Das französische Fintech will vor allem Freiberufler und mittelständische Unternehmen als Kunden gewinnen.
(Foto: Alexis Leclercq Photographie/ Qonto)
Berlin Das französische Banken-Begin-up Qonto setzt sich nach einer erfolgreichen Kapitalrunde ein ehrgeiziges Ziel: „Wir wollen bis 2025 die bevorzugte Finanzlösung für eine Million kleine und mittlere Unternehmenskunden sowie für Begin-ups und Freelancer in Europa sein“, sagte der Deutschlandchef von Qonto, Torben Rabe, dem Handelsblatt.
Der 2017 von Alexandre Prot und Steve Anavi in Paris gegründete digitale Mittelstandsfinanzierer sammelte bei Investoren 486 Millionen Euro ein, womit sich das gesamte Funding bislang auf 622 Millionen Euro beläuft.
Durch das Engagement neuer Investoren wie Tiger World, TCV, Alkeon, Eurazeo, KKR, Perception Companions und Exor Seeds kommt das Unternehmen auf eine Bewertung von 4,4 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Das führende deutsche Fintech, die Berliner Smartphone-Financial institution N26, kommt nach der jüngsten Finanzierungsrunde im vergangenen Oktober auf eine Bewertung von rund neun Milliarden Euro. Zu den Qonto-Bestandsinvestoren zählen Valar, der Fonds von Peter Thiel, Alven, DST World und Tencent.
Während Neo-Banken wie N26 oder Revolut vor allem non-public Kunden im Visier haben, richtet sich Qonto ausschließlich an kleine und mittelständische Unternehmen sowie Selbstständige. Zum Service von Qonto gehören neben dem eigentlichen Bankkonto auch Dienstleistungen wie die Digitalisierung von Belegen für die Buchhaltung und Schnittstellen zu externen Firmen wie Datev, Stripe oder Weltsparen.
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Qonto konkurriert dabei mit traditionellen Bankhäusern, aber auch mit Begin-ups wie der Finleap-Tochter Penta, Moss, Holvi, Kontist, Finom, aber auch dem Deutsche-Financial institution-Ableger Fyrst.
Keine Digitalbank mit Fokus auf Geschäftskunden wird derzeit in Europa höher bewertet. Auf eine Milliardenbewertung in diesem Phase kommt allenfalls noch das dänische Fintech Pleo, das in Deutschland auch mit Firmenkarten und Buchhaltungssoftware wirbt.
Wettbewerb um Mittelständler
Die Anbieter in Deutschland dürften die Kapitalrunde mit großem Interesse verfolgen. Schließlich sind viele digitale Anbieter unterwegs, die den rund 3,5 Millionen Mittelständlern in Deutschland ihre Dienste anbieten.
„Die Neo-Banken für Geschäftskunden haben klar eine Lücke besetzt“, urteilt René Fischer, Accomplice und Experte für Monetary Providers bei der Strategieberatung Oliver Wyman. Bei den etablierten Banken dominiere das Privat- und Firmenkundengeschäft. „Gründer und Selbstständige fallen da häufig durch den Rost, weil das Geschäft schlecht standardisiert werden kann und auch nicht ertragsstark ist.“
Im Vergleich zu den anderen digitalen Anbietern ist Qonto zuletzt stark gewachsen: „Vier Jahre nach dem Begin sind wir die einzige paneuropäische Finanzlösung mit mehr als 220.000 kleinen und mittleren Unternehmenskunden“, sagt Deutschland-Chef Rabe. In den vergangenen beiden Jahren habe man den Kundenstamm europaweit vervierfacht. Noch sei Frankreich der größte Markt, aber „Deutschland ist der am schnellsten wachsende Markt für Qonto“, betont Rabe.
In den kommenden beiden Jahren will Qonto rund 100 Millionen Euro in Deutschland investieren und bis 2023 100 neue Mitarbeiter hierzulande einstellen.
Qonto nennt keine detailliert auf einzelne Länder wie Frankreich, Deutschland, Spanien und Italien heruntergebrochenen Zahlen, bietet jedoch Annäherungswerte: Bis 2025 sollen 75 Prozent der Neukunden aus Ländern außerhalb Frankreichs kommen.
Auch Finleap-Tochter Penta wächst stark
Mehr Transparenz bei ihren Firmenkunden zeigt die Finleap-Tochter Penta. In einem früheren Interview formulierte Vorstandschef Markus Pertlwieser den Anspruch, die führende digitale Neobank für Geschäftskunden in Deutschland zu werden.
Auf Anfrage hieß es nun, dass Penta im abgelaufenen Jahr deutlich gewachsen sei. Im Dezember zählte man mehr als 40.000 kleine und mittlere Unternehmen, Freiberufler und Selbstständige als Kunden. Die letzte kommunizierte Zahl lag bei 30.000 Kunden. Eine Steigerung des Wachstumstempos ist in diesem Jahr geplant.
Penta setzt ähnlich wie Qonto auf eine Plattformstrategie, die Kunden sollen bestmöglich mit Dienstleistungen rund um das Konto versorgt werden – mithilfe von Partnern. Qonto setzt beispielsweise bei Krediten auf das Portal Iwoca, bei Buchhaltungsdiensten auf Datev.
Penta setzt bei festverzinslichen Anlagen neben Raisin DS auch auf die SWK-Financial institution. Festgeld kann von 10.000 Euro bis fünf Millionen Euro für bis zu 0,25 Prozent für bis zu 120 Monate angelegt werden. Ein Dispokredit soll im ersten Quartal 2022 mithilfe der Solarisbank angeboten werden, eine Erweiterung des Kreditangebots für Penta-Kunden soll in nächster Zeit mit einer europäischen Großbank vereinbart werden, so ein Sprecher.
Die Finanzierung ihrer Geschäftskunden ist aus Sicht der Oliver-Wyman-Strategen eine Gretchenfrage für die digitalen Anbieter. „Am Ende des Tages brauchen auch kleinere Unternehmen Finanzierungen. Das Downside haben die Neo-Banken noch nicht gelöst“, sagte Fischer. Aber es müsse gelöst werden, da 50 bis 70 Prozent der Gesamterträge in diesem Kundensegment von Banken Finanzierungserträge seien.
Gute Wachstumschancen sieht Malte Gündling, Principal bei Oliver Wyman, in sektorspezifischen Lösungen. „Wenn Neo-Banken es schaffen, speziell auf Berufsgruppen zugeschnittene Lösungen zu präsentieren, könnte das den Erfolg beschleunigen“, so Gündling.
Investoren sind offensichtlich zuversichtlich. In der vergangenen Kapitalrunde kam Penta auf eine Bewertung von rund 180 Millionen Euro und lag damit unter der Bewertung von Moss, die einen Wert von 225 Millionen Euro für sich in Anspruch nahm. Allerdings ist das eine Momentaufnahme. Eine neue Kapitalrunde hat Pertlwieser für Penta dieses Jahr ins Auge gefasst. Dann soll auch die Internationalisierungsstrategie an Fahrt gewinnen. In puncto Bewertung haben Qonto und Pleo allerdings hohe Hürden gesetzt.
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