Bangkok Indonesien ist mit einem Schock für die globalen Energiemärkte ins neue Jahr gestartet: Der weltgrößte Exporteur von Kraftwerkskohle verkündete, die Lieferungen des Rohstoffs ins Ausland einen Monat lang komplett einzustellen. Als Grund für den plötzlichen Exportstopp nannte die Regierung akute Engpässe bei den lokalen Stromproduzenten und drohende Blackouts in Südostasiens größter Volkswirtschaft.
Wichtige Abnehmerländer reagierten besorgt: „Das plötzliche Exportverbot hat schwerwiegende Auswirkungen auf Japans wirtschaftliche Aktivitäten und das tägliche Leben der Menschen“, beklagte die Botschaft von Japan in einem Temporary an das indonesische Energieministerium. Das Land importiert monatlich rund zwei Millionen Tonnen Kohle aus Indonesien.
Die südkoreanische Regierung rief Energieversorger zu einer Krisensitzung zusammen und verlangte von Indonesien, den Exportstopp unverzüglich aufzuheben – eine Forderung, der sich am Montag auch die Philippinen anschlossen.
Indonesien ist nicht das einzige Exportland, das mit Ausfuhrbeschränkungen auf den Weltmärkten für Unruhe sorgt. Eine Reihe von Schwellenländern hat in den vergangenen Wochen neue Exportverbote und -obergrenzen erlassen: Thailand erlaubt keine Schweineausfuhren mehr, Russland verknappt das Angebot an Weizen, und China bringt Abnehmerländer mit Exportrestriktionen für eine wichtige Chemikalie in Bedrängnis – sowohl in der Landwirtschaft als auch an den Tankstellen.
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Mit den Maßnahmen wollen die jeweiligen Regierungen Probleme durch Preisanstiege für die eigene Bevölkerung abfedern. Doch Ökonomen sehen die Abschottungspolitik als Gefahr für die Weltwirtschaft, die globale Knappheiten noch weiter zu verschärfen droht.
Langfristig drohen Verwerfungen durch die Exportverbote
Exportverbote wie das für Kohle aus Indonesien haben weltweite Folgen: Unmittelbar nach dem Beginn des Kohleexportstopps meldeten Händler in Asien einen sprunghaften Preisanstieg: In China verteuerte sich Kraftwerkskohle am Tag nach der Entscheidung um sechs Prozent.
Die indonesischen Ausfuhrbeschränkungen sind selbst eine indirekte Reaktion auf gestiegene Weltmarktpreise: Eigentlich sind die Bergwerksbetreiber des Landes verpflichtet, ein Viertel ihrer Produktion an einheimische Energieversorger zu verkaufen. Die Regierung in Jakarta hat dafür eine Preisobergrenze von 70 Greenback festgesetzt.
Da die Kohleunternehmen in den vergangenen Monaten auf dem Weltmarkt zeitweise ein Vielfaches verlangen konnten, ignorierten sie diese Verpflichtung in großem Stil: Mehr als 400 Bergbaufirmen verkauften im vergangenen Jahr nach Regierungsangaben gar keine Kohle am lokalen Markt. Die Folge: ein akuter Versorgungsengpass beim staatlichen Energieversorger PLN.
Das Exportverbot konnte dies zunächst lindern: Innerhalb einer Woche bekam PLN Zusagen über quick 14 Millionen Tonnen Kohle – die Menge sichert die Energieproduktion für mehrere Wochen.
„Kurzfristig können Exportverbote aus Sicht der jeweiligen Länder durchaus funktionieren“, sagt Alexander Sandkamp, Experte für Handelspolitik am Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW). „Langfristig drohen aber Verwerfungen sowohl für das Land selbst als auch für die Weltwirtschaft als Ganzes.“
Sandkamp befürchtet einen Teufelskreis: „Wenn die Exportverbote zu Versorgungsproblemen führen, wird es wahrscheinlicher, dass auch andere Länder Ausfuhrbeschränkungen einführen.“
Der Ökonom sieht auch unerwünschte Nebenwirkungen für die Regierungen, die jetzt die Exporte beschränken: Wer Exporteuren von heute auf morgen das Geschäft verbietet, verliere im internationalen Standortwettbewerb an Attraktivität. Gleichzeitig würden Exportbeschränkungen die Anreize für Hersteller verringern, ihre Produktionsmenge auszuweiten. Damit stünden sie einer Lösung der Engpässe im Weg.
