Chefredakteur Oliver Köhr vom 9. Februar vor: „Hubert Seipel wird in zwei Tagen Putin im Kreml treffen und hat der Vorsitzanstalt ein Interview angeboten.“ In der Nachricht macht sie ihren Standpunkt klar: „Erstens war es schon 2014 ein Desaster (unkritisch, unterwürfig), zweitens trat Seipel 2016 auf der Buchmesse mit Putin auf.“ Darüber hinaus war die Lage kurz vor dem Ukraine-Krieg bereits deutlich angespannt, somit wirke es, als habe man „kein Rückgrat“, so Ehni. Die Journalistin wollte verhindern, dass Seipels Arbeiten bei ihnen eine Plattform bekamen.
„Spiegel“ und ZDF hakten beim RBB nach, dort hieß es vonseiten der Pressestelle: „Ob ein Interviewangebot von Herrn Seipel an irgendeiner Stelle im RBB vorlag, können wir nicht rekonstruieren. In der Chefredaktion liegen dazu keine Unterlagen vor; der Chefredakteur kann sich an ein solches Angebot nicht erinnern, daher auch nicht an ein Gespräch mit dem WDR in dieser Sache.“ Patricia Schlesinger, die damals Intendantin war, streitet es ihrerseits ab: „Nein. Daran würde ich mich erinnern.“ Seipel äußert sich dazu nicht. Auch die ARD-Programmdirektion erhielt eine Anfrage. Demnach habe man über Chefredakteur Köhr „von Herrn Seipels Interviewangebot Kenntnis erhalten und sich dagegen ausgesprochen“.