Viele Unfälle mit E-Scootern
„Grobe Attacke auf Fußgänger“: Neue E-Scooter-Regeln geplant
Aktualisiert am 30.07.2024 – 10:49 UhrLesedauer: 3 Min.
Seit mehr als fünf Jahren sind sie erlaubt: E-Scooter. Nun plant die Regierung eine Änderung des Regelwerks. Von einigen Seiten hagelt es jedoch Kritik.
Seit einigen Jahren dürfen E-Scooter im deutschen Straßenverkehr mitfahren. Nun sind neue Regeln geplant, zum Beispiel verpflichtende Blinker an allen Scootern. Das Bundesverkehrsministerium hat dazu einen Entwurf vorgelegt. Bis die neuen Regelungen umgesetzt werden, soll es aber noch dauern.
Das Verkehrsministerium plant einen Entwurf zur Änderung der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung und anderer Vorschriften. Diese Änderungen seien bereits bei der Zulassung von E-Scootern 2019 vorgesehen gewesen.
Konkret geht es um sogenannte verhaltensrechtliche Regelungen – im Kern: Die Regelungen für E-Scooter sollen, wo es möglich ist, denen für den Radverkehr angeglichen werden.
Das bedeutet zum Beispiel: Fahrer von E-Scootern sollen künftig wie Radfahrer bei einer roten Ampel den Grünpfeil nutzen dürfen. Der Entwurf enthält laut Ministerium zudem den Vorschlag, dass die Freigabe von Gehwegen oder Fußgängerzonen mit dem Zusatzzeichen „Radverkehr frei“ auch für E-Scooter gelten soll. Wie bisher sei bei solchen Freigaben Schrittgeschwindigkeit einzuhalten und in besonderem Maße auf den Fußverkehr Rücksicht zu nehmen.
Für diese verhaltensrechtlichen Regelungen sei eine Übergangsfrist von einem Jahr vorgesehen, so das Ministerium. Generell soll die neue Verordnung im April 2025 in Kraft treten, die Regeln zur Angleichung an den Radverkehr aber erst ein Jahr später.
In dieser Übergangsfrist könnten die Kommunen bestimmte Radwege und Fußgängerzonen prüfen. Die zuständigen Behörden vor Ort könnten etwa ein Verbot für Elektrokleinstfahrzeuge auf einzelnen Wegen aussprechen, die für Fußgänger oder Fahrräder freigegeben sind.
Künftig zugelassene E-Scooter sollen zudem verpflichtend mit einem Blinker ausgestattet werden. Dies soll laut Entwurf ab Anfang 2027 gelten. Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat begrüßte diese Änderung. Auf E-Scootern könne das Handzeichen als Signal zum Abbiegen, für das der Lenker nur noch mit einer Hand gehalten werde, zu instabiler Fahrweise führen.
Im vergangenen Jahr hat sich die Zahl der Todesopfer und Verletzten bei E-Scooter-Unfällen verdoppelt. 22 Menschen starben nach Angaben des Statistischen Bundesamts auf Deutschlands Straßen, 2022 waren es elf Tote gewesen.
Insgesamt gab es im Bundesgebiet 9.425 E-Scooter-Unfälle, bei denen Menschen zu Schaden kamen. Das waren 14,1 Prozent mehr als im Jahr davor. Als häufigste Gründe für die Unfälle nannte das Bundesamt die falsche Benutzung der Fahrbahn oder der Gehwege. Fast genauso häufig war das Fahren unter Alkoholeinfluss Grund für den Unfall. Besonders viele Unfälle passieren in Großstädten
Aus Sicht des ADAC bleibt der bisher fehlende Opferschutz bei den neuen Regelungen unberücksichtigt. Bei E-Scootern bestehe bisher aufgrund ihrer Geschwindigkeit von maximal 20 Kilometern pro Stunde keine Gefährdungshaftung, so eine Sprecherin. „Daher muss derjenige, der heute schuldlos durch einen E-Scooter zu Schaden kommt, dem E-Scooter-Fahrer ein persönliches Verschulden nachweisen, um von der Versicherung Schadenersatz zu erhalten.“
Auch beim Fußgänger-Fachverband „Fuss“ lösen die neuen Vorhaben Kritik aus. Der Verband spricht von einer „groben Attacke“ auf die Menschen zu Fuß. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) wolle E-Scooter auf mehr Gehwegen und in mehr Fußgängerzonen zulassen, außerdem wolle er den bisher vorgeschriebenen Mindestabstand zu Fußgängern von 1,5 Metern beim Überholen abschaffen.
Wissing wolle außerdem das Abstell-Chaos verfestigen, indem er das Parkrecht für E-Scooter in der Straßenverkehrsordnung festschreibe. Der Fachverband fordert stattdessen, dass E-Scooter ab Anfang 2026 auf Gehwegen nur noch auf markierten Flächen abgestellt werden dürfen.
TÜV-Verband begrüßt Änderungen
Laut TÜV-Verband sei es vor allem vor dem Hintergrund der steigenden Beliebtheit notwendig, die Sicherheit und Akzeptanz der E-Scooter zu verbessern. Fachbereichsleiter für Fahrzeug und Mobilität, Richard Goebelt, nannte etwa die Einführung der Blinker, eine Verschärfung der Batterieprüfungen oder voneinander unabhängige Vorder- und Hinterradbremsen essenziell, um die Betriebssicherheit der E-Scooter zu steigern.
Länder und Verbände können bis 9. August Stellung zum Entwurf des Verkehrsministeriums nehmen. Auch der Bundesrat muss dann den Änderungen zustimmen.