Thailand und Russland wollen den Preisanstieg für Nahrungsmittel über Exportstopps begrenzen
Diesen Effekt dürfte Thailand zu spüren bekommen, das derzeit mit stark steigenden Lebensmittelpreisen zu kämpfen hat. Die Bewohner der Hauptstadt Bangkok bekommen die Inflation an den Garküchen am Straßenrand täglich vor Augen geführt: Ein großer Teil von ihnen hat die Preise in den vergangenen Wochen um rund zehn Prozent erhöht – die Händler verweisen darauf, dass sie angesichts der gestiegenen Großhandelspreise keine andere Wahl hätten.
Vor allem der Preis für Schweinefleisch ist stark gestiegen – von umgerechnet knapp vier auf über sechs Euro professional Kilo innerhalb weniger Wochen. Die Regierung in Bangkok verhängte daraufhin Anfang des Monats ein Verbot, lebende Schweine zu exportieren, das für drei Monate gelten soll.
An den Ursachen der Krise ändert dies jedoch nichts: Viele Schweinebauern in dem Land wurden zuletzt aus dem Markt gedrängt, nachdem die Nachfrage wegen des Fernbleibens der Touristen im Zuge der Coronapandemie eingebrochen conflict. Angesichts steigender Kosten für Futtermittel conflict die Zucht für sie nicht länger rentabel. Dass die Regierung nun versucht, die Preise mit Exportrestriktionen zu drücken, dürfte ihre Bereitschaft zum Wiedereinstieg in den Markt nicht gerade steigern.
Beim Versuch, steigenden Lebensmittelpreisen am Heimatmarkt entgegenzuwirken, setzt auch Russland auf Ausfuhrbeschränkungen: Der größte Weizenexporteur der Welt verkündete kurz vor dem Jahreswechsel eine Senkung der Exportobergrenze für das Getreide auf acht Millionen Tonnen, die bis zum Ende des ersten Halbjahres gelten soll.
Chinas Ausfuhrbeschränkungen belasten Bauern und Autofahrer weltweit
Wie schnell sich Exportbeschränkungen zu einem Downside mit globalen Auswirkungen entwickeln können, führte zuletzt China vor. Das Land schränkte im Herbst wegen eines akuten Engpasses die Ausfuhr von synthetisch hergestelltem Harnstoff – einem wichtigen Düngemittel – ein. In Indien etwa, Chinas größtem Harnstoff-Abnehmer, verstärkte die Entscheidung eine Düngemittelkrise, die zu wütenden Protesten von Bauern führte.
Die Verknappung bekamen aber auch Auto- und Lastwagenfahrer zu spüren, die das Abgasreinigungsmittel Adblue – eine Harnstofflösung – nutzen: Die Exportrestriktionen in China, dem weltweit wichtigsten Lieferanten der Chemikalie, führten nicht nur zu höheren Preisen: In Australien warnten Spediteure im Dezember vor einem Stillstand ihrer Fahrzeugflotten, sollte die Adblue-Versorgung nicht wiederhergestellt werden. Eine Sonderlieferung aus Indonesien schaffte am Ende Abhilfe.
Auch in der aktuellen Kohlekrise will Indonesien nun auf seine Abnehmerländer zugehen. Die Regierung in Jakarta stellte nach den Protesten aus Japan, Südkorea und den Philippinen in Aussicht, das Exportverbot vorzeitig graduell aufzuheben. 14 bereits vollständig beladende Schiffe warteten am Mittwoch aber nach wie vor auf die offizielle Genehmigung, ihre Reise antreten zu dürfen.
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