Plötzlicher, ungewollter Urinverlust kann verschiedene Ursachen haben. Dranginkontinenz hat nicht immer eine körperliche Ursache. Welche psychischen Belastungen möglicherweise eine Rolle spielen.
Stress ist bekannt dafür, der Auslöser vieler Krankheiten zu sein. Während die einen bei Stress Schlafstörungen haben, kann bei anderen die psychische Belastung zu einer schwachen Blase führen. Wie die Harninkontinenz und Stress zusammenhängen.
Betroffene einer Harninkontinenz, umgangssprachlich auch als Blasenschwäche bezeichnet, verlieren plötzlich und ungewollt geringe bis größere Mengen Harn. Die Ursachen können vielfältig sein. Die häufigsten Formen der Harninkontinenz sind die Belastungsinkontinenz und die Dranginkontinenz. Möglich ist auch eine Mischform aus beiden Inkontinenzformen.
„Bei der Belastungsinkontinenz geht Harn, wie der Name bereits verrät, unter Belastung verloren. Das kann beim Husten, Niesen, Lachen oder schweren Heben passieren“, erklärt Prof. Daniela Schultz-Lampel, Direktorin des Kontinenzzentrums Südwest am Klinikum Schwarzwald-Baar in Villingen-Schwenningen und Mitglied im Expertenrat der Deutschen Kontinenz Gesellschaft e. V.
In sehr ausgeprägten Fällen geht Harn bei jeder Bewegung oder sogar im Stehen ab. Ursache ist oft ein geschwächter Beckenboden. Beispielsweise setzen Übergewicht, Schwangerschaften, Geburten, Verletzungen und Operationen im Becken, hormonelle Veränderungen in den Wechseljahren sowie dauernde Verstopfung dem Beckenboden zu.
Bei der Dranginkontinenz hingegen, auch als Reizblase bezeichnet, verspüren Betroffene plötzlich einen extrem starken Harndrang – obwohl die Blase noch nicht voll ist. Viele schaffen es nicht mehr rechtzeitig auf die Toilette. Der Urin geht schwallartig, in größeren Mengen ab. Die Blase sendet bereits bei geringem „Füllstand“ fälschlicherweise das Signal „voll“. Ursache der gereizten Nerven können unter anderem neurologische Erkrankungen, Diabetes mellitus, Blasensteine, Harnwegsinfekte sowie psychosomatische Faktoren sein.
„Es ist möglich, dass die Dranginkontinenz Stress und psychische Belastungen als mögliche Auslöser hat. Das sind im Vergleich zu anderen Harninkontinenz-Ursachen aber eher seltenere Fälle“, erklärt die Fachärztin für Urologie. „Die psychogene Blase zeigt sich meist über eine häufige Drangsymptomatik sowie Blasenschmerzen. Es muss nicht zwingend zu Harnverlust kommen. Dann sprechen Mediziner von einer ‚trockenen überaktiven Blase‘. Kommt es hingegen zum Urinverlust, ist von einer ’nassen, überaktiven Blase‘ die Rede.“
Emotionaler Stress kann die Blasenfunktion beeinflussen. Die zuständigen Nervenzellen in der Blase senden abhängig vom Füllstand der Blase bestimmte Signale an die Blasenmuskulatur. Stress, Ärger, Ängste und psychische Probleme können auf diesen Ablauf einwirken. Die Blase kann „nervöser“ werden und immer wiederkehrenden intensiven Harndrang, Blasenschmerzen und manchmal auch Harninkontinenz auslösen.
„Der Beckenboden und die Sexualorgane können durchaus auf psychogene Einflüsse reagieren. Darauf spielen auch Sprichwörter wie ‚Die Blase ist der Spiegel der Seele‘ oder ‚Urin statt Tränen‘ an“, sagt Schultz-Lampel. „Viele Menschen kennen es, dass besonders unter Stress und in belastenden Situationen ständig die Blase drückt. Frauen sind häufiger von der stressbedingten überaktiven Blase betroffen als Männer.“
Wer plötzlich mit einer empfindlichen Blase zu kämpfen hat oder gar ungewollt Harn verliert, sollte immer einen Urologen aufsuchen und die Ursache klären lassen. Es sei zum einen wichtig, dass ernstere Ursachen ausgeschlossen würden, etwa eine unerkannte neurologische Erkrankung. Zum anderen könne unter ärztlicher Therapie in den meisten Fällen eine Linderung oder die komplette Heilung der Harninkontinenz erreicht werden, so die Urologin.
Besteht der Verdacht, dass seelische Faktoren die Ursache der Dranginkontinenz sind, können verschiedene Therapiemaßnahmen miteinander kombiniert werden: