Frankfurt, Rom Unicredit hat die Erwartungen im ersten Quartal dieses Jahres deutlich übertroffen: Der Nettogewinn der italienischen Großbank stieg von Januar bis März im Vergleich zum Vorjahr um 653 Prozent auf 2,06 Milliarden Euro, wie das Institut am Mittwoch mitteilte. Die Erträge stiegen um 18,3 Prozent auf 5,93 Milliarden Euro.
Im neunten Quartal in Folge habe die Bank ein „hervorragendes Ergebnis“ erzielt, sagte Bankchef Andrea Orcel. Es liegt auch deutlich über den Schätzungen der Analysten. Laut Bloomberg hatten diese im Schnitt einen Nettogewinn von 1,36 Milliarden Euro erwartet.
Die Hypo-Vereinsbank-Mutter profitierte im ersten Quartal vor allem von einer deutlich geringeren Risikovorsorge und einem starken Zinsergebnis. So stellte das Institut nur noch 93 Millionen Euro für ausfallgefährdete Kredite zurück – nach 1,2 Milliarden Euro im Vorjahresquartal. Der Gewinn hat sich im Vergleich zum Vorjahresquartal fast verzehnfacht. Damals lag er bei gerade mal 274 Millionen Euro – weil die Bank einen Großteil ihres Russlandgeschäfts abschreiben musste. „Unsere Liquidität ist solide, und die Qualität unserer Vermögenswerte ist gut“, betonte Orcel. Bei dem Geldinstitut habe man ein schwieriges makroökonomisches Szenario vorausgesehen und sich mit „verstärkten Verteidigungslinien“ vorbereitet.
Die harte Eigenkapitalquote (CET1) liegt im europäischen Vergleich bei sehr soliden 16,05 Prozent. Das ist ein Zuwachs von 2,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr – auch hier hatten sich Finanzmarktexperten im Vorfeld skeptischer gezeigt.
Bei den Zinseinnahmen profitiert Unicredit indes, wie viele ihrer europäischen Wettbewerber, auch von den steigenden Zinsen. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Einlagezins, den Banken für ihre Einlagen bei der Notenbank erhalten, zuletzt im März dieses Jahres auf 3,0 Prozent angehoben. So stiegen die Zinserträge im Vorjahresvergleich um fast 44 Prozent auf nun 3,3 Milliarden Euro.
Großbank Unicredit erhöht Prognose für 2023
Das Institut erhöhte auch die Prognose für das laufende Jahr: Die Bank erwartet nun einen Nettogewinn von mehr als 6,5 Milliarden Euro. Anfang des Jahres peilte Orcel noch einen Gewinn auf dem Niveau von 2022 an: 5,2 Milliarden Euro.
Von dem Ergebnis sollen auch die Anleger profitieren: Die Bank will in diesem Jahr 5,75 Milliarden Euro an die Aktionäre auszuschütten. 2022 waren es noch 5,25 Milliarden Euro, was bereits ein Anstieg von 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr war.
Die Kernländer Deutschland und Italien schnitten im ersten Quartal dieses Jahres ebenfalls stark ab. Im Heimatmarkt stieg der Nettogewinn der Bank um fast 53 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal auf 956 Millionen Euro. Der Nettogewinn der deutschen Tochter Hypo-Vereinsbank (HVB) legte sogar um fast 80 Prozent auf 513 Millionen Euro zu, die Erträge stiegen um 10,5 Prozent auf 1,5 Milliarden Euro.
Die Mailänder Börse nahm die Nachrichten positiv auf. Die Unicredit-Titel stiegen am Mittwochnachmittag zeitweise um 5,6 Prozent.
Unicredit-CEO Orcel: Aktienrückkäufe statt M&A-Deals
Orcel führt Unicredit nun seit gut zwei Jahren. Der Italiener trat mit dem Versprechen an, die paneuropäische Bankengruppe digitaler, effizienter und größer machen zu wollen. Geplante Zukäufe, wie etwa der der verstaatlichten Krisenbank Monte dei Paschi di Siena, scheiterten aber bislang.
In der Telefonkonferenz zu den Quartalszahlen bremste Orcel beim Thema Zukäufe. Angesichts der erzielten und erwarteten Ergebnisse sehe die Bank „im Rückkauf unserer Aktien auf diesem Niveau viel mehr Wert als in einer M&A-Transaktion“.
Zukäufe müssten immer als ein Instrument zur Wertschöpfung betrachtet werden. Auch wenn es derzeit eine Reihe von Möglichkeiten gäbe: „Wenn wir keine Ziele finden, die diese Bedingungen erfüllen, werden wir weiterhin unsere Aktien kaufen.“
Schon im Handelsblatt-Interview im September vergangenen Jahres erklärte Orcel, wenn er bei Übernahmen die freie Wahl hätte, würde er am liebsten das Geschäft außerhalb Italiens stärken. Die Bankengruppe macht immer noch rund 43 Prozent ihrer Umsätze auf dem Heimatmarkt. Orcel will das Geschäft weiter diversifizieren, noch internationaler machen.
Zukäufe müssten immer als ein Instrument zur Wertschöpfung betrachtet werden.
(Foto: Bloomberg)
Auch das Russlandgeschäft wollte er Anfang 2022 noch ausbauen – der Krieg in der Ukraine war für seine Pläne ein Rückschlag. Noch immer ist die Bank in Russland tätig, hat aber ihre Aktivitäten zurückgefahren. Das Gesamtengagement beläuft sich aktuell auf fünf Milliarden Euro, zum Ende vergangenen Jahres betrug es noch 5,3 Milliarden Euro und vor Beginn des Ukrainekriegs 7,4 Milliarden Euro.
Die Analysten bewerten die Ergebnisse durchweg positiv. Citi schreibt, dass Unicredit „eine der besten Bankaktien in Europa seit Jahresbeginn ist“. Man erwarte, dass sich diese Outperformance fortsetzen werde, auch aufgrund der „höheren Kapitalrendite und der immer noch niedrigen Bewertung“. Die UBS bleibt ebenfalls bei ihrer Kaufempfehlung. Die Zahlen seien „ein weiterer Beweis der Stärke“ der Bank, deren Quartalsgewinn 60 Prozent über den Schätzungen der UBS-Experten liegt.
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