Berlin Volker Wissing drückt aufs Tempo: Noch im ersten Quartal will der Digitalminister eine „umfassende Gigabitstrategie“ vorlegen. Diese soll der „Kompass“ für die Netze der Zukunft sein. „Wir brauchen Glasfaser bis ins Haus – und das auf dem neuesten Stand. Wir brauchen modernsten Mobilfunkstandard, wo Menschen leben und arbeiten oder unterwegs sind“, fordert er.
Es geht nicht mehr um 50 Megabit in der Sekunde für jeden wie noch 2015, als der Bund erste milliardenschwere Förderprogramme auflegte. Es geht auch nicht mehr darum, by way of Software program Daten schneller durchs Kupferkabel der Deutschen Telekom AG zu jagen. Glasfaser soll es sein und damit ein flächendeckendes Turbo-Datennetz mit 1000 Megabit in der Sekunde.
Vergangene Woche luden Wissings Beamte die Branche zu einem ersten Gedankenaustausch ein. Die Unternehmen investieren inzwischen mithilfe von Infrastruktur- und Pensionsfonds mehr als zehn Milliarden Euro professional Jahr in ihre Netze, und doch dauert es, bis jedes Haus im Land angeschlossen ist – für viele Bürgermeister zu lange.
Nun wächst die Sorge, dass der unkoordinierte Ausbau der vergangenen Jahre weitergehen könnte, anstatt das Glasfasernetz wie einen Teppich über das Land auszurollen. Jürgen Grützner, Geschäftsführer beim Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM), formuliert den Wunsch der Branche: „Es geht nicht mehr darum, allen alles zu versprechen, sondern zu erklären, wer wann drankommt.“
Prime-Jobs des Tages
Jetzt die besten Jobs finden und
per E-Mail benachrichtigt werden.
Zwar hatte Minister Wissing bereits erklärt, staatliche Förderung sei nur da nötig, „wo der Nachholbedarf am größten ist und wo die Betreiber keine Wirtschaftlichkeit beim Ausbau sehen“. Er meinte damit sogenannte weiße Flecken auf der Landkarte, Gegenden, in denen es noch keine Anschlüsse mit mindestens 50 Megabit in der Sekunde im Obtain gibt.
Sorge vor unkontrollierter Förderwelle
Doch sorgen sich die Unternehmen vor einer unkontrollierten Förderwelle. Die macht eine neue Regelung der EU-Kommission möglich, die die alte Bundesregierung durchgesetzt hat. Demnach darf ab 2023 der Staat überall dort fördern, wo es keine Internetangebote von mindestens 200 Megabit beim Herunter- wie beim Hochladen gibt – additionally de facto keinen Glasfaseranschluss. Diesen können erst 17,7 Prozent aller Haushalte nutzen.
Das Glasfasernetzt können erst 17,7 Prozent aller Haushalte in Deutschland nutzen.
(Foto: imago photos/Rupert Oberhäuser)
Kommunen könnten bald schon Förderverfahren starten, wenn Unternehmen nicht zeitnah Glasfaser verlegen wollen. Bisher müssen sie angeben, ob sie in den kommenden drei Jahren in dem potenziellen Fördergebiet bauen wollen. Meldet sich niemand, dann schreiben die Kommunen aus. „Dieses Prinzip macht da Sinn, wo es noch weiße Flecken gibt“, sagte Grützner, nicht aber in bereits erschlossenen Gebieten.
Beim Glasfaserausbau sei es richtig, gemäß der Nachfrage auszubauen und dann benachbarte Orte nach und nach zu erschließen. Die investierenden Fonds seien an langfristigen und stabilen Renditen interessiert. Der ländliche Raum sei da attraktiv.
Nicht nur der VATM, auch der Bundesverband Breitbandkommunikation (Breko) und seine Mitgliedsunternehmen haben Ideen entwickelt, um in den kommenden fünf bis sechs Jahren 40 bis 50 Milliarden Euro direkt in den Ausbau zu investieren. Zum Vergleich: Seit 1998 hat die gesamte Branche laut Breko rund 175 Milliarden Euro investiert, um das Kupfernetz zu erhalten und Glasfasernetze auszubauen.
„Wir brauchen nicht noch mehr staatliches Fördergeld, sondern die Rahmenbedingungen, mit denen privat möglichst schnell ins Glasfasernetz investiert werden kann“, sagte Breko-Geschäftsleiter Sven Knapp. „Wir wollen bis 2030 einen großen Teil der Haushalte ans Glasfasernetz anschließen.“
Staatlich geförderten Ausbau begrenzen
VATM wie Breko setzen darauf, den staatlich geförderten Ausbau zu begrenzen. So könnten Gebiete zwischen 200 und 500 Adressen grundsätzlich als wirtschaftlich interessant eingestuft werden und damit für mindestens drei Jahre als nicht förderfähig gelten. Zugleich würden die Unternehmen angeben, wo sie bundesweit in den nächsten zwölf Monaten bauen wollen. Danach könnten sie regelmäßig freiwillig ihre Pläne angeben.
Kristallisieren sich Gebiete heraus, in denen nichts geschieht, dann springt der Staat ein. VATM-Geschäftsführer Grützner rechnet mit „ein bis drei Prozent der Anschlüsse“, die die Unternehmen nur mit Fördergeld erschließen können.
Allein die Daten zu erheben kostet indes Zeit. Der Breko aber argumentiert, dass die bisherigen Verfahren zu viel Zeit in Anspruch genommen hätten. Laut VATM dauert der Ausbau per Förderung zwei bis drei Jahre länger als der auf eigene Rechnung. Künftig könnte es „Voucher“ für Hausbesitzer als mögliches Förderinstrument anstelle der Förderverfahren geben. Dies fordert die Branche schon lange, die Idee findet sich auch im Koalitionsvertrag.
Galten zuletzt noch die Baukapazitäten als Nadelöhr, so scheint dies nicht mehr das Downside zu sein. Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes, sagt: „Wir gehen davon aus, dass alle Aufträge, die auf den Markt kommen, auch umgesetzt werden.“ Er glaubt nicht, dass der Ausbau des Breitbandnetzes an mangelnden Kapazitäten scheitern wird.
Allerdings fordert die Baubranche „qualitativ hochwertigen Breitbandausbau“, anstatt auf „untiefe Legeverfahren“ (Trenching) zu setzen, um Zeit zu sparen. Im Kabelleitungstiefbau setze die Branche rund drei Milliarden Euro im Jahr um und habe die Kapazitäten deutlich erhöht, wie Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer beim Hauptverband der Deutschen Bauindustrie, erklärte.
Zu den Bereichen gehörten aber auch Wasser- und Gasrohre bis hin zur Elektroladeinfrastruktur. Daher forderte er „gerade für Breitband und Elektrolade-Infrastruktur ein Gesamtkonzept“, um Synergien zu nutzen.
Die Internetwirtschaft hält die flächendeckende Glasfaserversorgung für „eine der Grundvoraussetzungen, um den Digitalstandort Deutschland im internationalen Vergleich wettbewerbsfähig zu halten“, wie es Oliver Süme vom Verband Eco nennt. Er fordert „eine einfache, schnelle und unbürokratische Vorgehensweise“. Nur so schaffe „Deutschland den Anschluss an die Spitze bei der Digitalisierung“.
Mehr: Glasfaser-Desaster – Wie schlechte Politik und träge Firmen Deutschlands digitale Zukunft gefährden.