Düsseldorf Die westukrainische Metropole Lwiw (Lemberg) ist zum ersten Mal seit Kriegsbeginn vor mehr als zwei Wochen von mehreren Explosionen erschüttert worden. Ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur berichtete am Sonntagmorgen von mehreren Detonationen. Es wurde Luftalarm ausgelöst. Die Menschen wurden aufgerufen, in Notunterkünften zu bleiben.
Zunächst warfare unklar, was genau Ziel der Angriffe warfare. Südwestlich von Lwiw liegt ein Flughafen. Außerdem gibt es an der Grenze zu Polen eine ukrainische Militärbasis. Die Explosionen waren auch in Polen zu hören, wie eine Reporterin der Deutschen Presse-Agentur aus Przemysl berichtete.
Russische Einheiten versuchen nach ukrainischen Angaben weiter eine Erstürmung der Stadt Mariupol. Das teilte der ukrainische Generalstab in einem in der Nacht zu Sonntag auf Fb veröffentlichten Bericht mit. Prorussische Separatisten waren dort zuletzt mit Unterstützung russischer Truppen in östliche Randbezirke vorgestoßen, wie die ukrainischen Streitkräfte mitteilten. Auch das russische Verteidigungsministerium hatte die Einnahme mehrerer Stadtteile gemeldet.
Eine russische Offensive stünde zudem der Stadt Sjewjerodonezk mit 100.000 Einwohnern im Gebiet Luhansk bevor, heißt es in dem Generalstabsbericht weiter. Moskau hatte zuvor am Samstag mitgeteilt, dass die prorussischen Separatisten die Stadt erreicht haben. Im Donezker Gebiet bereiteten russische Einheiten zudem eine Offensive auf die Kleinstadt Wuhledar vor. Aus dieser konnten am Samstag nach ukrainischen Angaben rund 200 Menschen evakuiert werden.
Prime-Jobs des Tages
Jetzt die besten Jobs finden und
per E-Mail benachrichtigt werden.
Im Süden des Landes gebe Russland zudem keine Versuche auf, eine Offensive gegen die Industriegroßstadt und Heimatstadt des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski, Krywyj Rih, zu führen, heißt es in dem Bericht weiter. Die Versuche seien bislang erfolglos gewesen. Die russischen Truppen seien aber auf der Suche nach Schwachstellen in der Verteidigung der ukrainischen Sicherheitskräfte und bauten Kräfte für die Operation gegen die Stadt mit über 600.000 Einwohnern auf.
Bei Gefechten in der ostukrainischen Stadt Swjatohirsk in der Area Donezk wurde nach ukrainischen Medienberichten das Himmelfahrtskloster beschädigt. Das berichtete die Web-Zeitung „Ukrajinska Prawda“ in der Nacht zu Sonntag. Demnach detonierte am späten Samstagabend eine Fliegerbombe rund 50 Meter vom Eingang des Klosters entfernt. Durch die Druckwelle seien praktisch alle Fenster und kirchliche Einrichtungen in unterschiedlichem Ausmaß zerstört worden.
Mehrere Verletzte seien ins Swjatohirsk-Krankenhaus gebracht, der Relaxation im Kloster behandelt worden, hieß es weiter. Es gebe keine Toten. Im jüngsten Generalstabsbericht der ukrainischen Armee von Samstagnacht ist von Kämpfen in dem Gebiet die Rede. Russland führe Offensivoperationen bei Isjum durch und habe später versucht, in Richtung Slowjansk vorzudringen. Das Himmelfahrtskloster Swjatohirsk liegt etwa in der Mitte der beiden Städte. Diese Angaben waren unabhängig nicht überprüfbar.
Hilfskonvoi auf dem Weg nach Mariupol offenbar geplündert
Nach ukrainischen Angaben wurden sind am Samstag rund 13.000 Menschen aus mehreren Städten des Landes evakuiert. Das seien quick doppelt so viele wie am Freitag, erklärte die stellvertretende Ministerpräsidentin Iryna Wereschtschuk. Es sei aber niemandem gelungen, die belagerte Stadt Mariupol zu verlassen. Von den 14 vereinbarten Korridoren seien nur neun passierbar gewesen. Am Sonntag solle es einen weiteren Versuch geben.
Sieben Zivilisten, unter ihnen auch ein Form, seien ums Leben gekommen, als sie gemeinsam mit Hunderten anderen versucht hätten, aus Peremoha nordöstlich von Kiew zu fliehen, teilte das ukrainische Verteidigungsministerium mit. Mehrere Personen seien verletzt worden, als der Konvoi unter Beschuss geraten sei. Die Gruppe habe umkehren müssen, hieß es vom Ministerium. Unabhängig konnten die Angaben nicht überprüft werden.
