Berlin Aus Berlin in die Welt: Das trifft auf die bunten Dosenbiere der Brauerei Fuerst Wiacek zu. Das Berliner Start-up exportiert seine international anerkannten und ausgezeichneten Craft-Biere mit Namen wie „Scary Cassettes“, „Parklife“ oder „Crowdsurfer“ nach Hongkong, Japan oder Singapur. Fuerst Wiacek hat weltweit einen festen Platz auf Bierfestivals, in Onlinemagazinen und Büchern. Seit der Gründung verdoppelt sich der Umsatz jedes Jahr.
Die Gründer Lukasz Wiacek und Georg Fürst waren auch die Ersten, die ein New England IPA, ein besonders hopfenhaltiges Bier, kommerziell in Deutschland gebraut haben. Nun sollen auch mehr Menschen hierzulande die verschiedenen Kreativbiere von Fuerst Wiacek – von IPAs über Berliner Weisse bis zu Pilsner – kennenlernen.
Um das weitere Wachstum zu finanzieren, hat das Start-up eine Crowdinvesting-Kampagne abgeschlossen. Mit dem Geld wollen die beiden Gründer nun ihre Kapazitäten verdoppeln.
Georg Fürst vertraut darauf, mit dem exklusiven Angebot den Nerv der Zeit zu treffen: „Ich bin mir sicher, dass die Menschen bald genauso eine Bierkarte studieren werden, wie sie sich aktuell die Weinkarte im Restaurant anschauen.“
Nach der Pandemie hat sich der Bierabsatz in Deutschland zuletzt wieder erholt. Statista zufolge trinken mittlerweile fast drei Millionen Deutsche mindestens einmal im Monat ein teureres Craft-Bier.
Um wen geht es?
Die Idee zu Fuerst Wiacek kam Lukasz Wiacek und Georg Fürst in der heimischen Küche. Weil beide mal ausprobieren wollten, ob man gutes Bier auch selbst brauen kann, stellten sie zunächst die Küche von Wiacek auf den Kopf.
„Das war anders als das Bier, das man aus dem Supermarkt kennt“, erinnert sich Fürst an die ersten Versuche. Das Ergebnis kam bei Freunden so gut an, dass sie einfach weitermachten. 2016 gründeten die beiden Freunde dann Fuerst Wiacek.
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Seit 2019 kümmern sie sich hauptberuflich um ihr Start-up. Lange Zeit mieteten sie sich als sogenannte Vagabund-Brauer immer wieder für einige Tage in anderen Brauereien ein, um dort ihre eigenen Biere herzustellen – erst mal nur ein Hazy IPA, ein besonders hopfenträchtiges Bier. Schnell kamen aber weitere Sorten und Geschmacksrichtungen dazu, auch weil Lukasz Wiacek gern mit den Rezepturen experimentiert.
Nach langer Suche und zähen Verhandlungen eröffnete Fuerst Wiacek mitten in der Coronapandemie die erste eigene 1300 Quadratmeter große Brauerei in der Berliner Siemensstadt. Im vergangenen Jahr wurden dort 5000 Hektoliter gebraut. Im Vergleich zum deutschen Marktführer Radeberger ein Klacks: „Die Menge an Bier, die wir in einem Jahr produzieren, machen große Brauereien an einem Tag“, sagt Fürst.
Wer sind die Investoren?
Lange Zeit finanzierte sich Fuerst Wiacek lediglich über Bankkredite und steckte Gewinne wieder ins Wachstum. Der Umsatz lag im vergangenen Jahr bei knapp 1,6 Millionen Euro. Nun will Fuerst Wiacek aber stärker expandieren und die Kapazitäten der Produktionsstätte verdoppeln.
Um das zu finanzieren, starteten die beiden Gründer eine Crowdinvesting-Kampagne über Seedmatch. „Letztlich haben mehr als 320 Leute investiert, und wir haben insgesamt 600.000 Euro erhalten und damit deutlich mehr als ursprünglich angepeilt“, sagt Fürst, der nun neue Tanks kaufen und das Marketing ausbauen will.
Lange finanzierten sich die Gründer nur über Bankkredite. Nun haben sie Geld per Crowdfunding eingesammelt.
(Foto: PR)
Läuft es bei Fuerst Wiacek weiterhin gut, kann sich das Investment für die Kleinstanleger lohnen: die Mindestrendite liegt bei acht Prozent. Auf Wagniskapital wollen die Berliner für ihr Wachstum nicht zurückgreifen: „Wir wollen selbst Entscheider in allen Belangen bleiben.“
Was macht die Konkurrenz?
Der Craft-Bier-Markt wächst. Zu den bekannteren Anbietern in Deutschland gehören BRLO, Braufactum und Crew Republic. Der Marktforscher Fortune Business Insights sagt Wachstumsraten von jährlich mehr als zehn Prozent bis 2028 vorher.
Zwar hatten viele der kleinen Brauereien während der Coronakrise Probleme und mussten sich auf Onlineversand umstellen. Doch die handwerklich gebrauten Biere kommen immer besser bei den Verbrauchern an, die bereit sind, trotz Inflation und Konsumschwäche mehr als für traditionelle Biere zu bezahlen.
Bei Fuerst Wiacek starten die Dosenbiere im Onlineshop bei 2,75 Euro. Für besondere Geschmacksrichtungen wie beim Imperial Stout „Grandma’s Recipe“ mit Vanille und Haselnuss können aber auch schon mal mehr als zehn Euro fällig werden.
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Das ist immer noch weniger, als beispielsweise einige US-Wettbewerber verlangen. Ähnlich wie die Großbrauereien machen auch Fuerst Wiacek die höheren Kosten, beispielsweise für Malz und Logistik, zu schaffen. Konkurrenz zu anderen Craft-Brauern macht Fürst nicht aus und setzt lieber auf Kollaborationen wie zuletzt mit Lervig aus Norwegen oder Bereta Brewing aus Rumänien.
Wie geht es weiter?
Inzwischen exportiert Fuerst Wiacek seine Biere, die über eine vergleichsweise kurze Haltbarkeit verfügen, in 29 Länder. Nun will das Start-up vor allem in Deutschland bekannter werden und in mehr Onlineshops und Kneipen unterkommen. In Supermärkten sollen die Bierspezialitäten aber weiter nicht verkauft werden.
Fürst erwägt zudem, bald auch nicht-alkoholische Sorten anzubieten: „Das ist ein Trend. Aber aktuell haben wir die Möglichkeiten noch nicht. Dafür muss man pasteurisieren können.“
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