Das Fondshaus der Sparkassen ist einer der größten institutionellen Anteilseigner der Allianz. Wie Speich sieht es eine Reihe seiner Kollegen. Ihre Zurückhaltung liegt auch begründet in der weiterhin fehlenden Klarheit zu möglichen Zahlungen bei fehlgeschlagenen Hedgefonds-Strategien in den USA.
Unter dem Motto „Simplicity at Scale“ hatte die Allianz am Freitag ihren Strategieplan bis ins Jahr 2024 präsentiert. Vorstandchef Bäte und weitere Topmanager hatten in einem vierstündigen Programm Unternehmens- und Finanzziele vorgestellt. Es ging um das Potenzial, das die Allianz im Gegensatz zu vielen in der Branche in der Lebensversicherung sieht, um eine verbesserte Kapitaleffizienz, eine kontinuierlich steigende Dividende und weitere Aktienrückkäufe.
Am Aktienmarkt hatten die Ankündigungen den Allianz-Kurs am Freitag zwar zwischenzeitlich zum größten Gewinner im Dax gemacht. „Seit dem letzten Strategieprogramm sind klare Fortschritte erkennbar“, sagt denn auch LBBW-Analyst Werner Schirmer. Als am Nachmittag die Kurse nach schlechten Vorgaben aus den USA bröckelten, blieb aber nur ein schmales Plus übrig.
High-Jobs des Tages
Jetzt die besten Jobs finden und
per E-Mail benachrichtigt werden.
Allianz-Chef Bäte sieht seine lange Zeit florierende Branche derzeit an einem Wendepunkt. „Es gibt künftig Wertschöpfer und Wertzerstörer“, so sein Credo. Dass sein Haus zur ersten Gruppe gehören soll, versteht sich von selbst.
Dazu sollen Wachstum, verbesserte Margen und mehr Kapitaleffizienz beitragen. In den nächsten drei Jahren soll der Gewinn je Aktie in einer Spanne von fünf bis sieben Prozent professional Jahr steigen, die Eigenkapitalrendite soll bei mindestens 13 Prozent und die Solvenzquote – ein Maß für die Stabilität in Krisenzeiten – bei mindestens 180 Prozent liegen.
Lösung bei US-Lebensversicherungen
Gerade beim effizienten Einsatz von Kapital haben viele Branchenvertreter seit Jahren ihre Schwierigkeiten. Speziell in der Lebensversicherung drücken hohe Garantieversprechen aus der Vergangenheit, während in der Kapitalanlage schon länger kaum noch Zinsen zu erzielen sind. Die Allianz präsentierte dazu am Freitag ein Konzept, das sich schon in den vergangenen Wochen abzeichnete.
Für seine US-Lebensversicherungstochter hat der Konzern eine Lösung für ein Portfolio an Altverträgen im Wert von rund 30 Milliarden Euro gefunden. Dabei handelt es sich um keinen Verkauf, stattdessen sichern der Rückversicherer Decision Life und Konzerngesellschaften von Sixth Avenue die Bestände ab, sodass bei der Allianz Kapital in Höhe von 3,6 Milliarden Euro freigesetzt wird.
Mit Decision Re hat die Allianz bereits Ende September in einem ähnlichen Modell bei der Umstrukturierung von Schweizer Lebensversicherungsverträgen zusammengearbeitet. Weitere Transaktionen sollen folgen, kündigte Bäte an: „Wir transformieren die Lebensversicherung in einen ‚Capital gentle‘-Markt.“
Analysten lobten die direkten Folgen für die Kapitalausstattung des Konzerns. Will Hardcastle von der Schweizer Großbank UBS sprach gar von einem „Solvabilitätsboost“, steigt damit doch die Solvenzquote des Konzerns per Ende September auf 216 Prozent von zuvor 207 Prozent. „Das erhöht die Flexibilität des Kapitals“, so Hardcastle.
Bätes offenes Bekenntnis zur Lebensversicherung ist für die Branche untypisch. Dort propagiert man seit Jahren das Potenzial in der Sachversicherung, die Lebensversicherung gilt dagegen vielerorts als eine Mischung aus Altlasten und begrenzten Zukunftschancen. Die Allianz dagegen sieht ihre Rolle mit einer Strategie aus freigesetztem Kapital in Altverträgen und einem weiteren Umbau des Neugeschäfts zu kapitalmarkteffizienten Produkten an der Spitze der Veränderung.
