München Ein Geburtstag steht an: Dieses Jahr wird das Bike- und Out of doors-Label Maloja 18. „Wir werden volljährig“, scherzt Gründer Klaus Haas. Associate Peter Räuber ergänzt: „Nun können wir tun, was wir wollen.“
Und das machen die beiden Unternehmer auch. Das Jubiläum nehmen sie zum Anlass, sich aus dem Tagesgeschäft zurückzuziehen und im Sommer einen Chef von außen einzusetzen. Wen sie verpflichtet haben, wollen beide erst im Frühjahr verraten. Der Neue sei noch anderswo unter Vertrag.
Was ihr Nachfolger zu beachten hat, das haben Haas, 56, und Räuber, 59, aber schon einmal zu Papier gebracht. „Eigene Wege gehen“ heißt ihr Buch, das sie gerade herausgebracht haben. Zusammen mit dem Autor Alexander Provelegios erläutern sie auf 311 Seiten, worauf es ihnen ankommt bei Maloja.
Denn ihren frühen Ruhestand wollen die zwei bayerischen Sportmode-Unternehmer durchaus genießen. Aber ihre Werte, die sollen auch nach dem Abschied aus dem Tagesgeschäft gewahrt bleiben.
Tatsächlich gehört Maloja zu den größten Erfolgsgeschichten der deutschen Sportbranche in den vergangenen zwei Jahrzehnten. Der Title Maloja führt dabei ein wenig in die Irre: Die Firma ist keineswegs im gleichnamigen Engadiner Bergdorf angesiedelt. Haas und Räuber haben ihr Unternehmen nur deshalb so genannt, weil sie von der abgelegenen, rauen Gegend in Graubünden so begeistert sind.
Das Maloja-Staff sitzt in einem Bauernhof
Das 50-köpfige Staff arbeitet in einem behutsam ausgebauten Bauernhof in Rimsting, einen Steinwurf vom Chiemsee entfernt. Vor der Terrasse grasen die Kühe, der Blick reicht über den Ausflugsberg Kampenwand bis ins Tiroler Inntal. Das ungewöhnliche Domizil ist kein Zufall: Der Bauer battle einer der Geldgeber der ersten Stunde.
Wenn es einen idealen Ort gibt, um Sportkleidung zu entwerfen, dann diesen. Für Mountainbiker, Langläufer und Skitourengeher ist die Gegend ein Paradies. Aber auch Skifahrer oder Jogger kommen auf ihre Kosten. 2004 haben der Unternehmensberater Haas und der in der Sportbranche erfahrene Räuber begonnen, ihre Freizeitmarke aufzubauen.
Mit trendorientierter Radbekleidung fingen sie an, ein paar Jahre nach der Gründung stiegen sie auch in den Wintersport ein. Viele Produkte lassen sich für mehr als nur eine Sportart nutzen. So nennt sich die neueste Idee „Glide & Trip“, eine Kollektion fürs winterliche Langlaufen und fürs Mountainbiken im Relaxation des Jahres.
Die vielen frischen Farben fallen in den Sportgeschäften auf. Im Frühjahr und Herbst bringen die Unternehmer jeweils eine 300 Teile umfassende Kollektion heraus, jedes Jahr zu einem neuen Motto.
Zudem haben sich die Gründer vor zwei Jahren eine eigene Fabrik in Bulgarien zugelegt. Die 270 Mitarbeiter von Viomoda in Plovdiv produzieren hochtechnische Regenbekleidung, wattierte Jacken und Radtrikots.
Die Kollektion reicht dabei vom 600 Euro teuren Dirndl bis zu Rennanzügen für das amerikanische Biathlon-Nationalteam. Auf intestine 30 Millionen Euro Umsatz dürfte das Unternehmen dieses Jahr kommen, schätzt Haas. Wenig im Vergleich zu Sportkonzernen wie Adidas oder Puma.
Aber genug, um zu einem geschätzten Associate einiger der besten Sporthändler Europas zu werden. Von Sport Schuster in München zum Beispiel oder auch von Sport Conrad in Garmisch. Denn es gehört zum Credo von Haas und Räuber, nicht mit großen Handelsketten zusammenzuarbeiten.
Die Arroganz von Amazon
Mit Amazon haben sie es ein paar Jahre versucht und wurden maßlos enttäuscht. Insbesondere die Arroganz der Amerikaner stieß ihnen bitter auf. „Wir bedauern, einen wenn auch kleinen Beitrag dazu geleistet zu haben, dass Amazon immer stärker wurde und seine Marktmacht heute schamlos ausnutzen kann“, rechnet Haas mit dem Internetkaufhaus ab.
Es sind eher die persönlichen Beziehungen, auf denen der Erfolg von Maloja beruht. Peter Räuber sei ihm „gleich sympathisch“ gewesen, erinnert sich Sporthändler Hans Conrad. Er habe eine „gewisse Menschlichkeit, die bei allem Geschäftssinn durchschien“.
Mehr als einmal stand in den vergangenen 18 Jahren das Geschäft auf der Kippe. Zuletzt zitterten die beiden Gründer im März 2020, als die Sportgeschäfte wegen Corona plötzlich schließen mussten. Letztlich schob die Pandemie den Umsatz massiv an.
Maloja profitiert davon, dass sich die Konsumenten für die Freizeit an der frischen Luft ausrüsten. „Es ist eine wahnsinnige Begeisterung für Berg- und Out of doors-Sport da“, sagt Heiner Oberrauch, Besitzer der Maloja-Konkurrenten Salewa und Dynafit. Dazu kommt: „Die Konsumenten haben mehr Geld zur Verfügung, es wird weniger gereist“, sagt Thomas Gröger, Chef des bayerischen Bergstiefel-Herstellers Hanwag.
So manche Marke kommt mit der Fertigung gar nicht mehr hinterher. „Die Produktion ist jetzt schon ausgelastet bis Juli. So etwas habe ich noch nie erlebt, das ist wirklich außergewöhnlich“, erklärt Lowa-Chef Alexander Nicolai. Lowa ist der größte bayerische Wanderschuh-Hersteller.
Das Lieferketten-Chaos trifft Maloja
Mit einer äußerst anfälligen Lieferkette kämpfen auch die Maloja-Gründer. Früher hätte es drei, vier Monate gedauert, um Stoffe zu bekommen, berichtet Haas. Inzwischen ziehe sich das bis zu einem Dreivierteljahr.
Dennoch sind die Eigentümer hochzufrieden. 2021 sei „das beste Jahr der Unternehmensgeschichte“ gewesen, sagt Haas, mit einem deutlich zweistelligen Umsatzplus. So werde es auch weitergehen, denn die Bestellungen fürs neue Jahr seien „sehr erfreulich“.
Über Nacht zurückziehen wollen sich die beiden Cooks nicht, es soll ein wohldosierter, über zwei Jahre dauernder Abschied werden. „Es braucht eine junge Technology, um eine zeitgemäße Marke zu sein“, sagt Räuber, bislang der kreative Kopf von Maloja. Seine Rolle soll nicht zuletzt Sohn Julian einnehmen, der bereits seit ein paar Jahren im Unternehmen ist.
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