Berlin
China reagierte auf die Aussagen der deutschen Außenministerin.
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Peking hat sich über kritische Aussagen der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock über den Staats- und Parteichef Xi Jinping beschwert. Die chinesische Regierung sei höchst unzufrieden mit der Bemerkung der Grünen-Politikerin, Xi sei ein Diktator, erklärte das Außenministerium am Montag bei seiner regulären Pressekonferenz in Peking.
Diese Äußerung sei „absurd“ und verletze die Würde Chinas auf ernsthafte Weise. Sie sei eine „offene politische Provokation“, erklärte das chinesische Außenministerium weiter – man habe sich in Berlin beschwert. Die chinesische Regierung hatte zudem die deutsche Botschafterin Patricia Flor als Reaktion auf die Äußerungen Baerbocks bereits am Sonntag einbestellt. Das bestätigte ein Sprecher des Auswärtigen Amts am Montagabend. Zuvor hatten mehrere Medien berichtet.
Baerbock hatte während ihrer mehrtägigen USA-Reise vergangene Woche dem US-Fernsehsender Fox ein Interview gegeben und den chinesischen Staats- und Parteichef darin einen Diktator genannt. Im Zusammenhang mit einem Aufruf zur weiteren Unterstützung der Ukraine sagte Baerbock: „Wenn Putin gewinnen würde, was wäre das für ein Signal an andere Diktatoren in der Welt?“
Baerbock nannte in diesem Zusammenhang explizit den chinesischen Staats- und Parteichef Xi Jinping. „Deshalb muss die Ukraine den Krieg gewinnen.“
Es ist nicht das erste Mal, dass ein Regierungsvertreter eines demokratischen Landes Xi Jinping öffentlich einen „Diktator“ nennt. Erst im Juni hatte US-Präsident Joe Biden im Zusammenhang mit der Ballon-Affäre Chinas Staats- und Parteichef indirekt einen Diktator genannt. Auch damals hatte die chinesische Staatsführung die Vorwürfe als „absurd“ zurückgewiesen.
Xi will sich selbst als Demokraten präsentieren
In der Propaganda ihrer eigenen Bevölkerung gegenüber wird Xi als demokratischer Führer ohne Fehler dargestellt. Nach dieser Logik ist Xi über die Kommunistische Partei gewählt und vertritt die Interessen des Volkes.
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China-Experten wie die US-Professorin Susan Shirk bezeichnen Xi hingegen schon seit Langem als Diktator. Tatsächlich hat Xi seit seiner Amtsübernahme im Jahr 2012 immer mehr Macht auf sich vereint und reicht in der Verfügungsfülle inzwischen mindestens an den früheren Führer der Kommunistischen Partei Mao Zedong heran, unter dessen diktatorischer Herrschaft Millionen Menschen starben.
Xi ist in Personalunion Chef der Kommunistischen Partei, Staatschef, oberster Befehlshaber des Militärs und hat noch viele weitere Führungspositionen inne. In den vergangenen Jahren hat er durch harte Korruptionskampagnen Gegner aus dem Weg geräumt und durch immer schärfere Überwachung die Presse- und Meinungsfreiheit immer weiter beschnitten. Mehrere Parteien oder freie Wahlen gibt es in China ohnehin nicht.
Xi ist unter anderem für sein rigoroses Vorgehen gegen Oppositionelle bekannt.
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Nach friedlichen Protesten gegen die drakonischen Coronamaßnahmen der Staatsführung im vergangenen Jahr waren zahlreiche Demonstrierende, vor allem junge Frauen, im Nachhinein über Wochen und Monate inhaftiert.
Die deutsche Außenministerin Baerbock ist für ihre klaren Aussagen bekannt – nicht nur gegenüber Russland, sondern auch der chinesischen Staatsführung. Bei ihrem Treffen mit dem damaligen chinesischen Außenminister Qin Gang im April kam es zu einem regelrechten Schlagabtausch.
Qin wurde nach nur wenigen Monaten im Amt inzwischen von seinem Vorgänger Wang Yi abgelöst. Über die Gründe der Amtsenthebung gibt es nur Spekulationen, zudem ist Qin seit mehreren Monaten bereits verschwunden. Auch von Verteidigungsminister Li Shangfu fehlt seit Ende August jede Spur.
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