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In über 50 Ländern fanden oder finden dieses Jahr Wahlen statt. Bei der Bildung neuer Regierungen müssen diese ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachkommen, Kinder in Gaza und anderswo zu schützen, schreibt War Child-Geschäftsführer Rob Williams.
Wir befinden uns mitten in einem der wichtigsten Wahljahre der Geschichte. Im Jahr 2024 werden die Menschen in 50 Ländern darüber abstimmen, wer ihr Land führen wird. Auch die EU-Mitgliedsländer haben bereits ihre Vertreter für das Europäische Parlament gewählt.
Diese Führungspersönlichkeiten – sowohl die neuen als auch die alten – werden ihre Ämter in einer besonders turbulenten Zeit der Geschichte übernehmen.
Die Konflikte in der Ukraine, im Sudan und im Nahen Osten könnten sich ausweiten und noch verheerender werden. Die Rolle der internationalen Staatengemeinschaft bei der Beruhigung und Bewältigung von Konflikten ist wichtiger denn je.
Die künftigen Präsidenten und Ministerpräsidenten werden dafür verantwortlich sein, dass die von den Vereinten Nationen erlassenen internationalen Gesetze zum Schutz der Zivilbevölkerung und insbesondere der Kinder eingehalten werden.
Denn vor 75 Jahren einigte sich die Welt auf eine Reihe von Regeln, um die Zerstörung durch den Zweiten Weltkrieg zu verhindern.
Doch trotz der Regeln, denen wir einst zugestimmt haben, ist die Welt für Kinder heute vielleicht gefährlicher als damals.
Die am stärksten gefährdete Generation von Kindern steht kurz vor der Geburt
Derzeit übersteigt die tägliche Todesrate im Gazastreifen bei weitem jeden anderen Konflikt des 21. Jahrhunderts. Zehntausende Kinder wurden dort von Israel unter eklatanter Verletzung eben dieser Regeln getötet. Die Bildung ist zum Erliegen gekommen und Kinder hungern.
In der Ukraine greift Russland weiterhin Schulen und Kinderkrankenhäuser an und verursacht so unbändiges Leid.
Berichten zufolge sind im Sudan 24 Millionen Kinder Brutalität und Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. In der Demokratischen Republik Kongo hat die Gewalt rund 2,8 Millionen Kinder zur Flucht gezwungen.
Unterdessen beschleunigt sich die Klimakrise bereits und fördert Migration und Konflikte – an vorderster Front stehen dabei Kinder.
Um eine globale Klimakatastrophe zu verhindern, müssen wir in den nächsten 25 Jahren unsere CO2-Emissionen auf Null senken. Im selben Vierteljahrhundert werden drei Milliarden neue Kinder auf der Welt geboren.
Ihre Kinder werden die verletzlichste Generation aller Zeiten sein.
Wie Kinder diese Klima- und Konfliktherausforderungen überleben, wird von der Antwort unserer Politiker auf die Frage abhängen: Ist eine derart gefährliche Welt für Kinder akzeptabel?
Abscheu, Untätigkeit, Mittäterschaft
Die Normen und Institutionen, die unseren gemeinsamen moralischen Kompass geleitet haben, werden wie nie zuvor in Frage gestellt.
Dennoch gibt es immer wieder Anzeichen dieser gemeinsamen Moralvorstellungen. Die Kriege in Gaza, im Sudan, in der Ukraine, in der Demokratischen Republik Kongo und anderswo stoßen weltweit auf Ablehnung.
Die Untätigkeit und manchmal sogar Mittäterschaft mächtiger Regierungen angesichts der Bedrohung durch den Klimawandel hat zu großer Wut in der Öffentlichkeit geführt.
Neugewählte Politiker und jene, die noch an der Macht sind, sollten der Empörung ihrer Bevölkerung Beachtung schenken.
Sie müssen zusammenarbeiten und die Einhaltung der Menschenrechtsverträge und des humanitären Völkerrechts fordern. Außerdem müssen sie diejenigen zur Rechenschaft ziehen, die diese Verträge eklatant verletzen.
Wir – die Öffentlichkeit und die Zivilgesellschaft – werden sie ihrerseits zur Verantwortung ziehen. Unsere neuen Politiker müssen die Rolle der zivilgesellschaftlichen Organisationen bei der Verteidigung des internationalen regelbasierten Systems unterstützen.
Sie sollten es vermeiden, dieses System noch weiter zu untergraben, indem sie Menschenrechtsorganisationen dämonisieren oder behaupten, Forderungen nach der Einhaltung des humanitären Völkerrechts seien voreingenommen.
Es ist höchste Zeit, darüber zu reden. Unsere Politiker müssen handeln und sich dabei an die Regeln halten, die unsere kollektive Menschlichkeit bewahren. Zum Wohle der Kinder, die gerade einen Albtraum überleben, und zum Wohle derjenigen, die einer alptraumhaften Zukunft entgegensehen.
Rob Williams ist CEO von War Child.
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