Weitere Krise abgewendet? Die FDP hat darüber abgestimmt, ob sie die Zusammenarbeit mit SPD und Grünen fortsetzen will. Nun steht das Ergebnis fest.
Aufatmen in der FDP-Führung: Bei der FDP-Mitgliederbefragung hat sich eine knappe Mehrheit für den Verbleib in der Ampelkoalition mit SPD und Grünen ausgesprochen. 52,24 Prozent der Abstimmenden plädierten dafür, die Regierungsarbeit fortzusetzen, 47,76 Prozent wollten die Koalition verlassen, wie die Deutsche Presse-Agentur am Montag aus Parteikreisen erfuhr. An der Abstimmung beteiligten sich demnach 26.058 der rund 72.100 Parteimitglieder. Das Ergebnis werde nun den Gremien zur Beratung vorgelegt, hieß es aus der Parteizentrale in Berlin.
Das Mitgliedervotum hat keine praktischen Folgen. Denn in der Satzung steht: „Die Organe der Partei sind in ihrer Willensbildung nicht an das Ergebnis der Mitgliederbefragung gebunden.“ Das Ergebnis gilt aber als wichtiges Stimmungsbild. Hätte es eine Mehrheit für ein Verlassen der Ampel gegeben, hätte dies die innerparteiliche Diskussion angeheizt und die Parteiführung unter Druck gesetzt.
Neue Turbulenzen drohten
Für die Ampelkoalition hätte dies mit großer Wahrscheinlichkeit neue Turbulenzen bedeutet. Das relativ niedrige Interesse der FDP-Basis an der gestellten Frage – eine Beteiligung an der Befragung von rund 36 Prozent – und das Ergebnis stärken nun auch den Parteivorsitzenden Christian Lindner.
Die Mitgliederbefragung war Mitte Dezember gestartet worden und folgte auf einen offenen Brief von 26 Landes- und Kommunalpolitikern der FDP, die nach den schlechten Wahlergebnissen in Hessen und Bayern gefordert hatten, die FDP müsse ihre Koalitionspartner überdenken. In Bayern hatte die FDP im Oktober den Einzug in den Landtag verpasst. In Hessen schaffte sie es knapp über die Fünf-Prozent-Hürde.
Nach der Satzung der FDP ist eine Befragung unter anderem dann durchzuführen, wenn 500 Mitglieder dies beantragen. Geschehen kann das durch geheime Briefabstimmung, eine dezentrale Präsenzwahl, eine Online-Abstimmung oder durch eine Kombination der drei Verfahren. In diesem Fall entschied sich die Parteispitze für das Online-Verfahren. Teilnehmen konnten nur Mitglieder, die mit einer E-Mail-Adresse im Mitgliederverzeichnis verzeichnet sind.
FDP verliert in Umfragen fast 7 Prozentpunkte
Bei der Bundestagswahl 2021 hatten die Liberalen unter Parteichef Lindner noch 11,5 Prozent eingefahren. In bundesweiten Umfragen steht die FDP schon länger nicht mehr gut da. In jüngsten Befragungen erreicht sie etwa 5 Prozent – es ist also unklar, ob sie überhaupt noch in den Bundestag käme, wenn jetzt Wahlen wären.
Auch das Wahljahr 2024 verspricht für die FDP schwer zu werden. Die Umfragen für die drei Landtagswahlen im September in Sachsen, Thüringen und Brandenburg sehen die Liberalen bei drei bis fünf Prozent. Sie sind allerdings schon mehrere Wochen alt. In Sachsen und Brandenburg sitzt die FDP schon jetzt nicht im Landtag. Für die Europawahl im Juni gibt es noch keine nationalen Umfragen – 2019 hatte die FDP nicht gerade berauschende 5,4 Prozent geholt.
FDP-Chef Lindner hatte sich zum Mitgliedervotum betont gelassen gezeigt. Es stresse ihn nicht, sagte er. „Denn es ist eine Gelegenheit, deutlich zu machen, dass die FDP die Richtung der Regierung mitprägt.“
FDP-Vize Wolfgang Kubicki hatte im November dazu geraten, nicht für einen Ausstieg aus der Bundesregierung zu votieren. Er glaube an die Vernunft der überwältigenden Mehrheit seiner Parteifreundinnen und Freunde, „nicht für eine Flucht aus der Verantwortung zu stimmen“, sagte er damals dem „Münchner Merkur“. Er warnte vor einem sehr schwierigen Wahlkampf für die FDP im Falle eines Ausstiegs und sagte: „Wir gewinnen keinen Wahlkampf mit dem Slogan: Wir sind gescheitert.“