Bis heute ist wenig über Künstler Banksy bekannt: Er soll aus Bristol kommen und „Robbie“ heißen. Jetzt könnte er gezwungen sein, seine Identität preiszugeben.
Der Graffiti-Künstler Banksy legt Wert auf Anonymität. Während seine oft politisch-provokativen Schablonen-Graffitis, die plötzlich und unangekündigt an Hauswänden auftauchen, zum Teil weltberühmt sind, hält der Künstler seine Identität unter Verschluss. Gerade dieses Geheimnis macht auch die anhaltende Faszination aus und ist damit eine erfolgreiche Selbstvermarktungsstrategie.
Es gibt diverse Theorien zur Frage, wer Banksy wirklich ist. Bekannt ist bisher nur, dass er 1973 oder 1974 im Großraum Bristol geboren wurde – dort schuf er Anfang der 1990er-Jahre auch seine ersten Werke. In einem BBC-Interview 2003 sagte er zudem, sein Vorname sei „Robbie“.
In den vergangenen Jahren wurde mehrmals Personen unterstellt, Banksy zu sein – unter anderem dem Moderatoren einer Kinder-Kunstsendung, Neil Buchanan, dem Frontmann der Band Massive Attack, Robert Del Naja, und dem Künstler Robin Gunningham. Hartnäckig hält sich auch die Annahme, dass hinter Banksy eigentlich ein Künstlerkollektiv steckt.
Sammler streben einen Prozess an
Jetzt könnten es seine eigenen Fans sein, die ihn zwingen, seine Identität doch preiszugeben. Nicky Katz und Ray Howse kauften einen limitierten Druck des Bildes „Monkey Queen“, das Königin Elizabeth II. als Affen mit Föhnfrisur und Kronjuwelen zeigt. Es stammt nach Angaben der Käufer aus dem Nachlass eines verstorbenen langjährigen Banksy-Sammlers. 30.000 Euro ließen sich Katz und Howse den Druck kosten. Allerdings: Die Provenienz, also die Papiere, die die Verkaufsgeschichte dokumentieren, fehlten. Die Käufer konnten folglich nicht belegen, dass ihr Banksy-Druck autorisiert ist.
Sie schickten deshalb den Druck an Banksys Unternehmen „Pest Control“ und baten um ein Zertifikat, das die Echtheit des Werkes bestätigt. Diesen Service bietet das Unternehmen an – in gewohnt launigen Worten: „Es bedeutet, dass man ein Kunstwerk kaufen, verkaufen oder versichern kann, weil man weiß, dass es legitim ist und die Räder nicht abfallen werden.“ Katz und Howse erhielten jedoch keine Antwort – drei Jahre lang. Das kam bei den Sammlern nicht gut an: Sie gehen jetzt den Rechtsweg und verklagen „Pest Control“ wegen Vertragsbruch.
„Pest Control“ zertifiziert Werke – dieses nicht
Natürlich geht es bei dem Streit nicht zuletzt um Geld. Laut Katz könnte die „Monkey Queen“ inzwischen bis zu 70.000 Pfund (rund 82.000 Euro) wert sein. „Pest Control“ lässt hingegen verlauten, dass ihr Zertifizierungsprozess „gründlich und manchmal langwierig“ sei. Sollte der Fall tatsächlich vor Gericht landen, könnte Banksy gezwungen sein, seine Identität preiszugeben.
Sammler Katz sagte dem britischen „Guardian“, er sei sehr unzufrieden, dass es ohne das Zertifikat von „Pest Control“ unmöglich sei, ein Werk von Banksy zu Geld zu machen. „Das beeinträchtigt den Wert seiner Arbeit dramatisch. Wenn ich ein Gemälde von Leonardo da Vinci hätte, gäbe es keine ‚Leonardo-Kontrolle‘, um zu bestätigen, dass es echt ist. Ich würde es einfach zu den Experten bringen, die mir sagen, ob es ein Kunstwerk von Leonardo da Vinci ist oder nicht.“
Kunst für die Straße, nicht für Händler
Was die Kunsthändler erzürnt, passt allerdings durchaus zu Banksys Einstellung. Der macht seine Kunst für die Straße und für Sammler, aber eben nicht für Händler. So zertifiziert „Pest Control“ auch Werke, was bei dem Kopiergrad, den die Motive weltweit erreicht haben, durchaus Sinn ergibt.
Ist der Streit selbst eine Aktion?
Ist am Ende der Streit selbst eine Banksy-Aktion? Während es den Kunsthändler Nicky Katz wirklich gibt, bleibt die Identität des angeblichen zweiten Sammlers, Ray Howse, im Dunkeln. Vielleicht ist es eine sehr deutsche Assoziation, an ein Katz-und-Maus-Spiel zu denken, doch den Ausdruck gibt es auch im Englischen.