Der Vizekanzler reist in die USA. Vor einigen heimischen Problemen wird Robert Habeck dort seine Ruhe haben. Aber einfach wird die Reise trotzdem nicht.
Robert Habeck dürfte froh sein, Berlin an diesem Mittwoch für eine Weile zu entkommen. Der Vizekanzler fliegt für vier Tage in die USA. Und bringt damit einen Atlantik Abstand zwischen sich und die vielen Probleme zu Hause.
Die Ampelkoalition kommt trotz allseits betonter bester Absichten nicht zur Ruhe. Als wären Migrationsdebatte und Taurus-Streit nicht schon genug, zeigt Wladimir Putin dieser Tage auch noch, wie leicht er Deutschlands Generäle bei Planspielen für die Ukraine belauschen kann.
Für den Wirtschaftsminister Habeck mindestens so schmerzlich: Auf seine Warnung vor den „dramatisch schlechten“ Wachstumszahlen folgten bisher zwar viele große Worte – aber noch keine großen Taten. Die Regierung ist sich einig, dass etwas getan werden muss für die Wirtschaft. Doch was genau? Da hört’s mit der Einigkeit auf.
Klassische Wirtschaftspolitik
Erst Washington, dann New York, und zum Schluss noch Chicago: Viel Zeit zum Resignieren wird Robert Habeck auf der Reise nicht haben. Um „aktuelle wirtschafts-, energie- und klimapolitische Fragen, insbesondere im Lichte der gegenwärtigen geopolitischen Krisen“ soll es gehen, heißt es im Ministeriumssprech.
Das bedeutet für einen Wirtschaftsminister natürlich klassische Wirtschaftspolitik: Die USA sind der wichtigste ausländische Absatzmarkt für deutsche Unternehmen. Rund zehn Prozent aller Exporte gehen laut Ministerium in die USA.
Das Warenhandelsvolumen stieg vergangenes Jahr um rund 1,1 Prozent auf über 252 Milliarden Euro. So soll es natürlich weitergehen, das wird eines der Themen sein, wenn Robert Habeck in Washington die Handelsministerin Gina Raimondo trifft.
Nicht mehr so freier Handel
Bei Handelsministerin Raimondo, aber auch bei Habecks weiteren Treffen mit Finanzministerin Janet Yellen und Energieministerin Jennifer Granholm dürfte es jedoch noch um mehr gehen. Robert Habeck ist seit Langem der Ansicht, dass man Wirtschaftspolitik nicht mehr verstehen und betreiben kann, ohne die Geopolitik zu berücksichtigen, also das große machtpolitische Mit- und Gegeneinander. Von China und den USA, von Russland und Europa.
Der freie Handel, so sieht Habeck das, ist zwar weiterhin ein erstrebenswertes Ideal. In der Wirklichkeit aber muss man zur Kenntnis nehmen, dass Putin Deutschland das Gas abgedreht hat, um es politisch zu destabilisieren. Und nicht, weil es sich für ihn wirtschaftlich nicht gerechnet hätte, um eines von Habecks Beispielen zu bemühen. Eine kluge Wirtschaftspolitik, das ist seine Schlussfolgerung, muss sich darauf einstellen. Und darf sich energiepolitisch nie wieder so abhängig machen.
Die durch Krieg und Krisen gefährdete Weltordnung wird deshalb auch in New York eine große Rolle spielen. Dort trifft Habeck den Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres. Was in gewöhnlichen Zeiten ein eher ungewöhnlicher Termin für einen Wirtschaftsminister wäre.
Als Habeck von Handelskrieg sprach
Anfang vergangenen Jahres sprach Robert Habeck sogar selbst davon, man müsse mit den USA „Gemeinsamkeiten suchen, um eine Situation zu überwinden, in der wir von einem Handelskrieg bedroht werden, in dem die höchsten Subventionen gewinnen“. Ein paar der Probleme sollen zwar nun ausgeräumt werden. Allein der große Batzen an Geld macht das Buhlen um Unternehmen für Deutschland aber weiterhin schwierig. Und teuer.
Robert Habecks Schlussfolgerung lautet auch hier: Dieser Wirklichkeit muss sich eine deutsche Wirtschaftspolitik stellen – und versuchen, selbst mit Investitionsanreizen dagegenzuhalten. Also auch mit viel Geld.
Hohe Erwartungen der Opposition
Die Opposition zu Hause in Berlin hat große Erwartungen an Habecks Besuch in den USA. „Habeck sollte sich gegen einen transatlantischen Subventionswettlauf aussprechen und für regelbasierten Welthandel“, sagt CDU-Politiker Jens Spahn t-online. „Wichtig wäre zudem, darüber zu sprechen, wie wir gemeinsam mit den USA unsere Abhängigkeiten von China reduzieren können.“ Das sei eine zentrale strategische Frage. Beides dürfte Robert Habeck nicht schwerfallen.