Vorsicht vor Desinformation
Falschmeldungen über Mpox verbreiten sich in den sozialen Medien
Aktualisiert am 02.09.2024 – 10:48 UhrLesedauer: 4 Min.
In sozialen Medien verbreiten sich Fake News über Mpox. Dabei werden bekannte Falschbehauptungen der Corona-Pandemie neu aufgelegt.
Lockdowns, Massen-Impfungen und Ausgangssperren? Soll tatsächlich alles wieder von vorn losgehen? Die Rede ist diesmal nicht von Corona, sondern von Mpox. In bestimmten Ecken der sozialen Medien wird jüngst das Raunen wieder größer. Mit bekannten Verschwörungsmustern aus der Covid-19-Pandemie wird nun anhand der früher als Affenpocken bekannten Krankheit ein neues Feld der Desinformation bestellt.
Bei Mpox handelt es sich um eine Viruserkrankung, die ursprünglich von Tieren auf den Menschen übertragen wurde. Mpox hießen früher „Monkeypox“ – zu Deutsch Affenpocken –, weil das Virus zufällig erstmals in den 1950er Jahren bei Affen nachgewiesen worden war. Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt allerdings die Umbenennung in „Mpox“, da die Bezeichnung als rassistisch und stigmatisierend wahrgenommen werden kann. Zudem handelt es sich bei der Bezeichnung „Affenpocken“ um eine Fehlbezeichnung. Affen können zwar Zwischenwirte sein, aber sie scheinen keine Rolle für die Übertragung auf den Menschen zu spielen. Natürlicherweise kommen die Mpox-Viren bei Nagetieren vor.
Während das Coronavirus bei vielen mittlerweile aus dem täglichen Leben gewichen ist und Desinformationen über Covid-19 meist nur noch in einschlägigen Kreisen im Netz ausgetauscht werden, gewannen Falschbehauptungen über Mpox zuletzt bei Facebook, X, Tiktok, Telegram und Co. an Aufmerksamkeit.
„Dass das Thema Mpox in den Medien war, findet sich auch in rechtsextremen und verschwörungsideologischen Telegram-Kanälen wieder“, erklärt Miro Dittrich vom Center für Monitoring, Analyse und Strategie (Cemas), das Radikalisierungstendenzen und Verschwörungserzählungen im Netz untersucht. Dem Cemas-Geschäftsführer zufolge wurden die Stichworte „Affenpocken“ oder „Mpox“ in den rund 5.000 untersuchten Telegram-Kanälen und -Gruppen Mitte August wieder besonders häufig erwähnt.
Zu diesem Zeitpunkt hatte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) unter anderem wegen der zunehmenden Verbreitung einer bestimmten Mpox-Virusvariante (Klade Ib) in Afrika eine „gesundheitliche Notlage internationaler Reichweite“ erklärt. Sie will damit unter anderem Behörden in aller Welt zu erhöhter Wachsamkeit bringen.
Schnell verbreitet sich im Netz die Behauptung, die WHO habe im gleichen Atemzug angeordnet, dass sich die Regierungen auf erneute Mega-Lockdowns vorbereiten sollten. Das hat sie nicht. Ohnehin ist eine solche Direktive völlig aus der Luft gegriffen: Die internationale Organisation ist dazu weder berechtigt noch in der Lage. „Nur die Länder selbst haben die Souveränität, Entscheidungen und Maßnahmen für die Gesundheit ihrer Bevölkerung zu treffen“, erklärt WHO-Sprecher Tarik Jasarevic der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Das Narrativ einer übertriebenen WHO-Macht hat schon in der Corona-Zeit bei nicht wenigen Menschen verfangen – und war damals genauso falsch wie heute. „Potenzielle Grundrechtseingriffe wären allein die Folge eines souveränen staatlichen Handelns“, erklären Experten bei den wissenschaftlichen Diensten des Bundestages bereits im Jahr 2023.
Was das Ausrufen der internationalen Notlage zur Folge hat und wie wahrscheinlich eine Mpox-Pandemie ist, erklärt Epidemiologe und Tropenmediziner Prof. Dr. Jürgen May in diesem Artikel.
Es zeigt sich: Falschbehauptungen aus der Corona-Pandemie werden gern eins zu eins auf Mpox übertragen. „Mit dem Thema Corona können Verschwörungsideologen zwar immer noch Leute erreichen, aber das Interesse daran ist schon sehr auf eine spezielle Gruppe gesunken“, erklärt Cemas-Experte Dittrich. Es gebe eben keine staatlichen Maßnahmen mehr, gegen die man mobilisieren könne.
„Wenn jetzt eine neue Krankheit auftaucht und es dafür eine Impfung gibt, dann wird das natürlich unter die gleiche Erzählung gefasst“, so der Rechtsextremismus-Forscher. „Dabei ist es den Verschwörungsideologen vollkommen egal, wie gefährlich Mpox ist, wie die Übertragung funktioniert oder welche Art von Impfung dagegen hilft.“
Klar muss sein: Die Krankheiten unterscheiden sich sehr deutlich voneinander. Allein schon der Übertragungsweg beider Viren unterscheidet sich erheblich – und damit auch ihr Ansteckungspotenzial. Sars-Cov-2 wird hauptsächlich über winzige Tröpfchen in der Luft, also die Atemwege übertragen. Bei Mpox hingegen ist Haut-zu-Haut-Kontakt der hauptsächliche Übertragungsweg.
Dabei geht es vorwiegend um engen Haut-zu-Haut-Kontakt beim Sex oder beim engen Umarmen, Massieren und Küssen, wie das Robert Koch-Institut (RKI) erläutert. Ansteckungsgefahr besteht vor allem bei Infizierten mit Ausschlag, Wunden oder Schorf. Mehr Informationen zur Ansteckung und den Symptomen finden Sie hier.
„Mpox ist nicht das neue Covid“, stellt der WHO-Direktor für Europa, Hans Kluge, direkt Mitte August in Genf klar. Auf die Frage von Journalisten, ob wie bei der Corona-Pandemie Lockdowns bevorstehen, antwortet er mit: „Nein“. Die WHO rät auch nicht zum Tragen eines Mundschutzes.