Frankfurt Am Dienstag kann der Dax die guten Vorgaben aus Asien nicht nutzen. Der deutsche Leitindex liegt bei 15.093 Punkten und damit fast 0,1 Prozent im Minus. Eine gewisse Stütze haben Münchener Rück, Hannover Rück, RWE und Eon mit Kursgewinnen von jeweils über einem Prozent gegeben.
Die aktuellen Einkaufsmanagerindizes für Januar aus Deutschland spiegeln laut DWS eine „erwartete Schwächephase“ der deutschen Wirtschaft wider. Allerdings sei die Einschätzung der Unternehmen besser als in den vergangenen sieben Monaten.
Börsenanalysten überrascht die Wachstumspause nicht. „Europäische Anleger müssen den unglaublichen Spurt erst einmal verarbeiten“, sagt Mathieu Savary von der renommierten kanadischen Analysefirma BCA Research.
Er bezieht sich damit auf das starke Wachstum, das europäische Aktien und der Euro seit Oktober hingelegt haben. Die am Index Euro Stoxx 50 gemessenen Aktien kommen auf 26 Prozent plus, der Euro gewann gegenüber dem Dollar im selben Zeitraum rund zehn Prozent.
Langfristig ist Savary weiterhin optimistisch für europäische Investments. Doch kurzfristig warnt er: „In den nächsten Wochen sollte man bestenfalls eine Seitwärtsbewegung, im schlechtesten Fall eine Korrektur erwarten.“
Inverse Zinskurve deutet auf Rezession hin
Vorsichtig ist auch Philip Bold, Fondsmanager bei der luxemburgischen Ethenea Independent Investors. Der Experte schaut auf die sogenannte inverse Zinskurve in den USA.
Am global wichtigsten Finanzmarkt, der Wall Street würden staatliche kurzfristige Zinstitel höher verzinst als langfristige. So werfen Sechsmonats-Papiere derzeit eine Rendite von 4,8 Prozent ab, zehnjährige geringere 3,5 Prozent. Bold deutet das so: Die Akteure am Anleihemarkt halten eine Rezession für wahrscheinlich.
„Obwohl die Rezession in aller Munde ist, scheint der Aktienmarkt, der die realwirtschaftliche Entwicklung vorwegnimmt, nur einen relativ milden Abschwung zu berücksichtigen“, meint der Experte. Zwar hätten die Aktienkurse im vergangenen Jahr schon stark gelitten, aber: „Eine Gewinnrezession auf Unternehmensseite würde weiteren Tribut fordern.“
Ähnlich denkt Michael Winkler, Leiter Anlagestrategie bei der St. Galler Kantonalbank Deutschland: „Die Märkte preisen aktuell wenig bis gar keine Risiken ein und möchten sich die gute Laune nicht verderben lassen.“ Das sei besonders erstaunlich, weil EZB-Chefin Christine Lagarde gerade erst das entschlossene Vorgehen der Notenbank gegen den hohen Preisdruck bekräftigt und die Anleger animiert habe, ein allzu optimistisches Vorgehen zu überdenken.
Bei den wirtschaftlichen Frühindikatoren gibt es nur eine teilweise Entwarnung. Die Unternehmensstimmung im Euroraum deutet erstmals seit einem halben Jahr wieder auf Wirtschaftswachstum hin. Der Einkaufsmanagerindex von S&P Global stieg im Vergleich zum Vormonat um 0,9 Punkte auf 50,2 Zähler, wie die Marktforscher am Dienstag mitteilten.
Mit etwas mehr als 50 Punkten liegt die Kennzahl wieder in dem Bereich, der Wirtschaftswachstum andeutet. In den Monaten zuvor hatte der Indikator auch wegen des Ukraine-Kriegs und der Inflation Schrumpfung signalisiert.
Für Deutschland hingegen signalisierte das Konjunkturbarometer mit 49,7 Punkten eine Schrumpfung. Immerhin verlangsamte sich die Talfahrt zum dritten Mal in Folge. Ausschlaggebend war dafür der Dienstleistungsbereich, der laut S&P erstmals seit Juni wieder ein kleines Wachstum verzeichnete.
Gute Stimmung aus Übersee
Rückenwind durch bessere Stimmung könnten europäische und deutsche Aktien weiter aus den USA erhalten. Robert Rethfeld von Wellenreiter Invest erkennt, dass die Technologieaktien an der Wall Street seit Anfang Januar wieder stärker steigen als der Gesamtmarkt. Auch aus anderen Beobachtungen schließt der Experte, dass sich diese Entwicklung und eine steigende Risikobereitschaft bei den Investoren fortsetzen.
Mit Blick auf diese unterschiedlichen Einschätzungen könnten die anstehenden Wirtschaftsdaten und Quartalszahlen der Unternehmen neue Impulse für die Märkte geben. Am Mittwoch kommen Zahlen vom niederländischen Chipproduzenten ASML, in den USA von Tesla, Boeing und AT&T. Für Deutschland gibt der Ifo-Geschäftsklimaindex für Januar einen Einblick in die aktuelle Lage der hiesigen Unternehmen und ihre Geschäftserwartungen.
Besonders im Blick stehen auch die nächsten Sitzungen der Zentralbanken mit den erwarteten Zinsentscheidungen. Die Sitzung der US-Notenbank am 1. Februar dürfte nach Ansicht der Anleger eine Leitzinserhöhung um 25 Basispunkte bringen. Von der EZB dagegen werden auf ihren nächsten Treffen im Februar und März doppelt so hohe Schritte und damit jeweils ein halber Prozentpunkt erwartet.
Einzelwerte im Fokus
Continental: Der Automobilzulieferer hatte erst kürzlich mit schlechten Meldungen für einen Kursrückschlag gesorgt. Am Dienstag schließt die Aktie nach vorherigem Verlust sogar knapp im Plus.
Infineon: Der Chiphersteller kann von den guten Vorgaben der US-Tech-Werte und auch der Chiphersteller nur zu Handelsbeginn profitieren, verliert bis Handelsende 0,6 Prozent.
Rheinmetall: Der Rüstungskonzern erwarte für 2025 elf bis zwölf Milliarden Euro Umsatz, sagte Vorstandschef Armin Papperger dem Magazin „Stern“. Im November hatte Rheinmetall für 2025 ein Umsatzziel von zehn bis elf Milliarden Euro genannt. Zu Handelsende klettert die Aktie wieder hoch und schließt bei 0,6 Prozent im Plus.
Munich Re und Hannover Rück: Die beiden großen Rückversicherer stemmen sich gegen die unsichere Gesamtstimmung. Sie führen nach Börsenschluss den Dax an mit Gewinnen von über anderthalb Prozent.
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