Nach seinen Patzern gegen Real Madrid kritisierte Thomas Tuchel Bayerns Abwehrspieler Min-jae Kim scharf. Bei t-online äußert der sich nun sehr emotional dazu.
Vor knapp drei Wochen war Min-jae Kim an seinem bisherigen Tiefpunkt beim FC Bayern angekommen. Mit seinen beiden Fehlern verschuldete er beim 2:2 im Halbfinalhinspiel der Champions League gegen Real Madrid beide Gegentreffer. Damit erlebte Bayerns „Monster“, wie der Spitzname des Südkoreaners lautet, seinen ganz persönlichen Albtraum. Interviews gab Kim damals nicht und sagte im Vorbeigehen mit hängendem Kopf und traurigem Blick zu den Reportern nur einen Satz: „Es tut mir so leid.“
Mit etwas Abstand hat sich Kim nun aber geäußert und eingeräumt, dass die scharfe Kritik, die Bayerns-Chefcoach Thomas Tuchel unmittelbar nach dem Spiel geübt hatte, nicht spurlos an ihm vorübergegangen ist.
Kim über Tuchel-Kritik: „Führte zu inneren Konflikten bei mir“
„Als Verteidiger habe ich immer mit Überzeugung gespielt. Doch hier (beim FC Bayern; Anm. d. Red.) waren solche Eigenschaften nicht immer gefragt, was zu inneren Konflikten bei mir führte“, sagte Kim nach dem abschließenden Heimspiel der Bayern gegen Wolfsburg (2:0) zu t-online und dem koreanischen Portal „Footballist“.
Warum er mit einem inneren Konflikt kämpft? Kim ist eigentlich für seine aggressive Art zu verteidigen und den Ball aktiv erobern zu wollen bekannt.
Auch deshalb wurde er in der vergangenen Meistersaison mit dem SSC Neapel noch zum besten Abwehrspieler der Serie A gewählt. Aufgrund seiner aggressiven Spielweise wurde er auch in Italien als nahezu unüberwindbares Abwehrmonster von seinen Gegenspielern gefürchtet.
Gegen Real wurde Kim aber genau die zum Verhängnis und führte mit zwei folgenschweren Patzern zu zwei Gegentoren. Tuchel bezeichnete Kims Abwehrverhalten als „zu gierig“ und hielt ihn dazu an, manchmal lieber etwas abwartender auf dem Platz zu agieren.
Kim: „Konnte nicht mit voller Überzeugung spielen“
Gegen Wolfsburg gab Tuchel Kim eine Bewährungschance und bot ihn in seiner Startelf auf. Seine scharfe Kritik wirkte aber trotzdem nach, wie Kim offen zugab. „Es gab viele Momente während des Spiels, in denen ich gezögert habe. Weil ich nicht mit voller Überzeugung spielen konnte“, sagte Kim und betonte gleichzeitig: „Ich habe mich sehr bemüht, das zu zeigen, was der Trainer wollte.“
Das gelang dem 27-Jährigen auch. Er spielte auffällig zurückhaltender als zuvor. Und siehe da: Bayern blieb ohne Gegentor. Der 27-Jährige verabschiedete sich so mit einem positiven letzten Eindruck in die Sommerpause. Nachdem er in der Schlussphase umgeknickt war, musste er in der 74. Spielminute angeschlagen ausgewechselt werden. Seitdem klagt er über leichte Probleme am Sprunggelenk und verpasste deshalb auch das letzte Auswärtsspiel dieser Saison am Samstag in Hoffenheim.
Tuchel hatte seinen öffentlichen Rüffel für Kim bereits vor der Partie gegen Wolfsburg etwas relativiert. „Die Fehler passieren in einem guten Antrieb, darum fällt die Kritik auch milde aus“, sagte er: „Die gibt es inhaltlich natürlich, aber es ist einfach, ihn zu unterstützen, weil man ihn eigentlich nur ein bisschen zügeln muss, ein bisschen zurückhalten. Das ist die beste Herangehensweise.“
Kims große Angst wurde Realität
Kim war im Sommer als Tuchels Wunschtransfer für knapp 50 Millionen Euro aus Neapel nach München gewechselt. Der Militärdienst, den er unmittelbar vor der Saison noch in seinem Heimatland ableisten musste, erschwerte ihm den Start bei seinem neuen Klub zweifellos. Kim hatte beim Militärcamp unter anderem mehrere Kilogramm an Körpergewicht verloren und konnte erst spät zur Vorbereitung der Mannschaft hinzustoßen.