Für knapp 270 Beschäftigte geht es an dem Standort nicht weiter. Für einen Großteil der Befristeten ist die Zukunft weiter ungewiss.
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Düsseldorf Die Nachfrage nach Elektroautos entwickelt sich bei Volkswagen schwächer als erwartet. Darum baut Deutschlands größter Autobauer nun Stellen ab. Wie das Unternehmen am Donnerstag mitteilte, werden im Werk im sächsischen Zwickau die Verträge von 269 befristeten Beschäftigten nicht verlängert.
Außerdem bleibt die Zukunft von knapp 2000 weiteren Leiharbeitern ungewiss. Über ihre Weiterbeschäftigung werde tranchenweise und je nach Marktlage in den nächsten Wochen und Monaten entschieden. Der Stellenabbau war am Donnerstag bei einer Betriebsversammlung am Standort bekanntgegeben worden.
In Zwickau arbeiten zurzeit knapp 11.000 Beschäftigte für VW. Für den Hochlauf der Elektromobilität hatte der Autokonzern 2700 Menschen befristet eingestellt, 540 von ihnen wurden vor der Sommerpause noch entfristet. Das Werk in Sachsen ist Volkswagens einzige reine Elektroautofabrik. An dem Standort werden die VW-Stromer ID.3, ID.4 und ID.5 sowie der Audi Q4 e-tron und der Cupra Born gebaut.
Flaute bei E-Auto-Käufen: Niedrige Nachfrage wegen gekappter Förderung
Allerdings läuft die Elektrowende derzeit schwächer an als geplant, was sich auch an den Produktionszahlen zeigt. So könnten die Mitarbeiter im Werk eigentlich jährlich etwa 350.000 Fahrzeuge herstellen – tatsächlich waren es 2022 aber nur 218.000. Für dieses Jahr hatte man Konzernkreisen zufolge in Zwickau mit etwa 300.000 Autos geplant.
Als Grund für die niedrige Nachfrage werden neben den hohen Preisen für Elektroautos und Strom auch die weiterhin hohe Inflation und vor allem die gesunkene Elektroförderung ins Feld geführt. „Herr Habeck hat ganze Arbeit geleistet bei der Zerstörung der deutschen Autoindustrie“, sagt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer mit Blick auf das Abschmelzen der Förderprämie dem Handelsblatt. Anfang des Jahres war der Zuschuss bereits gekappt worden: Statt maximal 6000 Euro Förderung gibt es seitdem nur noch maximal 4500 Euro. Seit September hat der Staat außerdem die Elektroauto-Förderung für Gewerbekunden gestrichen.
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Momentan läuft der Betrieb in Sachsen noch auf beiden Montagelinien dreischichtig. Die Schichtverteilung müsse voraussichtlich aber angepasst werden, hieß es von VW am Donnerstag. Zur Debatte steht laut Unternehmenskreisen, eine Schicht in der Produktionshalle des ID.3, ID.4 und Cupra Born zu streichen. Das konkrete Vorgehen werde in den kommenden Tagen mit der Arbeitnehmervertretung abgestimmt.
Dass es einen Stellenabbau geben wird, war bereits zuvor politisch durchgesickert. So sagte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer am Dienstagabend bei einer CDU-Regionalkonferenz in Riesa: „In den nächsten Tagen, vielleicht auch Stunden, werden wir bedauerliche Nachrichten hören.“
Der CDU-Politiker hatte sich bereits am Dienstag zum Stellenabbau in Zwickau geäußert.
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Man sei stolz auf das gewesen, was in Sachsen bei Volkswagen in Sachen Elektromobilität entstanden sei. Jetzt aber müsse man einsehen: „Ganz so erfolgreich ist es am Ende doch nicht. Eine ganze Reihe von Kollegen werden zumindest zeitweise dort erst mal nicht mehr arbeiten können. Das wird diese Leute frustrieren.“
VW-Markenchef Schäfer: Nachfragedelle bei Elektroautos nur ein „Zwischentief“
Im ersten Halbjahr hat Volkswagen nach eigenen Angaben 321.600 Elektroautos verkauft, fast 50 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Allerdings spiegeln die hohen Zulassungszahlen nur bedingt die tatsächliche Marktlage wider, weil VW – wie die gesamte deutsche Autoindustrie – aktuell noch von einem riesigen Auftragsberg zehrt, der sich in Zeiten von Coronakrise und Chipmangel aufgebaut hat.
Die Zahl der neuen Bestellungen ist laut Händler- und Konzernkreisen jedoch zu gering. So lagen die Auftragseingänge für VW-Elektrofahrzeuge demnach im Sommer, als das Handelsblatt bereits über die Problematik berichtet hatte, je nach Modell um 30 bis 70 Prozent unter dem geplanten Niveau. Das Unternehmen wollte die Zahlen damals nicht kommentieren.
VW-Markenchef Thomas Schäfer sagte kürzlich: „Wir gehen davon aus, dass der Elektroauto-Anteil in Europa in den kommenden Jahren deutlich steigen wird.“ Die aktuelle Kaufzurückhaltung sei nur ein „Zwischentief“.
Nicht nur in Sachsen stockt die Elektrowende bei VW. In Emden waren wegen zu geringer Auslastung bereits Ende Juni die Werksferien in der Elektroauto-Fertigung verlängert worden, 300 von insgesamt 1500 befristet Angestellten mussten damals gehen.
Wie es mit den anderen befristet Beschäftigten am Standort weitergeht, hängt wie in Sachsen auch von der Auslastung der Fabrik ab 2024 aus. Das Management sehe sich derzeit noch nicht in der Lage, hierzu genauere Angaben zu machen, aus denen sich Stückzahlen und davon abgeleitet Fahrweisen mit Taktzeiten und Schichten ableiten ließen, heißt es aus Konzernkreisen.
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