London London ist so beliebt bei reichen Russen, dass die britische Hauptstadt den Spitznamen Moskau-an-der-Themse trägt. Seit Jahren nutzen Oligarchen die laxen Geldwäschekontrollen im Königreich, um ihre mitunter unlawful erworbenen Vermögen in Immobilien und andere Investments zu verwandeln. Belohnt werden sie dafür mit einem „goldenen Visum“, das ihnen ein Aufenthaltsrecht in Großbritannien verleiht.
Das soll sich nun ändern. Angesichts des russischen Truppenaufmarschs an der Grenze zur Ukraine will die britische Regierung nun durchgreifen. Sie habe das Investoren-Visa-Programm „mit sofortiger Wirkung“ gestoppt, erklärte Innenministerin Priti Patel am Donnerstag. Der Schritt richte sich gegen „korrupte Eliten, die unsere nationale Sicherheit gefährden und in unseren Städten mit schmutzigem Geld um sich werfen“.
Seit 2008 galt für Ausländer: Wer mindestens zwei Millionen Pfund in Großbritannien investiert, erhält eine Aufenthaltsgenehmigung. Nach fünf Jahren konnte man diese in einen unbefristeten Aufenthaltstitel umwandeln. Wer zehn Millionen Pfund ins Land brachte, konnte die Entfristung sogar schon nach zwei Jahren beantragen.
Laut BBC haben mehr als 2500 russische Staatsbürger ein solches „goldenes Visum“ erhalten. Kritik an dem Programm gab es seit Jahren. Mehrere Untersuchungsberichte des Parlaments kamen zu dem Schluss, dass es der Geldwäsche Vorschub leiste.
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Die Regierung hatte die Vergabekriterien auch schon ein paarmal verschärft – zuletzt nach dem Giftgasanschlag im englischen Salisbury 2018, als russische Geheimagenten versuchten, den dort lebenden Doppelagenten Sergej Skripal und dessen Tochter Julia zu vergiften. Seither mussten ausländische Investoren ein britisches Bankkonto haben und nachweisen, woher ihr Vermögen stammt.
Neuregelung der goldenen Visa steht noch aus
Doch auch danach wurden noch Hunderte Visa vergeben. Vom Geschäft mit den reichen Ausländern profitieren etliche Branchen in London, darunter Banker, Fondsmanager, Makler, Anwälte, PR-Firmen und Privatschulen. Deshalb wird bis heute nicht so genau hingesehen.
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Es bleibt abzuwarten, wie die Neuregelung der Investorenvisa im Element aussehen wird. Laut Patel soll die Visavergabe künftig davon abhängen, ob ein Investor Arbeitsplätze schafft und einen echten ökonomischen Nutzen bringt. Der Kauf einer Immobilie oder eines Aktiendepots in Millionenhöhe soll nicht mehr ausreichen. Neben Russen werden vor allem vermögende Chinesen davon betroffen sein.
Die plötzliche Eile der Regierung ist dem wachsenden Druck in der Ukrainekrise geschuldet. Zwar hat Premierminister Boris Johnson zusammen mit der US-Regierung bisher den schärfsten Ton gegenüber dem Kreml angeschlagen. Doch solange der Vorwurf im Raum stand, dass London die Oligarchen mit offenen Armen empfängt, wirkte die Empörung nicht glaubwürdig.
Nun soll die Beziehung zu Russland grundsätzlich überdacht werden. Alles, was in den vergangenen 30 Jahren im britisch-russischen Verhältnis regular gewesen sei, werde nun auf den Prüfstand gestellt, sagte Verteidigungsstaatssekretär James Heappey der BBC.
Im Parlament wurde die Ankündigung zu den Investorenvisa begrüßt. „Großartige Nachrichten“, twitterte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Tom Tugendhat. Der Konservative zählte zu den schärfsten Kritikern des Visaprogramms.
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