Der Olympia-Start von Imane Khelif spaltet die Boxwelt. Bei der WM wurde sie nach einem nicht bestandenen Geschlechtstest disqualifiziert. Nun siegte sie nach 46 Sekunden. t-online beantwortet die wichtigsten Fragen zu diesem Fall.
Das Wichtigste im Überblick
Aus Paris berichtet Alexander Kohne
Nach echter Freude sah das nicht aus. Imane Khelif wirkte nach ihrem schnellen Sieg im Ring in der olympischen Boxhalle seltsam deplatziert – so als ob ihr der Kampf wie auch das Drumherum gar nicht behagten.
Nach nur 46 Sekunden hatte sie die Auseinandersetzung für sich entschieden, weil ihre Gegnerin, die Italienerin Angela Carini, aufgegeben hatte. Danach war Carini im Ring auf die Knie gesunken und hatte bitterlich geweint. TV-Bilder lassen vermuten, dass sie dabei „Es ist nicht fair“ gemurmelt hat. Einen Handschlag gab es zwischen den Kontrahentinnen ebenfalls nicht.
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Zuvor hatte es eine Kontroverse darüber gegeben, dass Khelif überhaupt beim olympischen Boxturnier antreten darf. Vor einem Jahr bei der Weltmeisterschaft war sie nach einem nicht näher spezifizierten Geschlechtstest disqualifiziert worden, angeblich aufgrund eines erhöhten Testosteronwerts.
Eine Zeitung schrieb, dass Khelif „intersexuell“ sei, also nicht eindeutig männlich oder weiblich eingeordnet werden könne. Seitdem toben rund um die olympische Boxhalle im Nordosten von Paris heftige Diskussionen darüber, ob Khelif zu männlich ist, um bei den Frauen anzutreten. t-online beantwortet die wichtigsten Fragen zu dem Fall.
Die 25-Jährige stammt aus Algerien, ist 1,78 Meter groß und kämpft bei den Olympischen Spielen in der Gewichtsklasse bis 66 Kilogramm. Bereits bei Olympia 2021 in Tokio war Khelif dabei und erreichte dort den fünften Platz.
Sie kämpft seit Jahren bei internationalen Turnieren und hat als Amateurboxerin laut dem Portal „Boxrec“ 37 Kämpfte gewonnen und neun verloren. 2023 stand sie bei der Weltmeisterschaft im Finale, wurde vor diesem allerdings aufgrund eines nicht näher spezifizierten Geschlechtstests disqualifiziert.
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Quelle: Eurosport
In zahlreichen internationalen Medien ist zu lesen, dass sie einen erhöhten Testosteronwert gehabt haben soll. Die „Gazetta dello Sport“ aus Italien schrieb überdies, dass Imane „intersexuell“ sei. Von ihr selbst oder dem Nationalen Olympischen Komitee Algeriens gibt es dazu keine Aussagen.
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Pikant ist die Thematik, weil Imane möglicherweise einen körperlichen Vorteil haben könnte. Mit mehr Testosteron baut der Mensch leichter und schneller Muskeln auf. Wissenschaftliche Studien haben zudem ergaben, dass Männer in der Pubertät beispielsweise eine um 162 Prozent höhere Schlagkraft im Vergleich zu Frauen haben.
Für Gegnerin Carini ist Khelif keine Unbekannte. „Unsere Boxerinnen haben schon vorher gegen sie gekämpft – zum Beispiel bei den Mittelmeerspielen in Algerien“, sagte der italienische Trainer Renzini t-online. Insofern seien sie auf die Algerierin eingestellt gewesen. „Wir kannten sie. Sie ist physisch sehr stark“, ergänzte der Coach.
Zu den eingangs beschriebenen Diskussion wenig. Nach dem Kampf sprach sie mit dem algerischen Fernsehen, ließ Fragen vieler internationaler Medien aber aus. Das algerische Olympische Komitee meldete sich allerdings zu Wort und teilte mit, es „verurteilt aufs Schärfste die bösartigen und unethischen Angriffe, die von einigen ausländischen Medien gegen unsere verdiente Athletin Imane Khelif gerichtet wurden“. Etwaige Kritik an ihrem Start in Paris nannte das Komitee unbegründet.
„Diese auf Lügen basierenden Diffamierungsversuche sind völlig unfair, insbesondere in einem entscheidenden Moment, in dem sie sich auf die Olympischen Spiele, den Höhepunkt ihrer Karriere, vorbereitet“, hieß es in einer Stellungnahme. „Wir stehen alle hinter dir, Imane. Die ganze Nation steht hinter dir und ist stolz auf deine Leistungen.“