Die gute Nachricht ist: Die deutsche Inflation ist gefallen. Die schlechte Nachricht: Sie ist viel weniger gesunken als erwartet, nur von 5,3 auf 4,9 Prozent. Damit setzt sich die Serie der negativen Nachrichten bei der Preisentwicklung fort. Und damit steigt auch das Risiko, dass die EZB am Ende die Dynamik unterschätzt, die beständig hohe Preissteigerungsraten hervorrufen können.
Die Jahresschwelle, ab der ein statistischer Effekt durch die zeitweilige Aussetzung der Mehrwertsteuer wegfällt, hatte Hoffnung auf einen deutlicheren Rückgang gemacht. Aber vor allem die Energiepreise sind gerade zurzeit kaum zu prognostizieren. Und zum Teil haben die Versorger sie per Jahresanfang erst auf die Verbraucher umgewälzt.
EZB-Chefin Christine Lagarde darf jetzt vor allem eines nicht machen: wieder nur beschwichtigen, wieder nur auf die optimistischen Inflationsprognosen der Zentralbank verweisen und wieder nur betonen, dass die Inflation sich – wenn auch mit Verzögerung – mehr oder weniger von selbst erledigt. Besser wäre es, glasklar anzukündigen, dass die EZB sich alle Optionen offenhält, alles zu unternehmen, um die Preise unter Kontrolle zu halten.
Wenn sich herausstellt, dass ihr Chefvolkswirt Philip Lane recht behält, der lange an diesen Inflationsprognosen festgehalten hat – umso besser.
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Ausgeschlossen ist ein solches positives Szenario nicht. Dass der Höhepunkt im Dezember erreicht ist, haben die Notenbanker so vorhergesagt, auch wenn das Niveau um einiges höher lag als erwartet. Ein entschiedeneres Auftreten der EZB, damit sich die Eigendynamik der Preise nicht verstärkt, ist jetzt aber notwendig.
Lagarde sollte andeuten, dass ein Auslaufen der Anleihezukäufe bereits im laufenden Jahr möglich ist, wenn erforderlich. Damit würde sie sich zugleich einen schnelleren Weg zu Zinserhöhungen offenhalten. Und wenn die Inflation beim nächsten Mal nicht deutlicher nachgibt, könnte sie ihre Botschaft verstärken, ohne gleich Chaos an den Märkten auszulösen.
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