Die Behörde will verhindern, dass Banken die Steuerbescheinigungen an ihre Kunden aufgrund organisatorischer Mängel zu spät verschicken.
(Foto: IMAGO/Hannelore Förster)
Frankfurt Die Finanzaufsicht Bafin erhöht nach dem verspäteten Versand von Jahressteuerbescheinigungen bei der Commerzbank den Druck auf alle Geldhäuser. Sie erwarte, „dass die Institute die Steuerbescheinigungen ab sofort spätestens bis zum 30. Juni des jeweiligen Folgejahrs ausstellen“, erklärte die Behörde am Dienstag. „Denn nur dann können Kundinnen und Kunden den eigenen Abgabepflichten innerhalb der gesetzlichen Fristen nachkommen und die Daten der Steuerbescheinigung in ihrer Einkommensteuererklärung berücksichtigen.“
Verbraucher, die ihre Einkommensteuererklärung ohne eine Steuerberaterin oder einen Lohnsteuerhilfeverein erstellen, müssen ihre Einkommensteuererklärung in der Regel bis zum 31. Juni des Folgejahres abgeben. Für das Jahr 2021 wurde die Frist bis zum 31. Oktober 2022 verlängert, für 2022 bis zum 30. September 2023.
Verbraucherinnen und Verbraucher benötigen die Jahressteuerbescheinigungen ihrer Banken vor allem, um die Erstattung zu viel einbehaltener Kapitalertragsteuern über ihre Einkommensteuererklärung zu beantragen. Üblicherweise verschicken Geldhäuser die Steuerbescheinigungen bis zum Ende des ersten Quartals. „In Einzelfällen“ sei dies in der Vergangenheit aber nicht der Fall gewesen, erklärte die Bafin. Sie spielt damit vermutlich vor allem auf die Commerzbank und ihre Onlinetochter Comdirect an.
Commerzbank-Probleme alarmieren Finanzaufsicht
Bei Deutschlands zweitgrößter Privatbank verzögerte sich die Ausstellung von Jahressteuerbescheinigungen im vergangenen Jahr wegen IT-Problemen massiv, was zu wütenden Kundenreaktionen führte. Im August 2022 wartete Finanzkreisen zufolge noch eine vierstellige Zahl von Kunden auf ihre Jahressteuerbescheinigungen für 2021.
Bis Ende 2022 sei der Überhang an noch nicht zugestellten Jahressteuerbescheinigungen abgearbeitet worden, erklärte ein Commerzbank-Sprecher am Dienstag. „Nur in einzelnen Fällen kommt es jetzt noch zu Nachfragen, die uns regelmäßig im Jahresverlauf erreichen und zu Nacharbeiten führen.“
Die Commerzbank hat die Verzögerungen mit technischen Problemen aufgrund eines Systemwechsels begründet. Ursprünglich wollte sie ihre Wertpapierabwicklung an HSBC auslagern. Damit wäre auch die Verantwortung für die Ausstellung der steuerlichen Gesamtübersicht für die Wertpapierdepots an HSBC übergegangen.
Im Sommer 2021 stoppte Vorstandschef Manfred Knof die Auslagerung jedoch wegen zahlreicher Probleme. Damit wanderte die Verantwortung für diese Bescheinigungen wieder zurück an die Commerzbank, die darauf jedoch nicht ausreichend vorbereitet war.
Die Probleme bei der Commerzbank riefen Insidern zufolge die Finanzaufsicht auf den Plan, die mit dem Geldhaus deshalb in engem Austausch stand. Die Commerzbank erklärte, sie äußere sich grundsätzlich nicht dazu, „welche Themen in unserem regelmäßigen Austausch mit der Bankenaufsicht erörtert werden“.
Bafin mahnt „Sorgfalt und Professionalität“ an
Bei der Erklärung der Bafin handelt es sich nun jedoch nicht um eine spezielle Auflage für die Commerzbank, sondern um eine sogenannte Aufsichtsmitteilung. Damit kommuniziert die Finanzaufsicht Markterwartungen an die gesamte Branche.
Erstmals hatte die Bafin dieses Instrument im Herbst 2021 eingesetzt. Damals forderte sie die Geldhäuser nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) auf, ihren Kunden zu Unrecht erhobene Bankgebühren zeitnah zurückzuerstatten.
Hintergrund ist, dass die Bafin nicht nur für die Kontrolle von Banken, Versicherern und Finanzmärkten zuständig ist, sondern auch für den kollektiven Verbraucherschutz. Im Bafin-Direktorium verantwortet Exekutivdirektor Thorsten Pötzsch dieses Thema.
Eine Bafin-Sprecherin betonte, Banken in Deutschland seien gemäß Einkommensteuergesetz dazu verpflichtet, ihren Kunden Steuerbescheinigungen auszustellen. Zur Durchsetzung dieser steuerrechtlichen Pflicht sei die Finanzaufsicht zwar nicht berechtigt.
„Die Bafin kann jedoch einschreiten, wenn Institute ihre Pflichten gegenüber ihren Kunden nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erbringen und etwa aufgrund unzureichender organisatorischer Vorkehrungen Steuerbescheinigungen nicht erteilen“, erklärte die Sprecherin. Die Bafin wirke dann darauf hin, „dass die Institute die Mängel in der Geschäftsorganisation abstellen und ihre Dienstleistungen mit der erforderlichen Sorgfalt und Professionalität erbringen“.
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