In der neuen Finanzierungsrunde könnte die Firmenbewertung erheblich sinken.
(Foto: Getty Images; Per-Anders Pettersson)
Düsseldorf, Frankfurt, Berlin Die Verhandlungen des Schnelllieferdienstes Flink über eine Geldspritze machen Finanzkreisen zufolge Fortschritte. Das Berliner Unternehmen, das mit Gorillas und Getir konkurriert, habe bereits Zusagen von Investoren für mehr als 120 Millionen Euro erhalten, wie eine mit der Angelegenheit vertraute Person sagte. Ziel sei es, 150 Millionen Euro aufzunehmen.
In der neuen Finanzierungsrunde könne die Firmenbewertung erheblich sinken, erklärten mehrere mit der Angelegenheit vertraute Personen. Im Dezember 2021 hatte Flink das letzte Mal Geld eingenommen und war mit knapp drei Milliarden Dollar inklusive der damals aufgenommenen 750 Millionen bewertet worden.
Rewe wolle gut 50 Millionen Euro beisteuern und Doordash rund 30 Millionen, sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person. Rewe reagierten nicht auf eine Anfrage des Handelsblatts, Doordash lehnte eine Stellungnahme ab. Und Flink teilte lediglich mit, man wolle sich nicht zu „Marktspekulationen und Gerüchten“ äußern.
Übernahmeverhandlungen mit Getir wenig konkret
Die „Financial Times“ berichtete am Montag zudem über Übernahmegespräche zwischen Flink und dem türkischen Rivalen Getir, der im Dezember Gorillas übernommen hatte. Die Gespräche seien allerdings bislang wenig konkret und der Fokus von Flink liege derzeit auf seiner Finanzierungsrunde, wie mehrere mit der Angelegenheit vertraute Personen sagten.
Über die Absicht von Getir, Flink zu kaufen, hatte das Handelsblatt bereits im Oktober 2022 berichtet. Investor Mubadala, der Staatsfonds aus Abu Dhabi, ist sowohl in Getir als auch in Flink investiert. Finanzkreisen zufolge gibt es seit dem Gorillas-Deal Überlegungen für eine Annäherung zwischen Flink und Getir.
Lieferdienste schreiben rote Zahlen
Die Branche der Schnelllieferdienste, im Fachjargon „Quick Commerce“ genannt, gewann in der Coronapandemie mit Wagniskapital in Milliardenhöhe an Bedeutung. Das für seine pinken Rucksäcke und Werbeplakate bekannte Unternehmen Flink wie auch Rivale Gorillas gehörten zu den wenigen europäischen Start-ups, die nur Monate nach der Gründung bereits Einhornstatus erlangen konnten, also von Investoren mit mehr als einer Milliarde Dollar bewertet wurden.
Lebensmittel-Lieferdienste erlebten während der Coronapandemie einen Boom.
(Foto: IMAGO/Jürgen Ritter)
Das Geschäftsmodell von Flink und seinen Wettbewerbern besteht darin, innerhalb kürzester Zeit Lebensmittel per Fahrradkurier bis zur Wohnungstür zu liefern. Doch bisher hat noch keiner der Anbieter gezeigt, dass man damit profitabel sein kann. Bei vielen Schnelllieferdiensten in großen Städten liegen die Warenkörbe bei gerade mal 20 Euro – zu wenig, um damit Geld zu verdienen.
Nach dem Lieferboom in der Coronakrise setzen den Anbietern nun die gestiegenen Lebensmittelpreise zu. Hinzu kommen die hohen Logistik- und Personalkosten, an denen sich wenig ändern lässt. Zudem verschärft sich der Konkurrenzdruck: Etablierte Supermärkte wie Rewe und Tegut haben angekündigt, ihr Angebot deutlich auszubauen.
In Österreich hat Flink bereits die Reißleine gezogen und für die dortige Tochter Insolvenz angemeldet. Aktuell ist Flink noch in den Niederlanden, Frankreich und im Heimatmarkt Deutschland aktiv.
Gorillas musste im Dezember einem Notverkauf an den Wettbewerber Getir zustimmen. Dabei halbierte sich Finanzkreisen zufolge der Wert des fusionierten Unternehmens auf sieben Milliarden Dollar.
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