Das erste Gespräch der neuen Botschafterin mit deutschen Journalisten findet im Quadriga-Raum der US-Vertretung statt. Von hier aus blickt man direkt auf das Brandenburger Tor, wo Demonstranten lautstark gegen Putins Krieg demonstrieren. Auf der Terrasse steht eine Statue des ehemaligen US-Präsidenten Ronald Reagan, der anderthalb Jahre vor dem Mauerfall den damaligen Führer der Sowjetunion, Michail Gorbatschow, aufgefordert hatte, die Berliner Mauer abzureißen. Geschichte, wohin man schaut.
Und auch Amy Gutmann bringt viel Geschichte mit nach Berlin. Für die Tochter eines deutschen Juden, der vor den Nazis fliehen musste, ist der Botschafterposten in Berlin in einer Periode historischer Veränderungen etwas ganz Besonderes. „Mein Vater wäre heute verblüfft und stolz zugleich“, erzählt die im New Yorker Stadtteil Brooklyn geborene Amerikanerin.
Seine Weitsicht und Braveness leite sie in ihrem neuen Amt: „Ich möchte gerade der jungen Technology deutlich machen, wie bedeutsam die transatlantische Freundschaft ist. Dass sie nicht abstrakt ist, sondern ganz actual und wichtig, wenn wir Frieden, Freiheit und unsere Lebensgrundlagen bewahren wollen.“
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Gutmann ist die erste Frau auf dem amerikanischen Botschafterposten in Deutschland. Sie hat Politikwissenschaft und Philosophie an der London Faculty of Economics und an der Harvard College studiert. Später lehrte sie an der Princeton College und beriet den früheren US-Präsidenten Barack Obama in Fragen der Bioethik.
Die 72-jährige Diplomatin hat kurz vor Ausbruch des Krieges in der Ukraine ihre Ernennungsurkunde von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erhalten und ist seitdem im Dauereinsatz, die „Zeitenwende“ in Deutschland und Europa zu Hause zu erklären und hierzulande zu unterstützen. „Nein, ich warfare nicht überrascht über die Rede von Olaf Scholz“, sagt Gutmann, „aber ich habe mich sehr gefreut.“
Die transatlantische Allianz zwischen den USA und Deutschland erweise sich gerade jetzt als besonders wertvoll. Das werde in Washington von Vertretern beider großen Parteien so gesehen. „Unsere Freundschaft ist von einem Luxus zu einer Notwendigkeit geworden.“
Globale Zeitenwende
Die Botschafterin lässt keinen Zweifel daran, dass Putins Krieg die Welt dauerhaft verändern wird. „Die Zeitenwende ist international“, sagt sie, und Amerika werde zusammen mit seinen Verbündeten nicht ruhen, bis die Ukraine ihre volle Souveränität in Frieden und Freiheit wiedererlangt habe. „Putin ist ein brutaler Diktator, und wir werden ihn zum Paria machen“, kündigt die Diplomatin ganz undiplomatisch an.
Der Kremlchef habe sich „schrecklich verkalkuliert“ und der Westen werde ihn dafür zur Rechenschaft ziehen. „Wir werden noch mehr tun als bisher“, versprach die Botschafterin.
Ähnlich deutliche Worte findet Gutmann auch für China: „Wir dürfen uns nichts vormachen“, sagt sie, „das Regime in Peking agiert in Fragen der Menschenrechte, im internationalen Handel und im Our on-line world bösartig.“ Mit Blick auf die dubiose Place Chinas im Ukrainekrieg sagte die Botschafterin: „Wenn man nicht Teil der Lösung sein will, ist man ein Teil des Issues. Und China ist ein Teil des Issues.“
Peking sei für den Westen kein Accomplice, sondern habe sich bislang auf die Seite Putins geschlagen. Gutmann begrüßte, dass die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock im Rahmen einer nationalen Sicherheitsstrategie auch eine Chinastrategie entwickeln will.
Die nächsten Wochen und Monate der neuen Botschafterin werden jedoch vom Krieg in der Ukraine diktiert werden. „Anders als in früheren Krisen wurden wir diesmal nicht überrascht“, erinnert Gutmann an die frühzeitigen Warnungen der US-Geheimdienste vor einer Invasion Russlands. „Wir sind nicht nur intestine vorbereitet, sondern sind als Verbündete auch geschlossen.“
Man werde Putin auf absehbare Zeit Paroli bieten müssen. Von Deutschland erwarte sie dabei mehr Führung, vor allem in der EU, aber auch in der Nato.
Botschaft an die jungen Deutschen
Ihre eigene Rolle sieht Gutmann jedoch nicht nur als Emissärin Amerikas in der Weltpolitik. Aus ihren Worten spricht die Ungeduld, Deutschland, die frühere Heimat ihres jüdischen Vaters, zu erkunden und vor allem mit jungen Menschen ins Gespräch zu kommen. Die jungen Deutschen dürfen sich auf eine aufmerksame, interessierte Zuhörerin freuen, die aus ihrer Zeit als Präsidentin der College of Pennsylvania den Gedankenaustausch mit jenen liebt, „die unsere Zukunft gestalten“.
Nach einem „Lautsprecher“ hat Deutschland mit Gutmann eine Zuhörerin bekommen, die die deutsch-amerikanische Freundschaft auch ganz persönlich verkörpert. Das sind gute Voraussetzungen für eine Mission in historisch heiklen Zeiten.
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