Noch trägt das Geschäft des Discounters den allergrößten Teil zum Umsatz der Schwarz Gruppe bei.
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Düsseldorf In einem schwierigen Umfeld hat es die Schwarz-Gruppe geschafft, ihr Wachstumstempo deutlich zu steigern. Im Geschäftsjahr 2022/23 wuchs der Umsatz des viertgrößten Handelskonzerns der Welt um 15,4 Prozent auf 154,1 Milliarden Euro. Im Jahr zuvor war das Unternehmen, zu dem die Handelsketten Lidl und Kaufland gehören, nur um 6,6 Prozent gewachsen.
Damit scheint sich der Umbau auszuzahlen, den Schwarz-Chef Gerd Chrzanowski dem Unternehmen verordnet hat. Das Geschäftsjahr (Bilanzstichtag: 28. Februar) war das erste, das er komplett zu verantworten hat. Er war Ende 2021 an die Spitze gelangt, nachdem er einen Machtkampf gegen den langjährigen Patriarchen Klaus Gehrig gewonnen hatte.
Alle Sparten, sowohl im Kerngeschäft Discount wie auch in neu zugekauften Geschäftsfeldern, sind im abgelaufenen Jahr zweistellig gewachsen.
Dabei half auch die Inflation, die die Verkaufspreise in die Höhe trieb. Sorgen macht jedoch die Profitabilität im Handelsgeschäft, die jahrelang mit Milliardengewinnen die Investitionen finanziert hatte.
Die größten Wachstumsraten verzeichneten dabei die hinzugekommenen Geschäftsfelder, die Chrzanowski außerhalb des reinen Handelsgeschäfts ausbauen möchte. Mit einem Entsorgungsunternehmen und dem Ausbau der eigenen Lebensmittelproduktion will die Schwarz-Gruppe künftig den gesamten Wertschöpfungskreislauf abdecken.
Gewinn ist bei Lidl und Kaufland ein Geheimnis
Genaue Angaben zum Gewinn macht das Familienunternehmen zwar nicht. Inhaber Dieter Schwarz ist da genauso zurückhaltend und öffentlichkeitsscheu wie die Albrecht-Brüder, die mit ihren Aldi-Läden sein Vorbild beim Aufbau seines Handelsimperiums waren.
Doch zwischen den Zeilen kann man lesen, dass das Jahr eine echte Herausforderung war. Trotz der hohen Wachstumsraten bezeichnet die Schwarz-Gruppe den Jahresabschluss in einer Mitteilung zurückhaltend als „stabil“. Zudem räumt das Unternehmen ein, dass „Kostensteigerungen bei Handelswaren, Rohstoffen, Energie und Transport durch effizientes Prozessmanagement nur zum Teil aufgefangen werden konnten und nicht in vollem Umfang an die Kunden weitergegeben wurden“.
Das heißt: Um im harten Kampf um die Kunden weiterhin gute Preise bieten zu können, haben Lidl und Kaufland auf Marge verzichtet. „Wir tun alles, um die Inflation bei Lebensmitteln so niedrig wie möglich zu halten“, hatte es Lidl-Deutschlandchef Christian Härtnagel jüngst im Handelsblatt-Interview vorsichtig umschrieben und ergänzt: „Die Zeiten sind für alle herausfordernd.“
Im Vorjahr hatte Lidl noch einen Gewinn gemacht, der in der Nähe von drei Milliarden Euro gelegen haben dürfte. Allein das Auslandsgeschäft, das in der Lidl Stiftung & Co. KG gebündelt ist, warf 2021/22 nach Zahlen aus dem elektronischen Bundesanzeiger einen Jahresüberschuss von 2,138 Milliarden Euro ab. Hinzu kam dann der Gewinn aus dem Heimatmarkt. Diese Höhe dürfte der Gewinn für das abgelaufene Geschäftsjahr Unternehmenskreisen zufolge bei Weitem nicht mehr erreicht haben.
Auch Konkurrenz leidet unter sinkenden Gewinnen
Die Konkurrenz steht nicht besser da. Beim Rewe-Konzern lag der Jahresüberschuss um 33,4 Prozent unter dem Vorjahreswert. Auch Edeka hat eingeräumt, dass der Gewinn deutlich geschrumpft ist. Und der Lidl-Rivale Aldi Nord hat Unternehmenskreisen zufolge im vergangenen Jahr sogar einen Verlust gemacht.
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Den Gewinn aus dem Discountgeschäft aber braucht die Schwarz-Gruppe dringend, um die Investitionen in neue Geschäftsfelder zu finanzieren, mit denen Konzernchef Chrzanowski das Unternehmen fit für die Zukunft machen will. So wurden im vergangenen Jahr erneut rund acht Milliarden Euro in strategische Projekte investiert, darunter der Ausbau der eigenen Produktion und der IT-Infrastruktur.
Im Umsatz konnte auch die Discountsparte deutlich zulegen. So wuchs der Filialumsatz von Lidl weltweit um 13,8 Prozent auf 114,8 Milliarden Euro, der von Kaufland sogar um 16,1 Prozent auf 31,8 Milliarden Euro. Dabei profitierte Kaufland jedoch von der Integration von rund 100 Märkten von Real, die alleine für ein Umsatzvolumen von rund zwei Milliarden Euro stehen dürften. Dazu kommen noch Onlineumsätze unter Lidl und Kaufland von 1,9 Milliarden Euro.
Eigene Cloudsparte macht Amazon und Microsoft Konkurrenz
Beispielhaft für die neuen Geschäftsfelder: Die Umweltsparte Prezero hat im vergangenen Jahr den Umsatz auch durch Zukäufe um 84,7 Prozent auf 3,9 Milliarden Euro gesteigert. Schwarz ist damit einer der größten Entsorger in Europa.
Mit Übernahmen hat die Gruppe auch ihre Eigenproduktion ausgebaut. So hat sie 2022 unter anderem eine Nudelfabrik und ein Papierwerk gekauft. Nach internen Verrechnungspreisen macht die Schwarz-Produktion mit Lidl und Kaufland jetzt schon einen Umsatz von 3,4 Milliarden Euro – 29,7 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Marktführer Oetker meldete für Deutschland zuletzt einen Umsatz von 3,58 Milliarden Euro.
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Massiv investiert Schwarz auch in den IT-Bereich. So hat das Unternehmen eine eigene Cloud-Infrastruktur unter dem Namen Stackit aufgebaut. Die will es auch anderen deutschen Mittelständlern anbieten, die eine Alternative zu US-Anbietern wie Amazon oder Microsoft suchen. Außerdem hat die Gruppe das Cybersecurity-Unternehmen XM Cyber gekauft, das Firmen gegen Hacker-Angriffe absichert.
Die Schwarz-Gruppe bezeichnet ihre IT-Aktivitäten als „zentrale Innovationstreiber“. Und bald könnten sie bei der Transformation des Unternehmens das nächste Standbein werden, mit dem Chrzanowski das Familienunternehmen weniger abhängig vom Discountgeschäft macht.
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