Trotz guter Zahlen hatte der Hersteller wie die gesamte Branche mit einigen Problemen in der Lieferkette zu kämpfen.
(Foto: imago images/Manfred Segerer)
Wiesbaden Krieg und Inflation zum Trotz – 2022 wurde weltweit mehr Schaumwein getrunken. Besonders gefragt war dabei spanischer Cava. Von diesem Trend profitierte auch der weltgrößte Schaumweinhersteller Henkell-Freixenet.
Seit dem Einstieg beim spanischen Cava-Produzenten Freixenet vor fünf Jahren ist die Wiesbadener Sektkellerei zum größten Schaumweinhersteller der Welt aufgestiegen. „Freixenet ist die meistverkaufte Schaumweinmarke überhaupt“, sagte Andreas Brokemper, Vorsitzender der Geschäftsführung von Henkell Freixenet, am Mittwoch bei der Vorstellung der Jahreszahlen.
So fuhr das Unternehmen 2022 mit 1,18 Milliarden Euro einen neuen Umsatzrekord ein – nach Abzug von Sekt- und Branntweinsteuer. Das ist ein Plus von 8,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Wachstumstreiber waren Premiummarken und das Geschäft in Amerika. Dort stieg der Umsatz um fast 30 Prozent auf 216 Millionen Euro und überholte erstmals den in Osteuropa.
Oetker spaltete das Sektgeschäft ab von Pizza und Bier
„Insbesondere seit der Übernahme von Freixenet ist Henkell sehr gut für den Markt gerüstet. Die internationalen Vertriebswege haben sich ergänzt“, konstatiert Branchenexperte Clemens Gerke, Chefredakteur des Fachmagazins „Weinwirtschaft“. So konnten die Wiesbadener im Inflationsjahr 2022 ihre Spitzenposition am Weltmarkt weiter leicht ausbauen. Der Marktanteil beträgt nun 9,5 Prozent, wie der Marktforscher IWSR ermittelte.
„Unser Wachstum fußt nicht nur auf Preiserhöhungen und günstigeren Wechselkursen, auch unser Absatz ist gestiegen“, stellt Brokemper klar. Zu Gewinnen äußert sich das Familienunternehmen mit 3650 Beschäftigten traditionell nicht.
Die Sekt-, Wein- und Spirituosenfirma ist das größte Unternehmen der Geschwister Oetker Beteiligungen KG. Im November hatten sich die drei jüngsten Oetker-Geschwister nach jahrelangen Querelen vom Stammhaus in Bielefeld abgespalten. Pudding, Pizza, Torten und Bier gehören weiter den fünf älteren Halbgeschwistern.
Trotz guter Zahlen hatte Henkell Freixenet wie die gesamte Branche mit einigen Problemen in der Lieferkette zu kämpfen. „Seit Ende 2021 sind die Kosten der Produktion massiv gestiegen. Kostentreiber sind dabei insbesondere die Preise für Glasflaschen“, sagt Branchenexperte Gerke. Weil zwei wichtige Glaswerke in der Ukraine ausfielen, sei Behälterglas sehr knapp und extrem teuer geworden, führt Brokemper aus.
Auch Grundwein ist zum Teil teuer und knapp geworden. Ursache ist der Klimawandel: Nachtfröste in Frankreich und extreme Trockenheit in Spanien haben die Erntemengen der Trauben dort stark verringert. Auch die Transportkosten und Frachtraten gingen deutlich nach oben. Doch die Weitergabe der gestiegenen Preise an Handel und Konsumenten gestaltet sich für die Branche laut Gerke schwierig.
Langer Preiskampf mit Kaufland hinterlässt Spuren
Henkell Freixenet stieß nicht bei allen Händlern auf Verständnis für Preiserhöhungen. So gab es heftigen Streit mit der zur Schwarz-Gruppe gehörenden Supermarktkette Kaufland über neue Preise für die Sektmarke Fürst von Metternich. „Wir haben die Lieferung unterbrochen und Absatzverluste in Kauf genommen“, so Brokemper. So wuchs das Geschäft von Henkell im deutschsprachigen Raum nur unterdurchschnittlich um 3,4 Prozent auf 318 Millionen Euro. Inzwischen gab es eine Preiseinigung mit Kaufland.
Der Chef von Henkell Freixenet hat hart um Preiserhöhungen gekämpft.
Die Preiserhöhungen fielen bei Schaumwein je nach Kategorie sehr unterschiedlich aus. Am größten waren sie laut Brokemper mit 20 bis 30 Prozent bei Prosecco. Hier führte der Run auf Rosé zu einer Verknappung am Markt. Doch Verbraucher können immer noch günstig einkaufen. Denn bis zu 70 Prozent des Schaumweins in Deutschland wird über Rabattaktionen verkauft. „Bei unserer Prosecco-Marke Mionetto liegt der Anteil deutlich unter 30 Prozent“, betont Brokemper.
„Erstaunlicherweise ist die Schaumweinbranche insgesamt besser durch die Inflation gekommen als die Stillweinbranche“, so das Fazit von Experte Gerke. Der Konsum von Schaumwein blieb 2022 stabil – jeder Deutsche trank im Schnitt 3,2 Liter.
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Marktführer in Deutschland ist nicht Henkell, sondern Wettbewerber Rotkäppchen-Mumm. Dessen Unternehmenschef Christof Queisser zog kürzlich eine gemischte Bilanz für 2022. Zwar blieb der Umsatz bei 1,24 Milliarden Euro (inklusive Sekt- und Alkoholsteuern) stabil. Auch Rotkäppchen konnte nur einen Teil der stark gestiegenen Kosten an den Handel weitergeben. Queisser stimmte die Verbraucher auf ein „neues, nachhaltig höheres Preisniveau“ ein.
Henkell-Chef Brokemper blickt derweil verhalten optimistisch ins laufende Jahr: „Unser Wachstum wird nicht mehr so stark sein wie in den Vorjahren.“ Riesiges Potenzial sieht er bei Schaumwein ohne Alkohol: „Hier sind wir schon heute der führende Hersteller der Welt.“
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