San Francisco Die Fb-Muttergesellschaft Meta blockiert den Zugang zu den russischen Staatsmedien RT und Sputnik auf ihren Plattformen in der Europäischen Union. Das kündigte der Cheflobbyist und Leiter der Abteilung für globale Angelegenheiten des Konzerns, Nick Clegg, am späten Montagabend an.
Das Unternehmen sei von mehreren Staaten sowie der Europäischen Union zur Einschränkung russischer Staatsmedien aufgefordert worden, schrieb Clegg auf dem Kurzmitteilungsdienst Twitter. „Angesichts der Ausnahmesituation werden wir den Zugang zu RT und Sputnik in der EU derzeit einschränken“, sagte Clegg. Einen Zeitraum für die Blockade des Anbieters nannte er nicht.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte gesagt: „Das staatliche Russia Right now und Sputnik sowie ihre Tochtergesellschaften werden nicht länger in der Lage sein, ihre Lügen zu verbreiten, um Putins Krieg zu rechtfertigen und die Spaltung unserer Union zu säen.“ Weiter hatte sie gesagt: „Deshalb entwickeln wir Instrumente, um ihre giftigen und schädlichen Desinformationen in Europa zu verbieten.“
Clegg hatte wenige Tage zuvor mitgeteilt, die russischen Behörden hätten sein Unternehmen aufgefordert, die Überprüfung von Fakten und die Kennzeichnung von Inhalten staatlicher Medien einzustellen. Das habe sein Unternehmen abgelehnt.
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In Russland sind laut Analysen des auf Internetblockaden spezialisierte Dienstes NetBlocks die US-Plattformen Fb und Twitter seit dem Wochenende weitgehend gesperrt. Die Dienste seien von Russland aus kaum noch zu nutzen und über populäre Internetanbieter wie Rostelecom, MTS, Beeline oder MegaFon nicht erreichbar, teilte NetBlocks mit.
RT wirbt: „Wir sind der meistgeschaute Nachrichtenanbieter auf Youtube“
US-Techkonzerne wie Meta, Googles Muttergesellschaft Alphabet, sowie Microsoft haben in den letzten Tagen Maßnahmen ergriffen, um russische Staatsmedien daran zu hindern, Geld mit Werbung auf ihren Plattformen zu verdienen.
RT gehört zu dein reichweitenstärksten Sendern auf Youtube (Screenshot).
Für den Google-Videodienst Youtube ist der Umgang mit den russischen Anbietern RT und Sputnik besonders brisant. Mit 4,65 Millionen Abonnenten zählt RT zu den größten Sendern auf der Plattform. RT wirbt sogar mit dem Slogan: „Wir sind der meistgeschaute Nachrichtenanbieter auf Youtube.“ Zehn Milliarden Zugriffe erzielte RT im Jahr 2020 nach eigener Darstellung.
Am Samstag gab Google bekannt, dass es RT und andere von Russland unterstützte Kanäle mit Beschränkungen belegt hat, sodass die Anbieter keine Einnahmen mehr mit Werbung erziehen können. „Als Reaktion auf eine Regierungsanfrage haben wir den Zugang zu RT und einer Reihe anderer Kanäle in der Ukraine eingeschränkt“, sagte ein Youtube-Sprecher.
„Digitaler Krieg“ wird um Deutungshoheit in Sozialen Netzwerken ausgetragen
Soziale Netzwerke sind eine zentrale Informationsquelle für die Entwicklung des Krieges in der Ukraine. Mitteilungen auf Fb, Movies bei Youtube oder Kurztexte bei Twitter erreichen innerhalb von Minuten ein globales Millionenpublikum. Seit Jahren ringen die Anbieter damit, wirksame Systeme zu entwickeln, damit ihre Netze nicht von Falschinformationen oder Hass dominiert werden – mit sehr durchwachsenem Ergebnis.
Twitter kündigte an, „in den kommenden Wochen“ staatlich unterstützte Medien-Web sites aus Russland mit einem speziellen Banner kennzeichnen zu wollen. Zum Beginn des Krieges in der Ukraine hatte Twitter die Accounts von mehreren Analysten gesperrt, die die Truppenbewegungen beschrieben hatten. Später hatte Twitter den Schritt als Fehler bezeichnet, und die Accounts wieder freigegeben.
Zwar teilte der Fb-Mutterkonzern Meta am Sonntag die Sperrung von rund 40 Accounts mit, die für die Verbreitung von Falschinformationen genutzt werden sollten. Das Ausmaß gezielter Desinformation ist nach Einschätzung von Sicherheitsforschern aber viel größer. Die israelische IT-Firma Cyabra registrierte schon in den Tagen vor Beginn des Ukraine-Krieges einen gewaltigen Anstieg von „ukrainefeindlichen Beiträgen“ um 11.000 Prozent im Vergleich zu den Tagen zu vor. „Wenn man einen Anstieg von 11.000 Prozent sieht, weiß man, dass etwas im Gange ist“, sagte Dan Brahmy, CEO von Cyabra, der Nachrichtenagentur AP.
Schon vor Einmarsch in Ukraine soll russische Desinformation begonnen haben
Schon vor dem Aufzug russischer Truppen habe der Kreml einen „digitalen Krieg“ mit gezielter Desinformation geführt, „um seine Gegner zu verwirren und eine öffentliche Rechtfertigung für einen möglichen militärischen Konflikt zu liefern“, teilte der auf Falschinformationen spezialisierte Dienst NewsGuard aus New York mit. „Als die State of affairs in der Ukraine zu eskalieren begann, konzentrierte sich die russische Propaganda zunehmend auf falsche Erzählungen, die Vorwände oder Rechtfertigungen für einen Krieg lieferten.“
Die Europäische Union hatte am Mittwoch die Chefredakteurin von RT in eine Sanktionsliste aufgenommen. Die EU nannte die Leiterin von RT, Margarita Simonyan, „eine zentrale Figur der Regierungspropaganda“.
In der Bundesrepublik gibt es bereits seit Jahren einen Streit um das deutschsprachige Angebot von RT. Die Kommission für Zulassung und Aufsicht entschieden, dass das deutschsprachige RT in Deutschland nicht wieder auf Sendung gehen darf. Das Fernsehprogramm dürfe weder über Satellit noch über Livestream im Web oder cell Apps ausgestrahlt werden, weil „die dafür erforderliche medienrechtliche Zulassung nicht vorliegt“, begründet die ZAK das Verbot. Der deutsche Sparte von RT hatte im Dezember unter Berufung auf eine serbische Sendelizenz mit einem Liveprogramm begonnen, wurde jedoch vom Satellitenbetreiber Eutelsat nach wenigen Tagen abgeschaltet.
Der Kreml hatte daraufhin Anfang Februar dem deutschen Auslandssender Deutschen Welle ein Sendeverbot erteilt. Zudem ordnete das Außenministerium die Schließung des Büros des Senders an, annullierte die Akkreditierung aller dort beschäftigten Journalisten und verbot die Verbreitung des Programms über Satellit oder andere Kanäle in Russland.
Mehr: „Wie David gegen Goliath“: Europas ungleicher Kampf gegen russische Desinformation.