Ihr Song „Für immer Frühling“ ist zur Hymne der pro-demokratischen Demonstrationen geworden. Im Interview erzählt die Sängerin Soffie, was hinter dem Text steht.
Tausende gingen in den letzten Wochen gegen Rechtsextremismus auf die Straßen. Mit ihrem Song „Für immer Frühling“, hat Soffie Aspacher den passenden Hit für die Massenbewegung geschrieben. Quasi über Nacht wurde ihr Song dank der sozialen Medien zur Hymne der aktuellen Demokratiebewegung. Auslöser für die Demonstrationen war die Berichterstattung über ein geheimes Netzwerktreffen in Potsdam; zu den Teilnehmern zählten verschiedene Rechtsextreme, Angehörige der erzkonservativen Werteunion und der Rechtsaußenpartei AfD.
Wie blickt die Künstlerin auf den Rechtsruck in Deutschland? Was war die Inspiration für den Song und was werden wir von ihr noch zu erwarten haben? Soffie Aspacher erklärt im Gespräch mit t-online die Hintergründe ihres Songs.
t-online: Frau Aspacher, Ihr Song „Für immer Frühling“ ist zu einem Hit geworden. Wann kam Ihnen die Idee zu dem Text?
Soffie Aspacher: Es gab nicht den einen Moment. Es war eine Vielzahl an Momenten, in denen ich von unserer Welt einfach enttäuscht war. So kam ich zu dem Song.
Was genau enttäuscht Sie?
Ganz generell die gesellschaftliche Stimmung, dass wir uns viel zu wenig zuhören. Aber natürlich auch die politische Situation.
Was meinen Sie mit der politischen Situation?
Meine Toleranz endet eben dort, wo Intoleranz beginnt. Genau hier sehe ich momentan eine massive Gefahr durch die politische Rechte. Wir haben eine unglaublich große Menschenfeindlichkeit in unserer Gesellschaft. Menschen bilden sich Meinungen über Menschen, die sie gar nicht kennen – über Situationen, die sie nie auch nur ansatzweise erlebt haben. In meinen Augen darf das nicht sein. Es ist nicht zu viel verlangt, zu sagen: Keiner darf mehr in einem Boot im Mittelmeer sterben. Denn kein Mensch sitzt in diesen Booten freiwillig.
Was müsste sich ändern?
Wir müssen viel mehr darauf achten, dass wir Menschlichkeit beweisen, Güte walten lassen und aufeinander achtgeben. Hier sind wir alle gefragt.
Und Sie glauben wirklich, dass ein Song das erreichen kann?
Ja – ich hoffe, dazu einen kleinen Beitrag zu leisten. Andere Songs wollen dem Rechtsextremismus den Mittelfinger zeigen – auch das ist gerechtfertigt. Mein Song soll trösten und in den Arm nehmen, nicht aggressiv machen oder anstacheln.
Zur Person
Soffie Aspacher ist 24 Jahre alt. Sie studiert derzeit an der Pop-Akademie in Mannheim. Ursprünglich kommt sie aus der Nähe von Stuttgart. Unter dem Namen Soffie schreibt und performt sie Songs. Ihr Genre lässt sich als eine Mischung aus Indie- und Synth-Pop beschreiben. Ihr Song „Für immer Frühling“ hat auf der Musikplattform Spotify bereits über 3,5 Millionen Aufrufe. Ihre erste EP „Consequences“ veröffentlichte die junge Künstlerin im März 2023.
Glauben Sie dann auch, dass die Demonstrationen die AfD schwächen?
Die Zustimmungswerte der AfD sind zuletzt gesunken – ob das jetzt durch die Demonstrationen kommt oder nicht, es ist ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. Durch die Proteste werden die Menschen gerade aus ihrem Tiefschlaf gerissen – jetzt kann keiner mehr sagen, dass er nichts mitbekommen hat. Die Proteste zeigen die Missstände auf und enttarnen die braune Fratze der AfD, die sie seit Jahren versucht, mit blau zu kaschieren. Es ist an der Zeit, dass alle gemeinsam gegen die AfD aufstehen. Wer jetzt noch schweigt und sitzen bleibt, macht etwas falsch.
„Du nennst es Utopie – ich nenne es Heimat“, ist eine Zeile Ihres Songs. Was bedeutet Heimat für Sie?
Im Unterschied zu der politischen Rechten ist mein Heimatbegriff nicht ausgrenzend. Heimat bedeutet für mich Zuflucht – einen sicheren Hafen zu haben. Genau das, was auch dieser Song für mich ist. Mein Heimatbegriff hat nichts mit Staatsgrenzen zu tun. Wenn ich von „einem Land, in dem für immer Frühling ist“ singe, dann meine ich damit keinen Staat, sondern vielmehr eine Welt ohne Grenzen.
Für diese Sicht auf die Welt erfahren Sie in den sozialen Medien gerade viel Hass. Was macht das mit Ihnen?
Das kommt langsam an mich heran, das kann man gar nicht spurlos an sich vorbeiziehen lassen – ich bin ja auch nur ein Mensch. Aber es war mir klar, dass dieser Hass kommen würde. Nicht nur durch die politische Haltung, die ich in dem Song zeige, sondern auch durch mein Aussehen und Auftreten. Gerade als Frau bekommt man in den sozialen Medien noch mal mehr Hass ab, als wenn ich ein Mann wäre. Aber ich verarbeite das ganz gut bisher und habe genügend Rückhalt bei anderen Menschen – das gibt mir Kraft.