Auf Fahrgäste der Deutschen Bahn kommen erneut unsichere Zeiten zu.
(Foto: IMAGO/Arnulf Hettrich)
Düsseldorf Mit einem bundesweiten Warnstreik will die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) den Bahnverkehr in Deutschland ab Sonntagabend für 50 Stunden lahmlegen. Von 22 Uhr bis Dienstagabend um 24 Uhr sind Fern-, Regional- und Güterverkehr betroffen, wie die Gewerkschaft am Donnerstag mitteilte. Bis zum Freitagabend habe die Bahn noch die Chance, durch eine Nachbesserung ihres Angebots die Arbeitsniederlegung abzuwenden.
Ansonsten werde es bis in die Nacht zum Mittwoch hinein massive Auswirkungen geben, kündigte EVG-Tarifvorständin Cosima Ingenschay an. Durch die lange Dauer werde es auch im Güterverkehr zu Staus kommen. „Damit wird es auch einen wirtschaftlichen Druck geben“, sagte sie. Auch die Bahn warnte hier vor erheblichen Störungen. Sechs von zehn europäischen Frachtkorridoren führten über das deutsche Schienennetz.
Der Konzern kündigte im Personenverkehr umfangreiche Kulanzregelungen für die betroffenen Fahrgäste an.
Die EVG verhandelt erstmals im Paket für rund 230.000 Beschäftigte bei den rund 50 Bahn- und Busunternehmen. 180.000 Mitarbeiter davon sind bei der Bahn angestellt. Einige kleinere Unternehmen, mit denen aktuelle Verhandlungen geführt würden, seien von dem angekündigten Warnstreik ausgenommen, erklärte Ingenschay.
Schon Ende März und Mitte April war es auf Initiative der Gewerkschaft zu Arbeitsniederlegungen im Bahnverkehr gekommen. Am Dienstag dieser Woche hatte die Bahn bei ihrem Angebot noch einmal nachgebessert. Sie schlug vor, den gesetzlichen Mindestlohn wie von der EVG gefordert in allen Entgelttabellen festzuschreiben. Die angebotene Lohnerhöhung von zehn Prozent komme damit zusätzlich den davon rund 2000 betroffenen Mitarbeitern zugute.
Bahn wird ab Sonntag 50 Stunden bestreikt
Bahn kritisiert „Blockadehaltung“ der Gewerkschaft
Zudem habe man angeboten, tarifvertraglich festzuschreiben, dass DB-Mitarbeitende auch bei künftigen Anpassungen des gesetzlichen Mindestlohns grundsätzlich fünf Prozent mehr als diesen verdienen.
Entsprechend kritisierte Personalvorstand Martin Seiler die erneute Streikandrohung als Blockadehaltung: „Wir sind der EVG nochmal entgegengekommen. Daraufhin Streiks anzukündigen, ist gänzlich überzogen und völlig unverhältnismäßig.“
„Wir sind der EVG nochmal entgegengekommen.“
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In ihrem als „historisch hohem Angebot“ tituliertem Entgegenkommen will die Bahn einen Inflationsausgleich über 2850 Euro gewähren, verteilt über mehrere Monate bis Februar 2024. Hinzu kommen zehn Prozent lineare Lohnerhöhung für untere und mittlere Einkommen sowie acht Prozent Lohnerhöhung für obere Einkommen. Geplant sei eine Tariflaufzeit von 27 Monaten.
Die EVG fordert dagegen weiterhin einen Gehaltszuschlag von zwölf Prozent, mindestens aber von 650 Euro. Zudem soll das Tarifwerk lediglich für zwölf Monate gelten.
EVG-Mitglieder müssen auf Streikgeld verzichten
Als größten verbliebenen Streitpunkt bezeichnete die EVG die Regelung für den Mindestlohn. Den habe die DB nun mit ihrem Angebot faktisch bei 13 Euro gedeckelt, kritisierte die Gewerkschaft. Den geforderten Mindestzuschlag von 650 Euro bezeichnete EVG-Verhandlungsführer Kristian Loroch dagegen als „Verhandlungsmasse“.
Auf ein Streikgeld müssen die EVG-Mitglieder allerdings verzichten, obwohl die DB die ausfallenden Arbeitszeiten nach Auskunft von Loroch nicht entlohnt. „Erst ab dem dritten durchgängigen Streiktag wird von uns automatisch ein Streikgeld gezahlt“, sagte der Gewerkschafter.
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