Umbau bei Pimco
Eine wesentliche Rolle soll dabei die hauseigene Vermögensverwaltung um die beiden Töchter Pimco und AGI einnehmen. Die kleinste der drei Allianz-Einheiten hat sich in den vergangenen Jahren zu einem Gewinntreiber gewandelt. Nach starken Zuflüssen verwalten beide Häuser inzwischen die Rekordsumme von mehr als 2,5 Billionen Euro.
In Zukunft sollen bei Pimco, deren Anteil rund 80 Prozent am gesamten Asset-Administration der Allianz ausmacht, rund ein Viertel der Umsätze durch Various Anlagen wie Infrastruktur oder Non-public Fairness erwirtschaftet werden. Die Zeiten, in denen Pimco vor allem als Spezialist für festverzinsliche Wertpapiere bekannt conflict, sind vorbei. Schon heute beträgt deren Anteil am Portfolio nur noch knapp über 40 Prozent.
Auf der Ergebnisseite will der Konzern durch die eingeleiteten Maßnahmen insgesamt zwölf Milliarden Euro bis ins Jahr 2024 erzielen. Würden hier bereits die 3,6 Milliarden Euro an freigesetztem Kapital aus dem US-Lebensversicherungsportfolio hinzugezählt, stünde eine Summe von mehr als 15 Milliarden Euro für interne Transaktionen, Aktienrückkäufe, Dividenden oder möglicherweise einen großen Zukauf zur Verfügung.
Dekabank-Fondsmanager Speich ist überzeugt: „Der versatile Umgang mit überschüssigem Kapital ist erfreulich, insbesondere dann, wenn zusätzliche Ausschüttungen in Type von Sonderdividenden damit verbunden oder bisher nicht mögliche Aktienrückkäufe getätigt werden.“
Dividende soll kontinuierlich steigen
Seit Jahren zählt die Allianz zu den eifrigsten Dividendenzahlern im Land. Nun soll die Ausschüttung je Aktie jedes Jahr um mindestens fünf Prozent wachsen. Wie bisher soll die regelmäßige Ausschüttungsquote 50 Prozent des Gewinns betragen, allerdings bereinigt um außergewöhnliche und unstable Elemente.
„Die angepasste Dividendenpolitik soll wahrscheinlich das Vertrauen des Managements in die Erreichbarkeit der Finanzziele sowie die Stabilität des Geschäftsmodells signalisieren“, sagt DZ-Financial institution-Analyst Thorsten Wenzel. Es scheint ihm aber „ökonomisch wenig sinnvoll, in einem schlechten Geschäftsjahr mit einer Erhöhung der Dividende eine gegenteilige Phantasm zu erwecken“.
Enttäuscht reagierten Finanzexperten, dass es auch in der abschließenden Analystenrunde mit dem Vorstand keine Hinweise auf mögliche Belastungen durch fehlgeschlagene Hedgefonds-Strategien der Tochter AGI in den USA gab. Zahlungen von bis zu sechs Milliarden Euro könnten Schätzungen zufolge auf den Konzern zukommen.
Finanzvorstand Giulio Terzariol wollte Fragen dazu nicht beantworten. Bei früheren Gelegenheiten hatte er bereits auf die Schweigepflicht verwiesen, die die US-Justiz den beteiligten Parteien in diesem Fall auferlegt hat.
Bekannt ist seit Längerem, dass die Anwälte beider Seiten seit Monaten verhandeln, um möglichst eine außergerichtliche Einigung zu erzielen. Allerdings muss dabei eine Lösung mit rund 25 Klägern gefunden werden, was die Verhandlungen erschwert. Solange es in dieser Frage an Transparenz fehle, werde das die Aktienkursentwicklung belasten, meint Fondsmanager Speich.
Mehr: https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/versicherer/allianz-versicherer-mit-hoeheren-gewinnen-und-neuer-strategie-fuer-investoren-gibt-es-allerdings-eine-enttaeuschung-/27847846.html