Jüngste Daten deuten darauf hin, dass die Industrie in den USA stärker auf Talfahrt geht.
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New York Der US-Arbeitsmarkt hat sich im März abgekühlt. 236.000 neue Jobs außerhalb der Landwirtschaft kamen hinzu, nach 326.000 im Februar und 472.000 im Januar, wie die Regierung in Washington am Freitag mitteilte. Die Daten entsprachen in etwa den Erwartungen der Ökonomen. Die Nachfrage nach Arbeitskräften in der Gastronomie, sowie in der Reise- und Hotelbranche war weiterhin hoch. Schwächen zeigten sich dagegen in der Produktion und zum ersten Mal auch im Baugewerbe. „Das war bislang eigentlich ein zuverlässiger Sektor für zusätzliches Wachstum “, gab Dan Alpert, Ökonom und Partner der Investmentbank Westwood Capital zu bedenken. Er werde auch durch die umfassenden Investitionspakete der US-Regierung gestützt.
Die Arbeitslosenquote fiel zudem mit 3,5 Prozent etwas niedriger aus als erwartet. Das ist vor allem „auf den leichten Anstiegs der Erwerbsquote zurückzuführen“, wie Olu Sonola, Ökonom der Ratingagentur Fitch erklärte.
Die Entwicklung am Arbeitsmarkt entscheidet neben der Inflation mit darüber, ob die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) ihren Leitzins weiter anheben wird. Frische Inflationsdaten werden am Mittwoch veröffentlicht. Sonola geht nicht davon aus, dass die Arbeitsmarktdaten vom Freitag die Fed von ihrem Kurs abbringen werden. Fed-Chef Jerome Powell hatte zuletzt angedeutet, dass die Zinsen bei der kommenden Sitzung am 3. Mai erneut um 0,25 Prozentpunkte steigen könnten.
Allerdings wollten sich die Notenbanker nach der Pleite der Silicon Valley Bank (SVB) im März alle Optionen offen lassen. Der Rückgang der Jobs im Baugewerbe sei „ein klares Signal dafür, dass der aggressive Zinserhöhungszyklus der Fed nun die Nachfrage nach Arbeitskräften einschränkt, insbesondere in zinssensiblen Sektoren“, betonte Sonola.
Die Fed hat die Zinsen innerhalb eines Jahres von nahe null auf eine Spanne von 4,75 bis 5,00 Prozent rasant nach oben getrieben, um die hohe Inflation einzufangen und den heiß gelaufenen Arbeitsmarkt abzukühlen. Sie will dabei eine sogenannte sanfte Landung der Wirtschaft erreichen, bei der die Ökonomie abkühlt, jedoch nicht in einer Rezession geschickt wird. Jüngste Daten deuten allerdings darauf hin, dass der wichtige Dienstleistungssektor mittlerweile spürbar an Schwung verloren hat und die Industrie stärker auf Talfahrt geht. Dies hat, gepaart mit der Bankenkrise, Rezessionsängste genährt.
Kapitalmarktexperte erwartet weitere Zinserhöhung der Fed
Torsten Slok, Chefökonom der Private-Equity-Firma Apollo, befürchtet, dass es zu einer Kreditklemme kommen könnte. Gerade Regionalbanken, die einen Großteil von Gewerbeimmobilienkredite an den amerikanischen Mittelstand vergeben, seien zuletzt sehr vorsichtig geworden. Die Preise, vor allem bei Büro-Immobilien, sind angesichts der hohen Zinsen und dem anhaltenden Trend zu mehr Heimarbeit, unter Druck geraten, was Banken zusätzlich in Schwierigkeiten bringen könnte.
Kapitalmarktexperte Mohamed El-Erian, der unter anderem die Allianz berät, erwartet Anfang Mai eine weitere Zinserhöhung der Fed. Die Arbeitsmarktdaten seien zwar schwächer, aber insgesamt noch sehr robust, sagte El-Erian im Börsensender Bloomberg TV. Das mache einen weiteren Zinsschritt wahrscheinlicher.
Ähnlich hatte sich zuletzt auch Loretta Mester, Chefin der regionalen Fed in Cleveland, geäußert. Um die Inflation nachhaltig in Richtung des Fed-Zielwerts von 2,0 Prozent zu drücken, müssten die Zinsen dieses Jahr noch „etwas weiter“ in den restriktiven Bereich angehoben werden, der die Wirtschaft bremst. Dazu sei es nötig, dass der geldpolitische Schlüsselsatz über die Fünf-Prozent-Marke steige.
Mit Agenturmaterial
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