Das genaue Ausmaß ist offen, doch klar ist: Das Hochwasser wird Schäden in Milliardenhöhe hinterlassen. In Berlin ruft deshalb mancher nach einem Aussetzen der Schuldenbremse. Die FDP lehnt das ab.
Zerstörte Häuser, kaputte Autos, ausgelaufene Heizöltanks: Das Jahrhunderthochwasser in Bayern und Baden-Württemberg hat in zahlreichen Städten und Gemeinden schon jetzt extreme Schäden angerichtet. Noch lässt sich das Ausmaß der Katastrophe kaum abschätzen, doch die dramatischen Bilder aus Süddeutschland verheißen nichts Gutes.
Die Wiederaufbauarbeiten dürften sich über Monate hinziehen und in der Summe schnell Milliarden verschlingen. In Berlin diskutiert die Politik darum schon jetzt die Frage: Wer soll das bezahlen? Ist angesichts der schwierigen Haushaltslage überhaupt Geld da für die Opfer der Wassermassen? Und, wenn ja – woher soll es kommen?
Abschließend festlegen wollen sich nur wenige. Bei den Grünen aber mehren sich zumindest die Stimmen, die nun laut über neue Staatsschulden nachdenken, genauer: über ein Aussetzen der Schuldenbremse, die innerhalb der Ampel vor allem die FDP verteidigt.
Grüne: Schuldenbremse für Hochwasseropfer aussetzen
„Die Lage in den Hochwassergebieten ist bedrohlich“, sagte die Grünen-Klimapolitiker Lisa Badum t-online. „Angesichts der erwartbaren Kosten müssen wir bereit sein darüber nachzudenken, mit einer Notlage die Schuldenbremse auszusetzen.“ Auch ihr Fraktionskollege Bruno Hönel, zuständig für Haushaltspolitik, macht sich für eine Lockerung der Schuldenbremse stark, allerdings auf grundsätzliche Art.
„Die Klimakrise nimmt keine Rücksicht auf eine handwerklich schlecht gemachte Schuldenbremse“, sagte er t-online. „Weiterhin zu wenig in Klimaschutz- und Klimaanpassung zu investieren, wird am Ende noch viel teurer. Eine maßvolle Reform der Schuldenbremse für mehr Investitionen, unter anderem in diesen Bereichen, ist daher dringend überfällig.“
Tatsächlich sieht die Schuldenbremse in ihrer aktuellen Form Ausnahmen für Extremwetterereignisse vor. In Artikel 115 des Grundgesetzes, das die Schuldenbremse regelt, heißt es explizit: „Im Falle von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen, können diese Kreditobergrenzen auf Grund eines Beschlusses der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages überschritten werden.“
Wie hoch ist die Schadenssumme?
Übernimmt der Bund also einen Teil der Kosten für den Wiederaufbau und übersteigt diese Summe die Spielräume im Bundeshaushalt, dann kann die Ampelregierung die Notlage erklären und der Bundestag zusätzliche Kredite ermöglichen. Ein Szenario, das angesichts der schwierigen Haushaltslage als nicht ganz unwahrscheinlich gilt.
Die Krux daran: Dafür müsste zunächst einmal abschließend geklärt werden, wie hoch die Schadenssumme ist – ein Prozess, der sich über Monate, womöglich bis zum Herbst hinziehen könnte. Steht der Gesamtbetrag dann fest, müssten die Versicherungen angeben, welchen Anteil davon sie regulieren.
Bei der Summe, die danach noch übrig bleibt, müssten sich Bund und die betroffenen Länder – vor allem Bayern und Baden-Württemberg – einig werden, wer wie viel davon trägt. Abschließend müssten die Kosten wohl noch auf mehrere Jahre verteilt werden, weil die Gelder für die Reparaturen erst nach und nach abfließen dürften.
SPD-Politiker: Bei „Großschadensereignis“ Notlage prüfen
Auch der SPD-Haushaltspolitiker Andreas Schwarz plädiert dafür, zunächst die Schadenssumme zu berechnen. Wie groß das Ausmaß der Zerstörung ist, lasse sich noch nicht sagen, so Schwarz zu t-online. „Wir müssen wohl mit Milliardenschäden rechnen.“ Ob die Kosten aus dem normalen Etat finanziert werden könnten, müsse sich zeigen. „Hier müssen alle mit anpacken: Bund, Länder, Kommunen, Versicherungen.“
Das Wichtigste sei erst mal, den Menschen in den betroffenen Regionen zu signalisieren: „Wir helfen euch“, so der Sozialdemokrat. Egal wie hoch die Schäden am Ende seien, der Bund stehe in der Verantwortung, „seinen Teil dazu beizutragen, die Not vor Ort zu lindern.“ Schwarz sagt aber auch: „Sollte sich herausstellen, dass es sich um ein Großschadensereignis handelt, das nicht über den regulären Haushalt finanziert werden kann, sollten wir auch eine Haushaltsnotlage prüfen.“
