Die Landwirte haben der EU mit ihren Protesten zuletzt Zugeständnisse abgerungen. Die Grünen finden das gefährlich – und fordern grundlegende Reformen.
Die Grünen stellen sich in einem Positionspapier gegen die deutlichen Zugeständnisse, die die EU-Kommission den Landwirten nach den massiven Bauernprotesten gemacht hat. Zudem fordern sie weitreichende Reformen in der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU wie die Abschaffung der flächengebundenen Direktzahlungen.
„Ursula von der Leyen ist mit großen Worten zum Green Deal als Kommissionspräsidentin gestartet“, sagte Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann t-online. Nun sei sie eingeknickt. „Das ist schädlich für unsere Umwelt – und für unsere heimische Landwirtschaft.“ Gesunde Böden und Artenschutz seien die Überlebensversicherung der Landwirtschaft. Umweltstandards zu schleifen, sei kein nachhaltiger Weg.
Die EU-Kommission war den protestierenden Landwirten zuletzt mit diversen Ausnahmen entgegengekommen. So sollen sie zum Beispiel bis 2027 keinen Mindestanteil an Brachland ausweisen müssen. Bei den Vorgaben für den Anbau von Zwischenfrüchten sollen die EU-Staaten mehr Spielraum bekommen, und Betriebe sollen mehr Wiesenflächen in Ackerland umwandeln dürfen.
„Dürfen nicht das Maß sein“
Die Grünen kämpften weiterhin für die „vollständige Umsetzung“ des Green Deal und der Farm-to-Fork-Strategie, heißt es nun im Positionspapier, das die Bundestagsfraktion beschlossen hat und das t-online vorliegt. Einer Abkehr von den Zielen „erteilen wir eine klare Absage“. Es sei „absolut notwendig, die Ziele bei der Pestizid-, Düngemittel- und Antibiotikareduktion konsequent weiterzuverfolgen“.
„Statt Rollback in die 90er-Jahre müssen endlich Antworten auf die wirklichen Probleme der Landwirtschaft her“, sagte die landwirtschaftspolitische Sprecherin Renate Künast t-online. „Interessen einzelner Gruppen dürfen dabei nicht das Maß sein. Ein Beharren auf Maximalforderungen, wie wir es bei den Bauernprotesten gesehen haben, bringt niemanden ans Ziel.“
Die Grünen setzen darauf, die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU für die nächste Förderperiode ab 2027 entsprechend zu reformieren. Dabei geht es um viel Geld: Die GAP ist mit jährlich rund 55 Milliarden Euro der größte Einzelposten im Haushalt der EU, knapp ein Drittel des Gesamtbudgets. Rund 75 Prozent des Geldes geht als Direktzahlungen an Landwirte.
Flächengebundene Direktzahlungen sollen entfallen
Die Höhe dieser Direktzahlungen hängt zum großen Teil von der bewirtschafteten Fläche ab: Je größer der Betrieb, desto mehr Geld gibt es. Die Grünen wollen das nun ändern, und zwar nicht schrittweise, wie diskutiert wird – sondern ab 2027 komplett.
„Die flächengebundenen Direktzahlungen gehören abgeschafft“, sagte Künast. „Nach der Maxime ‚Öffentliches Geld für öffentliche Leistungen‘ muss Landwirtschaft honoriert und motiviert werden, Umwelt und Klima und damit ihre eigenen Betriebsgrundlagen zu schützen.“
Die Betriebe sollen nach Vorstellungen der Grünen mit Leistungen für Klima-, Umwelt- und Tierschutz künftig ihr Einkommen erhöhen können. Der Umstieg auf umweltfreundliche Anbau- und Arbeitsweisen müsse sich für kleine wie für große Höfe lohnen, sagte Fraktionschefin Haßelmann. „Es ist an der Zeit, die Gemeinsame Agrarpolitik zugunsten einer umweltverträglichen Landwirtschaft umzubauen.“
Statt Umweltstandards abzubauen um die Landwirte von Bürokratie zu entlasten, wollen sich die Grünen für eine „klare und einfache Architektur der GAP“ einsetzen, wie es im Positionspapier heißt: „Bürokratie- und verwaltungsarme Lösungen beim Beantragen, Abwickeln, Auszahlen und Kontrollieren der GAP-Gelder haben Priorität und sind unser Ziel.“