Das Geldhaus hat für die Untersuchung, die intern den Namen „Project Teal“ trägt, ein große britische Anwaltskanzlei beauftragt.
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Frankfurt Einige Investmentbanker der Deutschen Bank haben beim Verkauf von komplexen Derivaten an spanische Mittelständler unaufrichtig und in böser Absicht gehandelt. Das geht nach Handelsblatt-Informationen aus einer internen Untersuchung der Geschäfte hervor, die 2019 durch den Hinweis eines Whistleblowers angestoßen wurde. Bei der Überprüfung seien zudem Mängel in den Kontrollsystemen moniert worden.
Im Zentrum der Untersuchung stand Finanzkreisen zufolge ein Londoner Desk der Investmentbank, der für Produkte zur Absicherung von Währungsrisiken zuständig war. Dort tätige Mitarbeiter haben den Prüfern zufolge an spanische Mittelständler komplexe Derivate verkauft und diese dabei als sicher und billig angepriesen. In Wahrheit seien die Produkte, mit denen die Deutsche Bank hohe Gewinne eingefahren habe, jedoch riskant gewesen. Einigen Kunden brockten sie hohe Verluste ein.
An den Geschäften war Finanzkreisen zufolge ein kleiner Kreis von Mitarbeitern beteiligt. Weniger als ein Dutzend Beschäftigte sei inzwischen sanktioniert worden, sagte eine mit dem Thema vertraute Person. Der kleinere Teil davon sei wegen aktiven und bewussten Fehlverhaltens belangt worden, der größere Teil wegen der mangelhaften Überwachung von Mitarbeitern. Zu den Sanktionen zähle unter anderem die Kürzung der variablen Vergütung.
Für die Untersuchung, die intern den Namen „Project Teal“ trägt, hat die Deutsche Bank eine große britische Anwaltskanzlei beauftragt. Diese hat nach dem Hinweis des Whistleblowers auch untersucht, ob es in anderen Bereichen der Deutschen Bank ähnliche Vorfälle gab. Finanzkreisen zufolge wurden die Prüfer dabei nicht fündig, sie stellten jedoch auch in anderen Abteilungen Defizite bei den Kontrollen fest.
Die Untersuchung, über deren Ergebnisse zuerst die „Financial Times“ („FT“) berichtet hatte, nähert sich Finanzkreisen zufolge dem Ende. Die Aufarbeitung der Geschäfte sei im Prinzip abgeschlossen. Die Umsetzung der Konsequenzen, die das Institut aus dem Fall ziehe – beispielsweise eine Verbesserung seiner Kontrollen – laufe jedoch noch.
Deutsche Bank hat einige Kunden entschädigt
Die Deutsche Bank erklärte, sie habe Teile des „Vertriebs von strukturierten Devisenderivaten überprüft und angemessene Maßnahmen ergriffen. Wie wir und unsere Aufsichtsbehörden es von uns erwarten, verbessern wir unsere Prozesse und verstärken unsere Kontrollen.“ Zu den Einzelheiten könne sich die Bank nicht äußern.
Die europäische Wertpapierrichtlinie Mifid zwingt Geldhäuser dazu, ihre Kunden je nach ihrer Expertise in unterschiedliche Risikokategorien einzusortieren. Von dieser Einstufung hängt ab, welche Produkte an diesen Kunden verkauft werden dürfen. Je unerfahrener ein Kunde ist, desto einfacher und verständlicher müssen die Produkte sein.
Bei einigen Firmen hat sich die Deutsche Bank an diese Regeln offenbar nicht gehalten und sie inzwischen entschädigt. Dem Weinhändler J. García-Carrión zahlte das Institut laut „FT“ beispielsweise mehr als zehn Millionen Euro, um Verluste durch Devisenderivate auszugleichen.
Gegen eine Klage der spanischen Hotelgruppe Palladium, die das Institut wegen Verlusten mit Währungsderivaten auf 500 Millionen Euro Schadenersatz verklagt hat, wehrt sich die Deutsche Bank dagegen. Sie ist der Ansicht, Palladium habe umfassende Erfahrung mit Derivaten und die damit verbundenen Risiken somit einschätzen können.
Schwache Kontrollsysteme sind ein Dauerthema
Deutschlands größtes Geldhaus hat in den vergangenen Jahren aufgrund von Skandalen und schwachen Kontrollsystemen immer wieder für Schlagzeilen gesorgt. 2022 wurde die Bank wegen zu spät gemeldeter Geldwäscheverdachtsfälle zu einer Geldbuße von sieben Millionen Euro verdonnert. Das Institut hatte unter anderem eine von ihr durchgeleitete Zahlung aus dem familiären Umfeld des syrischen Diktators Baschar al-Assad nicht gemeldet.
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Weil die Bank die Greenwashing-Vorwürfe bei ihrer Fondstochter DWS zu spät meldete, hat sie außerdem Ärger mit der amerikanischen Finanzaufsicht. Aufsichtsratschef Alexander Wynaendts will in den kommenden Jahren deshalb einen Schwerpunkt auf die Stärkung der Kontrollsysteme legen.
„Der Vorstand hat bei den Zahlen immer geliefert, und das ist wichtig“, sagte Wynaendts kürzlich im Gespräch mit dem Handelsblatt. „Bei unseren internen Kontrollen und der Behebung von Schwachstellen müssen wir dagegen weiter hart arbeiten, um uns zu verbessern und alle Anforderungen der Aufsichtsbehörden zu erfüllen. Die Bank hat Fortschritte gemacht, aber es bleibt noch viel zu tun.“
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