Jahrelang hat ein Geflüchteter aus der Elfenbeinküste in Hannover gelebt und gearbeitet. Ende Juni wurde er abgeschoben – weil er einen neuen Pass bekommen hat.
Vor fast fünf Jahren ist Th. F. aus der Elfenbeinküste nach Deutschland geflüchtet. In Hannover fand der Mann ein neues Zuhause, lebte dort und finanzierte sich seinen Lebensunterhalt durch Arbeit selbst. Zuletzt war F. für einen internationalen Technologiekonzern tätig. Vor wenigen Tagen wurde er abgeschoben. Das „Ergebnis populistischer Politik, die Forderungen von Hardlinern bedient“, sagte Caroline Mohrs vom Flüchtlingsrat Niedersachsen.
2019 hatte F. einen Asylantrag gestellt, der im Mai 2022 abgelehnt wurde. Eine Klage dagegen vor dem Verwaltungsgericht blieb ohne Erfolg. In Deutschland bleiben durfte F., weil ihm die Ausweisdokumente fehlten, er wurde weiterhin geduldet und durfte arbeiten. Schon wenig später hatte er tatsächlich eine Stelle gefunden, heißt es vom Flüchtlingsrat. Mindestens seit Mai 2022 bis zum Tag der Festnahme am 26. Juni 2024 sei F. durchgehend arbeitstätig gewesen, bei seinem letzten Arbeitgeber sollte er weiterhin in Vollzeit beschäftigt bleiben.
In der Zwischenzeit kümmerte sich F. um seinen Pass. Mit Erfolg: Der neue Reisepass wurde ihm am 18. Oktober 2023 ausgestellt. Und dieses Datum wurde F. zum Verhängnis. Mit dem neuen Dokument sei seine Duldung rückwirkend erloschen, argumentierte die Ausländerbehörde. Bedeutet: Eine Beschäftigungsduldung, die den Aufenthalt in Deutschland gesichert hätte, war damit nicht mehr möglich. Anders, als die Behörde verlangt, kam F. nicht auf den durchgängigen Besitz einer Duldung seit mindestens zwölf Monaten.
„Es ist absurd, dass ein Mensch, der hier seit Jahren einer Arbeit nachgeht, seinen Lebensunterhalt verdient, Steuern und Sozialversicherungsbeiträge zahlt, aus der Gesellschaft gerissen wird“, sagte Caroline Mohrs. „Eine Abschiebung als Reaktion auf die erfolgte gute Kooperation mit den Behörden ist das falsche Signal.“ Der Flüchtlingsrat geht davon aus, dass F. die Voraussetzungen für eine Beschäftigungsduldung erfüllt. Er forderte die Stadt Hannover auf, F. zurückzuholen.
Aus dem Rathaus folgten allerdings keine Stimmen, die Hoffnung machen. „Alternativlos“ sei die Abschiebung F.s, zitierte der NDR Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne). Hannover habe versucht, gemeinsam mit dem Innenministerium eine Lösung zu finden. Onay schob die Verantwortung weiter auf Bundesebene: „Dieser Fall verdeutlicht, dass die Bundesgesetzgebung nachbessern muss, um die Ermessensspielräume für gut integrierte Menschen zu erweitern.“