Wie geht’s weiter bei den Grünen? Im linken Flügel wächst die Sorge, dass Robert Habeck zu viel Einfluss erhält – insbesondere mit einer Personalie.
Im linken Flügel der Grünen wachsen die Vorbehalte gegen eine mögliche Kandidatur von Franziska Brantner für den Parteivorsitz. In einer Schalte des Flügels am Mittwochabend war die Kritik an dem Plan groß, dass mit Brantner eine enge Vertraute von Vizekanzler Robert Habeck einen der zwei Spitzenposten besetzen könnte. Das wurde t-online aus Parteikreisen bestätigt, zunächst hatte der „Spiegel“ berichtet.
Nach dem überraschenden Rückzug der Parteichefs Ricarda Lang und Omid Nouripour am Mittwoch sortiert sich das Kandidatenfeld für die zwei Chefposten. Brantner galt vielen in der Partei bisher als gesetzt. Aus ihrem Realo-Flügel war ihr Name der einzige, der bisher ernsthaft diskutiert wurde. Die zwei Posten an der Spitze werden bei den Grünen meist mit einem Realo und einem Parteilinken besetzt.
Im linken Flügel hat mancher nun allerdings die Sorge, dass sich Habeck die Partei zu stark nach seinen Vorstellungen umbaut. Tatsächlich ist es seit Längerem ein offenes Geheimnis, dass Habeck Brantner als Wahlkampfmanagerin für seine wahrscheinliche Spitzenkandidatur zur Bundestagswahl haben will. Und mancher Realo sieht den engen Draht zwischen Brantner und Habeck als wichtiges Argument für sie.
Brantner hätte dafür ohnehin von ihrem Posten als Parlamentarische Staatssekretärin in Habecks Wirtschaftsministerium in die Bundesgeschäftsstelle der Grünen wechseln müssen. Allerdings wäre zum Beispiel auch der nicht ganz so exponierte Posten der Politischen Bundesgeschäftsführerin infrage gekommen, die qua Amt für Wahlkämpfe verantwortlich ist.
Nach t-online-Informationen halten einige linke Grüne sogar aktiven Widerstand gegen Brantner für denkbar. Die Personalie sei kein Selbstläufer. Ein linker Grüner sagt t-online: „Habeck versucht durchzuzocken, und das löst eine Reaktion aus.“ Der „Spiegel“ zitiert einen anonymen Abgeordneten mit den Worten: „Wenn Franziska kandidiert, wäre die erste Frage, warum Robert nicht gleich selbst antritt und wie sie die Partei wirklich mehr einen kann als die Vorgänger.“ Brantner werde als „Sprachrohr von Robert“ gewertet.
Dass der Frust bei vielen im linken Flügel groß ist, gilt als offenes Geheimnis. Bei der linken Grünen Jugend hat das nun sogar zum Parteiaustritt des gesamten Bundesvorstands geführt. Den Bruch der Akteure mit der Partei kritisieren viele linke Abgeordnete zwar. Allerdings sagte die linke Bundestagsabgeordnete Karoline Otte t-online auch: „Ich verstehe den Frust und den muss die Partei und den muss insbesondere jetzt Robert viel ernster nehmen, als bisher geschehen.“
Dem „Spiegel“ zufolge soll nun zunächst versucht werden, dass der Realo-Flügel eine Alternative präsentiert. Auch eine Kampfkandidatur gegen Brantner auf dem entscheidenden Parteitag Mitte November sei aber möglich, heißt es dort. Eine Kampfkandidatur wollen viele Grüne vermeiden, um die Neuaufstellung nicht mit öffentlichem Streit zu beginnen.
Derweil ist offensichtlich noch nicht ausgemacht, wer für den linken Flügel selbst für den zweiten Chefposten kandidiert. Als aussichtsreichste Kandidaten sind dort bisher der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Andreas Audretsch aus Berlin sowie der Bundestagsabgeordnete und frühere Landeschef von Nordrhein-Westfalen, Felix Banaszak, im Gespräch.
Viele erwarten jedoch, dass sich das Kandidatenfeld rasch klärt. Entscheidend für die Frage, wer vom linken Flügel kandidiert, könnte nach t-online-Informationen schon ein Treffen des linken Flügels an diesem Wochenende sein.