Thyssen-Krupp plant den Börsengang der Wasserstoff-Tochter Nucera für diesen Freitag.
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Frankfurt Thyssen-Krupp Nucera ist mit Kursgewinnen in den Handel gestartet. Die Nucera-Aktie eröffnete am Morgen bei 20,20 Euro und stieg dann bis zum frühen Nachmittag auf bis zu 24,68 Euro. Den Handelstag beendeten die Papiere des Unternehmens mit einem Plus von 15,8 Prozent bei 23,52 Euro. Ausgegeben wurden die Aktien für 20 Euro das Stück. Die Wasserstoff-Tochter des Industriekonzerns Thyssen-Krupp wurde bei dem Deal mit 2,53 Milliarden Euro bewertet.
Es ist die erste Neuemission an der Frankfurter Börse seit Februar. Die Einnahmen aus dem Börsengang summieren sich auf rund 605 Millionen Euro, einschließlich Mehrzuteilungsoption, wovon 526 Millionen Euro Nucera direkt zufließen sollen. Das Unternehmen will das Geld dafür nutzen, das Geschäft mit der Technologie zur Herstellung von Wasserstoff auszubauen.
Zuletzt hatten Investoren mit vielen Neuemissionen Geld verloren, zudem stehen die Kurse von vielen Wasserstoffunternehmen gegenwärtig unter Druck. So haben Papiere von Unternehmen wie der französischen Haffner Energy, der norwegischen Nel Asa, der britischen ITM Power und der amerikanischen Plug Power zwischen 20 und 75 Prozent nachgegeben. Ausnahme ist der italienische Nucera-Anteilseigner De Nora, dessen Papiere im vergangenen Jahr um die Hälfte gestiegen sind.
Thyssen-Krupps Vorstandsvorsitzender Miguel Ángel López Borrego schwärmte bei der Börsenzeremonie mit dem traditionellen Läuten der Glocke beim Erscheinen des ersten Kurses davon, dass der Nucera-IPO mit dem Moment der Mondlandung verglichen werden könne.
Für Thyssen-Krupp sei es der erste Börsengang einer Tochterfirma. „Vor ein paar Jahren war die heutige Nucera eine verzauberte Prinzessin. Heute ist es ein Multi-Milliarden-Geschäft. Die verzauberte Prinzessin ist zum Einhorn geworden“, sagt er. Als Einhörner werden Firmen mit einer Bewertung von mehr als einer Milliarde bezeichnet.
Nucera profitierte von einem guten Marktumfeld. Der Dax hatte nach Rekorden im Juni zwar etwas nachgegeben. Die Volatilität liegt aber weiter unter dem Indexwert von 20. Ab 25 gelten Börsengänge als Herausforderung.
Nucera-Finanzvorstand Arno Pfannschmidt sagte dem Handelsblatt, die Nachfrage nach den Aktien sei höher gewesen, als das Unternehmen bedienen konnte. Dazu habe auch beigetragen, dass mit dem saudischen Staatsfonds Public Investment Fund (PIF), der sechs Prozent der Aktien übernimmt, und dem Paribas Energy Transition Fund mit 3,5 Prozent zwei Cornerstone-Investoren gefunden worden seien, die Stabilität geben.
Thyssen-Krupp will Mehrheit an Nucera behalten
Vor allem die lange Erfahrung im Bau von Chlor-Alkali-Elektrolyseanlagen schaffe Vertrauen für das Elektrolysegeschäft mit Wasserstoff, so Pfannschmidt. Weltweit habe Nucera bereits mehr als 600 der Anlagen installiert. Das hergestellte Chlor wird zum Beispiel für die Reinigung von Trinkwasser genutzt oder als Basisstoff für Chemieunternehmen.
Thyssen-Krupp hat seine Beteiligung im Zuge des Börsengangs auf 50,2 Prozent reduziert. Davor hielt Thyssen-Krupp 66 Prozent der Anteile an Nucera, während die übrigen 34 Prozent beim italienischen Partner De Nora lagen. 24 Prozent sind nun in Streubesitz.
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Die Wasserstofftochter entwickelt Technologie für Elektrolyseanlagen, mit denen grüner Wasserstoff im industriellen Maßstab hergestellt werden kann. Der Fokus des Geschäfts von Nucera liegt aktuell auf Europa und Nordamerika. Durch die massive Förderung im Zuge des Inflation Reduction Act (IRA) seien die Wachstumschancen gerade in den USA besonders gut, gibt das Unternehmen an.
Thyssen-Krupp plant den Börsengang der Wasserstoff-Tochter Nucera für diesen Freitag.
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Eigentlich hatte Thyssen-Krupp das Tochterunternehmen bereits im vergangenen Jahr an die Börse bringen wollen. Wegen der volatilen Marktbedingungen hatte der Konzern dann aber zunächst einen Rückzieher gemacht.
In der gegenwärtigen Situation wären die hohen Investitionen, die Nucera in den kommenden Jahren tätigen will, für den Konzern allein nicht zu schultern gewesen. Denn um sich international gegen Wettbewerber zu behaupten, muss Nucera expandieren: Für Forschung und Entwicklung erwartet die Wasserstofftochter hohe Aufwendungen. So sollen bis 2026 zwischen 150 und 250 Millionen Euro in Forschung und ein ähnlich hoher Betrag in weitere Investitionen gesteckt werden – insgesamt werden dafür rund 500 Millionen Euro gebraucht.
Nucera-Börsengang: Nur wenige Neuemissionen in Deutschland
Der Börsengang von Thyssen-Krupp Nucera ist der zweite größere Börsengang in diesem Jahr in Deutschland. Das Debüt des Internetdienstleisters Ionos floppte allerdings im Frühjahr.
Investoren sind bei Neuemissionen weiterhin zurückhaltend. Für den Sommer sind in Deutschland keine weiteren Deals in Planung. Für den Herbst erwarten Banker eine Handvoll IPOs, etwa die von Glasverpackungshersteller Schott Pharma oder vom Panzergetriebehersteller Renk. Zudem hat der deutsche Sandalenhersteller Birkenstock Vorbereitungen für einen Börsengang in den USA gestartet.
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