Die Scorpions stehen hart in der Kritik, Polizei und Bürgermeister äußern sich deutlich – und jetzt meldet sich auch noch Rockerboss Hanebuth zu Wort.
In der Gemeinde Wedemark, dem Heimatort des Eishockey-Clubs Hannover Scorpions, brodelt es weiter. Nach dem martialischen Auftritt der Hells Angels bei einem Spiel zum Ende der vergangenen Saison, bei dem die Rocker als Sicherheitsdienst im Stadion auftraten und gegnerische Fans angerempelt, bedroht und eingeschüchtert haben sollen, hat jetzt auch Bürgermeister Helge Zychlinski öffentlich Kritik am Verein geübt.
Wie die „Hannoversche Allgemeine Zeitung“ („HAZ“) berichtete, war eine Bürgeranfrage während einer Ratssitzung der Anlass für Zychlinski, zu betonen, dass er „deutliche Worte“ in Richtung der Sport- und Freizeit GmbH (S&F) gefunden habe, die das Scorpions-Stadion betreibt – und hinter der ebenso wie hinter dem Verein die Familie Haselbacher steckt.
Bereits unmittelbar nach dem Spiel habe der Bürgermeister den Verantwortlichen der Scorpions klar gemacht, „dass so eine Situation nicht noch einmal entstehen dürfe“, zitierte die „HAZ“ zudem Zychlinskis Sprecher Ewald Nagel. Die Gemeinde Wedemark ist Eigentümerin der Halle, in der Augenzeugen zufolge am 21. April bis zu 30 mit Armbinden und Funkgeräten ausgestattete Hells Angels die Auswärtsfans rüde angegangen hatten.
Auch die Polizei zog Konsequenzen: Das Sicherheitskonzept solle für die Saison 2024/25 angepasst werden, berichtete die „HAZ“. Erstmals solle der Verein im Vorfeld der Spiele genau sagen, welcher Ordnungsdienst jeweils im Einsatz ist, um bei Problemen „eine adäquate Unterstützung gewährleisten zu können“.
Frank Hanebuth, Boss der offiziell bereits seit 2012 aufgelösten Hells Angels Hannover, sprang unterdessen dem Verein zur Seite: „Man muss sich mal anschauen, was die Familie Haselbacher aus dem kleinen Eishockeyclub gemacht hat“, sagte er laut „HAZ“. „Man sollte den Haselbachers dankbar sein, statt auf ihnen rumzuhacken.“
Scorpions-Geschäftsführer Eric Haselbacher hat sich bislang öffentlich nicht zu den Vorwürfen geäußert, obwohl er ein Statement „zeitnah“ nach der verlorenen Finalserie gegen die Blue Devils Weiden angekündigt hatte. Inzwischen sind anderthalb Monate seit dem Ende der Serie vergangen, bei der es um den Aufstieg aus der Oberliga in die DEL2 ging.
Die Polizei hatte t-online nach dem Skandalspiel vom 21. April bestätigt, dass die am Spielfeldrand aufmarschierten Rocker den Hells Angels zuzurechnen waren – mehr zu den Vorfällen rund um das Spiel lesen Sie hier. Die Hells Angels werden immer wieder mit Mord, Menschenhandel, Schutzgelderpressung, Zuhälterei und brutaler Gewalt zur Durchsetzung ihrer Ziele in Verbindung gebracht. In Hannover spielen sie nach wie vor eine dominante Rolle, insbesondere im Steintorviertel, wo sie unter anderem als Türsteher, Bordell-Wirtschafter und Gewerbetreibende auftreten.
Die Polizei stuft die Gruppierung als „Outlaw Motorcycle Gang“ ein, also als Bande, die sich selbst außerhalb des Gesetztes verortet. „Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass Angehörige jederzeit dazu bereit sind, Gebietsansprüche unter Gewaltanwendungen zu behaupten“, teilten die Beamten t-online mit. Es reiche, dass sich die Männer in ihrem Stolz gekränkt fühlten, um Aggressionen und Auseinandersetzungen hervorzurufen.
Rockerboss Hanebuth selbst wurde bereits mehrfach in Zusammenhang mit Körperverletzungsdelikten verurteilt: Unter anderem prügelte er 1999 ein Bandenmitglied fast tot und kassierte dafür dreieinhalb Jahre Gefängnis. Später wurde gegen Hanebuth ermittelt, weil er im Verdacht stand, einen Mord in Auftrag gegeben zu haben. GSG9-Beamte landeten mit einem Helikopter in seinem Garten.
Beweisen ließen sich diese Vorwürfe allerdings nicht. Auch Zuhälterei, Menschenhandel, Geldwäsche, illegaler Waffenbesitz, Drogenhandel oder die Bildung einer kriminellen Vereinigung konnten Hanebuth nie nachgewiesen werden. Zuletzt war er 2023 in Spanien aus Mangel an Beweisen freigesprochen worden.