Rund 60 krebskranke Kinder aus der Ukraine wurden in einem Sonderzug von der polnischen Grenze aus in verschiedene Kliniken gebracht. Helfer trugen einige der jungen Patientinnen und Patienten auf den Armen, auf Tragen oder schoben sie in Rollstühlen zu einem mit medizinischen Geräten ausgestatteten Zug, der am Samstag die Grenzstadt Medyka verließ.
>> Lesen Sie auch: Alle aktuellen Entwicklungen im Newsblog
„Einige von ihnen brauchen Sauerstoff, brauchen irgendeine andere Type der Intensivpflege“, sagte Dominik Daszuta, ein Anästhesist aus einem Krankenhaus in Warschau, der mit an Bord warfare. Seinen Angaben zufolge wurden mit dem Zug bereits 120 krebskranke Kinder transportiert.
Russische Soldaten plünderten unterdessen nach ukrainischen Angaben einen Hilfskonvoi auf dem Weg nach Mariupol. Ein weiterer sei aufgehalten worden, sagte eine ukrainische Gewährsperson, die nicht namentlich zitiert werden wollte.
In der von russischen Truppen belagerten Hafenstadt im Südosten der Ukraine warten die Bewohner seit Tagen darauf, dass Hilfskonvois mit Essen und Wasser sie erreichen und einige von ihnen in Sicherheit bringen. Doch die Strecke wird immer wieder beschossen. Auch die Stadt selbst ist am Samstag weiter heftig bombardiert worden. Satellitenaufnahmen der Firma Maxar zeigen Brände in Teilen von Mariupol und gewaltige Schäden an zahlreichen Gebäuden und Straßen.
Selenski droht ukrainischen Unterstützern Russlands
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski drohte möglichen Kollaborateuren und Unterstützern Russlands in der Ukraine. Wer sich von Angeboten der russischen Besatzer in Versuchung geführt sehe, unterschreibe damit sein eigenes Urteil, sagte er in einer in der Nacht zu Sonntag veröffentlichten Videobotschaft. „Das Urteil lautet, mehr als 12.000 Besatzern zu folgen, die nicht rechtzeitig verstehen konnten, warum die Ukraine nicht angegriffen werden sollte.“
Zuletzt hieß es von ukrainischer Seite, dass mehr als 12.000 russische Soldaten in dem Krieg in der Ukraine getötet worden seien. Dies ist nicht unabhängig zu prüfen. Die ukrainischen Streitkräfte haben der russischen Armee die größten Verluste seit Jahrzehnten zugefügt, sagte Selenski. 31 russische Bataillone seien außer Gefecht gesetzt worden. Jetzt schicke Moskau neue Truppen.
Selenski bezog sich in seinen Aussagen auf jüngste Ereignisse in den von Russland besetzten Territorien der Area Cherson im Süden des Landes. Russland versuche dort, die „traurige Erfahrung der Bildung von Pseudo-Republiken zu wiederholen“, erpresse lokale Politiker, übe Druck auf Abgeordnete aus und suche nach jemandem, den es bestechen könne, um eine „Volksrepublik Cherson“ zu gründen.
Er erwähnte aber auch auf die von Russland besetzte Stadt Melitopol. Der Bürgermeister der Stadt in der Area Saporischtscha warfare nach Angaben Kiews am Freitag entführt worden. Am Samstag erklärte die lokale Abgeordnete Halyna Daniltschenko in einer Videobotschaft, ein „Komitee der Volksdeputierten“ einzurichten, das die Stadt regieren soll, schreibt die „Ukrajinska Prawda“. Demonstranten gegen die russischen Truppen nannte sie demnach „Extremisten“.
Selenski sagte in Richtung Russland und möglicher Unterstützer Moskaus zudem, die Ukraine werde niemandem vergeben, nicht vergessen und jeden finden und zur Verantwortung ziehen.
Nach dem hartnäckigen militärischen Widerstand der Ukrainer sieht Selenski auch erste Veränderungen der Place Russlands. „Jetzt haben sie begonnen, über etwas zu reden – und nicht einfach Ultimaten zu stellen“, sagte er am Samstag vor internationalen Journalisten in Kiew. Der 44-Jährige ist nach eigenen Worten zufrieden damit, da es das erste Mal seit über zwei Jahren sei, dass Moskau zu einem Dialog bereit sei.
