Linksterrorismus
Frühere RAF-Terroristin Klette angeklagt
Aktualisiert am 11.11.2024 – 09:31 UhrLesedauer: 3 Min.
Nun ist es offiziell: Die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen gegen die ehemalige RAF-Terroristin Klette abgeschlossen. Dabei geht es um Überfälle – der 66-Jährigen droht noch mehr.
Gegen die frühere RAF-Terroristin Daniela Klette ist Anklage erhoben worden. Das bestätigte die Staatsanwaltschaft. Der in Haft sitzenden 66-Jährigen wird unter anderem versuchter Mord im Zusammenhang mit 13 Überfällen vorgeworfen. Weiter werfen die Ermittler im niedersächsischen Verden ihr unerlaubten Waffenbesitz sowie versuchten und vollendeten schweren Raub vor. Die Verteidigung hatte die Ermittlungen zuvor kritisiert und auf erhebliche Mängel in der Anklage verwiesen.
Schon seit vielen Jahren ermittelt die Staatsanwaltschaft Verden gegen die 66-Jährige und ihre mutmaßlichen Komplizen Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg. Nach den anderen beiden Verdächtigen wird den Angaben nach weiter gefahndet. Das Trio soll zwischen 1999 und 2016 Geldtransporter und Supermärkte in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein überfallen haben, um ihr Leben im Untergrund zu finanzieren.
Insgesamt sollen sie bei den Taten 2,7 Millionen Euro erbeutet haben. Ihre Opfer bedrohten sie laut Anklage meist mit Schusswaffen oder Elektroschockern. Klette war den Angaben nach meist die Fahrerin des Fluchtautos. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Gegen die Verdächtigen wird auch wegen versuchten Mordes ermittelt, weil bei einem Überfall in Stuhr südlich von Bremen geschossen wurde. Es war die einzige Tat, bei der das Trio laut Anklage keine Beute machte. Die größte Beute machten die drei Verdächtigen im Juni 2016 bei einem Überfall auf einen Geldtransporter im niedersächsischen Cremlingen mit 1,38 Millionen Euro.
Die Ermittler werfen Klette auch Verstöße gegen Waffengesetz und
Kriegswaffenkontrollgesetz vor. Bei ihrer Festnahme am 26. Februar wurden unter anderem eine Kalaschnikow und eine Panzerfaustgranate im Wohnhaus gefunden.
Daniela Klette gehörte der sogenannten dritten Generation der linksextremistischen Roten Armee Fraktion (RAF) an. 1998 erklärte sich die RAF, die mehr als 30 Menschen tötete, für aufgelöst. Die Taten in der Region hatten keinen terroristischen Hintergrund, wie die Ermittler betonen. Das Landgericht Verden muss nun entscheiden, ob die Anklage zugelassen wird.
Die Verteidigung sprach von einer „öffentlichen Vorverurteilung“ ihrer Mandantin und kritisierte die Ermittlungsbehörden. „Die Anklage weist erhebliche Mängel auf“, teilten die Anwälte der dpa am Freitag mit. So ginge aus den Ermittlungsergebnissen kein versuchter Mord bei der Tat in Stuhr hervor, weil nicht gezielt auf den Fahrer des Geldtransporters geschossen worden sei.
Das Landgericht Verden muss nun entscheiden, ob die Anklage zugelassen wird. Wann darüber entschieden werden soll, war zunächst unklar – ebenso wie ein möglicher Ort für den Prozess. Denn: In der 28.000 Einwohner-Stadt Verden fehlt es an passenden Räumlichkeiten. Schon seit Monaten läuft daher die Suche. Die Ermittler gehen von einer großen Anzahl an Nebenklägern, Zeugen und Sachverständigen aus. Außerdem müssen hohe Sicherheitsstandards eingehalten werden.
Ende Februar nahmen Ermittler Klette in Berlin-Kreuzberg fest, wo sie unter falschem Namen lebte. Sie sitzt seit ihrer Festnahme im Frauengefängnis in Vechta. Die Untersuchungshaft wurde bereits einmal verlängert. Klette bestreitet öffentlich, Mordversuche begangen zu haben, und spricht von staatlicher „Denunziation“ und „Medienhetze“.
Bei Durchsuchungen in ihrer Wohnung fanden Polizisten nach eigenen Angaben unter anderem eine Attrappe einer Handgranate, Waffen, Handschelle, Sturmhauben, ein Kilogramm Gold, mehr als 240.000 Euro Bargeld, digitale Medien sowie Fotos. Die Ermittler beschlagnahmten kurz nach Klettes Festnahme auch einen Bauwagen in Berlin-Friedrichshain, wo Garweg unter dem Decknamen Martin gelebt haben soll.
Gegen Klette, Staub und Garweg bestehen auch Haftbefehle wegen des Verdachts der Beteiligung an Terroranschlägen. Die oberste Anklagebehörde in Deutschland, die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe, wirft Klette versuchten Mord in zwei Fällen sowie Mittäterschaft bei Sprengstoffexplosionen bei drei Anschlägen der RAF in der Zeit von Februar 1990 bis März 1993 vor. Die Mitgliedschaft in der terroristischen Vereinigung Rote Armee Fraktion (RAF) an sich ist inzwischen verjährt.
Für die Ermittlungen zu den Terroranschlägen ist die Bundesanwaltschaft zuständig. Zu diesem Komplex wird eine weitere Anklage und damit auch ein weiterer Gerichtsprozess gegen Klette erwartet. Das Verfahren muss getrennt von der Anklage in Verden geführt werden.