Die Grünen stressen manchmal, das weiß auch Bundestags-Vize Katrin Göring-Eckardt. Im dpa-Interview widerspricht sie aber dem Vorwurf der Verbotspartei – mit einer Ansage zum Nackensteak.
Vor dem Wahljahr 2024 hat die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt mehr Interesse und Achtung für die Lebenserfahrung der Ostdeutschen angemahnt. „Das Ostdeutsche mehr zu sehen, wünsche ich mir auch von der eigenen Partei“, sagte die Vizepräsidentin des Bundestags in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur. Die Thüringerin fügte hinzu: „Wir haben „89 einmal gezeigt, dass wir die Demokratie erringen können. Und jetzt müssen wir sie verteidigen als Ostdeutsche.“
Die drei ostdeutschen Länder Thüringen, Sachsen und Brandenburg haben nächstes Jahr Landtagswahlen, in allen drei Ländern ist die AfD in Umfragen Nummer eins. Die Werte der Grünen liegen in Thüringen knapp unter der Fünf-Prozent-Hürde, in den beiden anderen Ländern etwas darüber.
Im Osten gebe es durchaus Rückhalt für Bündnis 90/Die Grünen, aber auch viele Anfeindungen, räumte Göring-Eckardt ein. „Ich erkläre mir das damit, dass wir als Partei für Veränderungen stehen, für Fortschritt, für Vielfalt. Ich glaube, das stresst Leute. Nach Pandemie und in Zeiten von Krieg und Krisen sehnen sie sich nach Ruhe.“
„Wer ein Nackensteak will, soll Nackensteak essen“
Den Vorwurf der Verbotspartei wies sie zurück. „Ich will niemandem vorschreiben, was oder wie er isst, was oder wie er spricht“, sagte die 57-Jährige. „Wer ein Nackensteak will, soll Nackensteak essen.“ Aber: „Wenn man die wahren Kosten dafür einigermaßen abbildet, dann ist das eben nicht mehr für unter zwei Euro zu haben. Diese Ehrlichkeit müssen wir gemeinsam aushalten.“
Göring-Eckardt übte scharfe Kritik an der AfD, die ihrerseits oft die Grünen hart angeht. „Die AfD ist kreativ im Erfinden von angeblichen Verboten, die die Grünen wollten“, sagte sie. „Das ist eine Organisation, die gut ist im Neinsagen und Pöbeln. Für die konkreten Sorgen der Leute im Alltag bietet sie selbst nichts. Sie schürt Hass und Hetze.“
Mit Blick auf künftige Wahlen sagte Göring-Eckardt voraus: „Die AfD-Werte kann man auch wieder runterbekommen.“ Entscheidend sei Zutrauen der Ampel-Koalition in sich selbst, Zutrauen der Menschen in die Politik und der Politik in die Menschen. „Ich habe keine Lust aufzugeben, bevor wir das überhaupt angefangen haben. Vor den drei Landtagswahlen in Ostdeutschland geht noch sehr oft die Sonne auf und wieder runter.“
Von acht bis Mitternacht im Bundestag
Göring-Eckardt gestand ein, dass Menschen auf dem Land oder in Kleinstädten sich oft von der Bundespolitik vergessen fühlten. Aber: „Es stimmt nicht, dass Abgeordnete nicht mitkriegen, was los ist“, meinte sie. „Sie halten sich eben gerade nicht nur in Berlin auf, sie sind in ihren Wahlkreisen unterwegs, besuchen Vereine oder Unternehmen. Auch Abgeordnete haben Familie, die Kinder gehen zur Schule, zum Sport, sie kaufen ein.“
Sie verbringe seit Jahrzehnte die meiste Zeit ihres privaten Lebens auf dem Dorf. In Berlin säßen Politiker zwar teils von morgens acht bis Mitternacht in den Gebäuden des Deutschen Bundestages. „Aber die andere Hälfte der Zeit verbringen wir im realen Leben. Gerade dort kriegen wir mit, was funktioniert und was nicht.“