Nato-Chef: Nächste Tage werden wohl größere Not bringen
Intestine zwei Wochen nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine erwartet die Nato eine weitere Verschärfung der Kämpfe und der humanitären Notlage. „Wir sehen mit Schrecken die steigenden Zahlen ziviler Opfer und die sinnlose Zerstörung durch die russischen Kräfte. Die Menschen in der Ukraine widersetzen sich der Invasion mit Mut und Entschiedenheit, aber die kommenden Tage werden wahrscheinlich noch größere Not bringen“, sagte der Generalsekratär der Militärallianz, Jens Stoltenberg, der Zeitung „Welt am Sonntag“.
Seine Botschaft an den russischen Präsidenten Wladimir Putin sei klar, sagte Stoltenberg: „Beenden Sie diesen Krieg, ziehen Sie alle Kräfte zurück und bekennen Sie sich zur Diplomatie.“
So berichtet das Handelsblatt über den Ukrainekrieg:
Als absurd wies Stoltenberg Behauptungen der russischen Regierung zurück, die USA hätten heimlich in der Ukraine Laboratorien für die Entwicklung von biologischen Waffen betrieben. „Nachdem diese falschen Behauptungen nun aufgestellt wurden, müssen wir wachsam bleiben, weil es möglich ist, dass Russland selbst Einsätze mit chemischen Waffen unter diesem Lügengebilde planen könnte“, sagte er. Das wäre ein Kriegsverbrechen.
Stoltenberg lehnte erneut Forderungen ab, die Nato solle eine Flugverbotszone über der Ukraine durchsetzen. Das würde bedeuten, dass russische Kräfte angegriffen werden müssten. „Und damit würde man eine direkte Konfrontation und eine unkontrollierbare Eskalation riskieren. Wir müssen diesen Krieg beenden und ihn nicht noch ausweiten.“ Die Nato sei eine defensive Allianz. „Wir suchen keinen Konflikt mit Russland“, sagte er. Der 1949 gegründeten Militärallianz gehören mittlerweile 30 Staaten an.
Autofahrer protestieren mit Korso gegen steigende Spritpreise
Mit einem Korso aus knapp 500 Fahrzeugen protestierten Autofahrer am Samstagabend in Hamburg und Schleswig-Holstein gegen die erhöhten Spritpreise. Die Autos legten dabei im Konvoi eine Strecke von etwa 35 Kilometern von Hamburg-Allermöhe bis nach Wedel (Kreis Pinneberg) in Schleswig-Holstein zurück, wie ein Sprecher des Hamburger Lagezentrums am frühen Sonntagmorgen sagte. Dabei sei es zu erheblichen Behinderungen des Individualverkehrs gekommen. Die Protestaktion verlief friedlich.
Die SPD-Bundestagsfraktion will, dass der Bund angesichts der Folgen des Ukrainekriegs sowie steigender Energiepreise notfalls mehr Schulden aufnimmt. Fraktionsvizes Achim Publish sagte der Deutschen Presse-Agentur in Berlin: „Das, was nötig ist, um die aktuellen Herausforderungen und die Zukunftsaufgaben zu meistern, muss finanziell auch möglich gemacht werden.“ Über den Klima- und Transformationsfonds und die bisher geplante Nettokreditaufnahme von 100 Milliarden Euro gebe es dafür Spielräume, die „nötigenfalls“ auch noch ausgeweitet werden könnten.
>> Lesen Sie auch: Die Energiebranche fürchtet einen Gaslieferstopp
„Der entscheidende Maßstab sind in dieser Zeit der beispiellosen Bewährung nicht in erster Linie abstrakte Haushaltsziele, sondern die konkreten Aufgaben und Prioritäten, die es anzupacken gilt“, so Publish. „Die Aufstellung des Haushaltes und der Finanzplanung findet in diesem Jahr vor dem Hintergrund wirklich außerordentlicher Herausforderungen statt – sei es der Krieg in der Ukraine, die zugespitzte Lage bei den Energiepreisen oder das Fortdauern der Pandemie.“
In der kommenden Woche gebe es wichtige haushaltspolitische Weichenstellungen, sagte Publish. Am Mittwoch will das Kabinett den zweiten Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt 2022 sowie den Finanzplan für die kommenden Jahre beschließen. Einen ersten Entwurf hatte noch die Vorgängerregierung beschlossen.
In Berlin und anderen deutschen Großstädten wollen am Sonntag erneut Zigtausende Menschen gegen den Krieg Russlands in der Ukraine protestieren. In der Hauptstadt meldete das Veranstalter-Bündnis aus Gewerkschaften, Kirchen, Friedensgruppen und Umweltschutzinitiativen 100.000 Teilnehmer an.
Mit Agenturmaterial
Mehr: Alternativen zu russischem Fuel und Öl: Welche Länder mit Energierohstoffen nun in den Fokus rücken