Erste Reaktionen der betroffenen Branchen auf den Vorschlag des Ministeriums für einen Brückenstrompreis fielen positiv aus.
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Berlin Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will Industriebranchen wie Chemie, Stahl, Metall, Glas oder Papier mit einem „Brückenstrompreis“ helfen. Er soll eine Höhe von sechs Cent je Kilowattstunde haben. Der subventionierte Strompreis soll bis 2030 gelten. Das Wirtschaftsministerium legte am Freitag ein entsprechendes Konzept vor.
Der Empfängerkreis werde klar begrenzt: „Vom Brückenstrompreis sollten ausschließlich energieintensive Industrieunternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen, inklusive neuer Transformationsindustrien, profitieren“. Das Konzept nimmt dabei Bezug auf die Besondere Ausgleichsregelung (BesAR) des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG).
Damit gebe es ein „langjährig erprobtes und europäisch abgestimmtes Modell“, das von verschiedenen Regierungen in der Vergangenheit kontinuierlich weiterentwickelt worden sei und die betroffenen Branchen am besten erfasse.
Die BesAR reduzierte für Industrieunternehmen die EEG-Umlage. Voraussetzung war, dass die Unternehmen eine bestimmte Energiekostenintensität und eine hohe Handelsintensität nachweisen konnten. Von der BesAR wurde eine Strommenge von rund 150 Terawattstunden (TWh) erfasst. Das entspricht mehr als einem Viertel des gesamten Stromverbrauchs in Deutschland. Die EEG-Umlage wird seit dem 1. Juli 2022 nicht mehr erhoben. Darum gibt es auch die BesAR nicht mehr.
Weiter heißt es in dem Konzept, es müssten Sparanreize erhalten bleiben. Darum soll der Brückenstrompreis nur auf 80 Prozent des Verbrauchs Anwendung finden.
Habeck plant Industriestrompreis: Unternehmen müssen Standortgarantien abgeben
Unternehmen, die den Brückenstrompreis in Anspruch nehmen wollen, sollen den Vorstellungen des Ministeriums zufolge eine „Transformationsverpflichtung“ eingehen, bis 2045 Klimaneutralität zu erreichen. Außerdem soll die Subvention an eine Tariftreuepflicht sowie an eine Standortgarantie gekoppelt werden.
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Das Wirtschaftsministerium fordert, den Brückenstrompreis aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds zu finanzieren. Der Finanzbedarf bis 2030 wird in dem Papier mit 25 bis 30 Milliarden Euro beziffert. Der Koalitionspartner FDP lehnt dies allerdings ab. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte erst vor wenigen Tagen in einem Gastbeitrag für das Handelsblatt unterstrichen, die Finanzierung über den Wirtschaftsstabilisierungsfonds komme für ihn nicht in Betracht.
Betroffene Branchen begrüßen Habecks Vorschlag
Erste Reaktionen der betroffenen Branchen auf den Vorschlag des Ministeriums für einen Brückenstrompreis fielen positiv aus. „Wir als Stahlindustrie befinden uns mitten in der Transformation zur Klimaneutralität. In dieser Phase der Vulnerabilität brauchen die Unternehmen Unterstützung“, sagte Kerstin Maria Rippel, Hauptgeschäftsführerin Wirtschaftsvereinigung Stahl, dem Handelsblatt.
Auch wenn am Ende eine marktwirtschaftliche und förderfreie Lösung stehen müsse, sei für die Übergangszeit als Brückenlösung ein Transformationsstrompreis dringend notwendig. „Ein Konzept, das hier eine beihilferechtlich machbare Lösung vorsieht, begrüßen wir als Diskussionsgrundlage ausdrücklich“, sagte sie.
Der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Peter Adrian, reagierte mit Skepsis auf das vorgelegte Konzept. „Viele Betriebe unterschiedlicher Größen und Branchen leiden unter den hohen Strompreisen. Wir brauchen daher für dieses sehr ernste Thema ein gut austariertes Gesamtkonzept und keinen Schnellschuss“, sagte Adrian dem Handelsblatt.
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