Düsseldorf Am Mittwoch agierten Anlegerinnen und Anleger zurückhaltend. Der deutsche Leitindex schloss kaum verändert. Zum Handelsende notierte er 0,1 Prozent schwächer bei 15.081 Punkten, nachdem er nach Veröffentlichung des Ifo-Geschäftsklimas kurzzeitig unter die 15.000-Punkte-Marke gefallen war.
„Der Dax stemmt sich bisher erfolgreich gegen einen größeren Rücksetzer. Für einen weiteren Kursanstieg mangelt es aber an positiven Impulsen“, erklärte Analyst Thomas Altmann von QC Partners.
Aus den USA kommen negative Signale: Enttäuschende Zahlen und Prognosen von Microsoft haben die Stimmung der US-Anleger getrübt. Die US-Börsen gaben im Handelsverlauf nach, vor allem Tech-Aktien wurden verkauft.
Auch in Deutschland warten viele Marktteilnehmer auf die Veröffentlichung weiterer Firmenbilanzen, die am Mittwoch anstehen. „Bislang fallen die Unternehmenszahlen nicht allzu schlecht aus, reißen die Anleger aber auch nicht vor Freude vom Hocker“, sagte Marktstratege Christian Henke vom Handelshaus IG.
Im Fokus stehen unter anderem der E-Auto-Bauer Tesla und der US-Flugzeughersteller Boeing, die beide ihre Zahlen vorlegen. Boeing vermeldete am Nachmittag einen Jahresverlust von 5,05 Milliarden US-Dollar (rund 4,6 Mrd Euro). Damit lag der Fehlbetrag unter dem Strich noch höher als die knapp 4,3 Milliarden ein Jahr zuvor, wie der US-Rivale des europäischen Herstellers Airbus am Mittwoch in Arlington mitteilte. Auch im vierten Quartal schrieb Boeing rote Zahlen. Konzernchef Dave Calhoun wertete 2022 dennoch als wichtiges Jahr der Erholung. Tesla veröffentlicht seine Zahlen erst nach Börsenschluss in Frankfurt.
Eine weitere wichtige Nachricht auf Unternehmensseite: Die Aktionäre von Siemens Gamesa haben am Mittwoch wie erwartet für ein Delisting des spanischen Windturbinenherstellers von der Börse gestimmt. Nach einem öffentlichen Übernahmeangebot hält Siemens Energy 92,72 Prozent an der Tochter Siemens Gamesa. Der Großaktionär erhofft sich von einer vollständigen Integration der Beteiligung jährliche Synergien von rund 300 Millionen Euro und will den operativen Turnaround des Siemens-Gamesa-Geschäfts erreichen.
Zudem blicken Anlegerinnen und Anleger auf die Veröffentlichung des Geschäftsklima-Index, den das Ifo-Institut zum ersten Mal im neuen Jahr vorgelegt hat. Das Barometer stieg wie von Experten erwartet auf 90,2 Punkte von 88,6 Punkten im Dezember.
„Der vierte Indexanstieg in Folge stärkt die Aussicht auf eine erfolgte Trendwende“, sagt Alexander Krüger, Chefvolkswirt bei Hauck Aufhäuser Lampe. Bei den befragten Unternehmen überwiege aber weiterhin der Pessimismus. „So sind Energiekosten und Materialengpässe für Unternehmen weiterhin herausfordernd. Zudem bestehen hohe Rückschlaggefahren durch die jeweilige Corona-Lage in China.“
Das Ifo-Geschäftsklima habe sich deutlich erholt, „weil die Entspannung am Gasmarkt die Angst der Unternehmen vor einer schweren Rezession weiter schwinden ließ“, sagt Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank. Er gibt jedoch zu bedenken, dass sich das Geschäftsklima noch immer auf einem Niveau befinde, bei dem es in der Vergangenheit regelmäßig Rezessionen gegeben habe. „Außerdem mussten die Zentralbanken in vielen Ländern wegen der hohen Inflation ihre Leitzinsen massiv anheben. Eine milde Rezession bleibt das wahrscheinlichere Szenario.“
Außerdem hat die Bundesregierung ihren Jahreswirtschaftsbericht vorgelegt. Sie geht davon aus, dass die Wirtschaft um 0,2 Prozent wachsen wird. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zufolge ist die ökonomische Krise im Zuge des Ukraine-Krieges inzwischen beherrschbar. Deutschland habe seine Widerstandsfähigkeit bewiesen und sich wirtschaftlich sehr gut geschlagen, so Habeck. Eine deutliche Rezession zeichne sich nicht mehr ab.
Für das kaufende Jahr rechnet die Regierung dem Bericht zufolge mit einer Inflation von 6,0 Prozent, 2022 lag die Inflation bei 7,9 Prozent. Zudem geht die Regierung davon aus, dass die deutschen Exporte weniger stark zulegen werden und sich der Arbeitsmarkt weitgehend stabil entwickeln wird.
Seit Jahresbeginn verzeichnet der Dax starke Kursgewinne: Insgesamt legte der Leitindex um 8,4 Prozent zu. Marktteilnehmer setzen darauf, dass die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland nicht so schlecht ausfällt wie zunächst befürchtet.
Blick auf die Charttechnik
Der Dax hat sich auch am Mittwoch weiter über der Marke von 15.000 Punkten gehalten. Dieser Bereich bleibt im Fokus. Denn knapp unter diesem Stand dürften erste Stop-Loss-Marken liegen, mit denen sich Anlegerinnen und Anleger gegen fallende Kurse absichern.
Aus charttechnischer Sicht wäre eine gesunde Konsolidierung von Vorteil. Im Bereich rund um 14.800 Punkte gibt es weitere charttechnische Unterstützung, ebenso wie kurzfristig rund um das aktuelle Kursniveau von 14.980 Punkten. Aufwärtsgerichtet liegt der charttechnische Widerstand bei 15.365 Punkten.
Blick auf Euro und Öl
Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete am frühen Abend 86,80 Dollar. Der Preis für ein Barrel der US-Sorte WTI lag bei rund 81 Dollar.
Der Euro notierte zuletzt bei 1,0888 Dollar und damit etwas höher. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs am Vortag auf 1,0858 Dollar festgesetzt.
Blick auf Einzelwerte
Daimler Truck: Überraschend starke Geschäftszahlen des Lkw-Herstellers Paccar in den USA vom Vortag haben den Kurs von Daimler Truck nach oben getrieben. Bis zum Handelsende gewannen die Papiere knapp drei Prozent und setzten sich damit an die Spitze des Dax.
Fresenius: Die Titel von Fresenius fielen um 2,4 Prozent. Der Krankenhaus- und Medizinkonzern steckt nach mehreren Gewinnwarnungen und Problemen insbesondere bei seiner Dialysetochter Fresenius Medical Care (FMC) in Turbulenzen.
Jungheinrich: Die Papiere von Jungheinrich verteuerten um 4,9 Prozent. Der Gabelstapler-Hersteller baut mit der Übernahme der Storage-Solutions-Gruppe sein Geschäft mit Lagerautomatisierung aus. Der Zukauf sei eine „großartige Ergänzung“ für den Gabelstaplerhersteller, kommentierte ein Börsianer.
Rheinmetall: Aktien von Rheinmetall verloren rund ein Prozent. Medienberichten zufolge wird Deutschland den von dem Rüstungskonzern hergestellten Kampfpanzer Leopard an die Ukraine liefern. „Der direkte finanzielle Einfluss wäre zwar begrenzt, es würde bei den Aktien aber für eine sehr positive Stimmung sorgen“, sagte ein Händler.
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